Kassen warnen vor Honorarverhandlungen |
| Lukas Brockfeld |
| 11.11.2025 16:20 Uhr |
Der GKV-Spitzenverband ist über die Apothekenreform nicht glücklich. / © picture alliance / Fotostand
Aus den Reihen der Apothekerschaft kommt scharfe Kritik an der geplanten Apothekenreform, vor allem da die im Koalitionsvertrag versprochene Erhöhung des Fixhonorars vorerst ausbleibt. Immerhin sollen die Apotheken ihr Honorar in Zukunft regelmäßig mit den Krankenkassen neu verhandeln. Doch der GKV Spitzenverband (GKV-SV) übt jetzt in einer Stellungnahme deutliche Kritik an diesem Mechanismus.
Die Krankenkassen warnen, dass eine Erhöhung des Fixums ein deutliches Potenzial für Mehrausgaben hätte, mit denen »keine unmittelbare Verbesserung der Versorgung« verbunden wäre. Jedes Jahr würden etwa 640 Millionen Fertigarzneimittelpackungen zu Lasten der GKV abgegeben. Daher hätten bereits kleine Anpassungen der Vergütung große Auswirkungen auf die Finanzen der Kassen. Schon eine Erhöhung des Fixums um einen Euro hätte unter der Berücksichtigung der Umsatzsteuer Mehrausgaben von gut 760 Millionen Euro zur Folge.
Es sei zwar nachvollziehbar, dass die Bundesregierung das Apothekennetz stärken wolle, doch eine pauschale Erhöhung des Fixums helfe vor allem den Apotheken, die sowieso viele Packungen abgeben. »Die bestehende Niederlassungsfreiheit und eine vollständig fehlende Bedarfsplanung würden so weiter den Trend bestärken, Standorte nicht entsprechend dem Versorgungsbedarf der Bevölkerung zu wählen. Mit einer pauschalen Erhöhung der Vergütung bleiben somit Fehlanreize verbunden«, heißt es in der Stellungnahme.
Der GKV-SV spricht sich daher für ein abgestuftes Vorgehen aus, das auch die Möglichkeit der Absenkung des Fixums gegenüber der heutigen Höhe für wirtschaftlich starke Apotheken beinhaltet. Zusätzlich fordern die Kassen eine Deckelung der variablen Vergütungskomponente. Dies sei auch vor dem Hintergrund weiterhin steigender Arzneimittelpreise sachgerecht. Bei der Berechnung der Gesamtvergütungssituation müssten zudem Dinge wie Nacht- und Notdienste, der Verkauf von OTC-Arzneimitteln und pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) berücksichtigt werden.
Damit der GKV-SV künftig mit den Apotheken über das Honorar verhandeln kann, seien außerdem eine eindeutige Definitionen des Verhandlungsgegenstandes, festgelegte Orientierungswerte und eine zugängliche Datenlage zur Gesamtvergütung von Apotheken notwendig. »Ohne eine belastbare Datenbasis können entsprechende Verhandlungen nicht zu einer leistungsgerechten und sachgerechten Vergütung führen«, mahnt der GKV-Spitzenverband.
Die Bundesregierung möchte mit der Reform auch mehrere neue pDL etablieren. Doch der GKV-SV lehnt dies ab, weil sich pDL bisher als kaum genutztes Nischenthema erwiesen hätten. Trotzdem würden jedes Jahr etwa 150 Millionen Euro in den Nacht- und Notdienstfonds fließen. Inzwischen hätten sich mehr als 500 Millionen Euro in dem Topf angesammelt. Das Geld soll nach Ansicht des GKV-SV an die Kassen zurückgezahlt werden.
Begrüßenswert sei dagegen die geplanten Ausweitung des Impfangebotes. Diese könne nach Ansicht der Krankenkassen »einen geeigneten Weg darstellen, um das Angebot zu erweitern und dadurch die teilweise niedrigen Raten von Schutzimpfungen zu erhöhen«.
Die von der Bundesregierung geplante Flexibilisierung der Vorgaben zum Betrieb von Apotheken und Zweigapotheken bewertet der GKV-SV als »in Summe positiv«. Die umstrittene zeitlich begrenzte PTA Vertretung wird ebenfalls begrüßt. »Das kann unterstützend wirken, um in Zeiten des Fachkräftemangels die entsprechenden Berufsbilder attraktiver zu gestalten und dient dem Ziel, die flächendeckende Versorgung nachdrücklich zu stärken«, heißt es in der Stellungnahme.
Die geplante erleichterte Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten (Rx) wird vonseiten der Kassen abgelehnt. Der Verband weißt auf die »die fehlende diagnostische Ausbildung im Pharmaziestudium« hin und betont, dass die korrekte medizinische Diagnosestellung als Voraussetzung für die Verordnung von Rx-Arzneimitteln zu sehen sei. Mit den geplanten Änderungen an der Verschreibungspflicht könnten wirtschaftliche Fehlanreize und neue bürokratische Belastungen entstehen.
Auch die geplanten Skonto-Regeln kritisiert der GKV-SV. Künftig sollen Großhändler neben dem relativen Großhandelszuschlag von bis zu 3,15 Prozent weitere handelsübliche Skonti gewähren können, wenn diese als Gegenleistung für eine vor Fälligkeit geleistete Zahlung gewährt werden.
Von möglichen Rabatten sollten aber nach Auffassung des GKV-SV nicht die Apotheken, sondern die Kassen profitieren. »Sollten auf der Großhandelsstufe erhebliche Rabattpotenziale gegenüber Apotheken bestehen, sind diese als Effizienzpotenziale im Sinne der Wirtschaftlichkeit für die Versicherten zu heben und nicht an Apotheken auszuschütten«, heißt es in der Stellungnahme. Außerdem unterlaufe die dauerhafte Rabattgewährungen an Apotheken den ordnungspolitischen Rahmen der Arzneimittelpreisverordnung.