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Gesundes-Herz-Gesetz

Kassen sehen bisherige Prävention vor dem Aus

Heute Nachmittag diskutieren die Bundestagsabgeordneten in erster Lesung über den Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Herzgesundheit (Gesundes-Herz-Gesetz). Die Krankenkassen erneuerten vorab ihre Kritik an den Plänen und forderten, den Entwurf grundlegend zu überarbeiten. Sie warnen vor hohen Zusatzkosten und sehen die bisherigen Präventionsangebote in Gefahr.
AutorKontaktAnne Orth
Datum 06.11.2024  12:52 Uhr

Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung die Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Kindern und Erwachsenen verbessern. Auch Apotheken sollen bei der Prävention künftig eine größere Rolle spielen.

Der Ende August beschlossene Regierungsentwurf sieht unter anderem vor, die bisherige Gesundheitsuntersuchung durch Check-ups für Erwachsene im Alter von 25, 40 und 50 Jahren zu ergänzen. Gesetzlich Versicherte sollen von ihrer Kasse zu den Check-ups eingeladen werden und zudem Gutscheine für eine erweiterte Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes in Apotheken erhalten. Darüber hinaus sollen Apotheken verstärkt in die Beratung zur Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und tabakassoziierten Erkrankungen eingebunden werden. Geplant ist, für niedrigschwellige Beratungsangebote in Apotheken neue pharmazeutische Dienstleistungen zu etablieren.

Bereits im Vorfeld stieß der Gesetzentwurf auf viel Gegenwind. Auch der Gesundheitsausschuss des Bundesrats bezweifelte Anfang Oktober, dass das Gesetz den gewünschten Zweck erfüllen werde. Die ABDA lobte zwar den Ansatz, Apotheken als niedrigschwellige Anlaufstellen zu etablieren, verwies aber auf die schwierige Situation der Offizinen.

GKV-Spitzenverband bezweifelt Nutzen der neuen Leistungen

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bekräftigte heute seine Kritik am Gesetzentwurf. Zwar unterstütze der Verband grundsätzlich das Ziel, die Herzgesundheit in Deutschland zu stärken. Allerdings seien die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen hierzu insgesamt wenig geeignet, heißt es in einer Pressemitteilung.

Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, wirft der Bundesregierung insbesondere vor, »einseitig auf eine zunehmende Medikalisierung von Krankheitsrisiken« zu setzen und verhältnispräventive Maßnahmen weitgehend auszublenden. »Aber Prävention ist mehr als Medizin«, betonte sie.

Schon jetzt stünden allen Versicherten regelmäßige Check-ups zur Verfügung. Die Einführung neuer Leistungen stellt laut Stoff-Ahnis »einen Rückschritt im Vergleich zu den in den letzten Jahrzehnten erreichten Bewertungsstandards der evidenzbasierten Medizin im Gemeinsamen Bundesausschuss dar«.

Vor allem warnt Stoff-Ahnis vor Mehrkosten für die GKV und sorgt sich, dass durch die neuen Check-ups Mittel für bisherige Angebote zur Primärprävention verloren gehen könnten. Denn nach den Vorstellungen des Gesetzgebers solle die Ausweitung bei den medizinischen Maßnahmen kostenneutral erfolgen, indem Finanzmittel, die die Krankenkassen derzeit für Primärprävention ausgeben, umgewidmet werden. In der Folge befürchtet Stoff-Ahnis, dass die Krankenkassen ihre Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Primärprävention drastisch einschränken und letztendlich ganz einstellen müssten. Zugleich moniert sie, dass die Umsetzung der medizinischen Maßnahmen zu »erheblichen Zusatzkosten für die GKV« führen werde.

AOK-Bundesverband: »Entwurf ist schief gewickelt«

Ähnliche Kritik übte der AOK-Bundesverband, der den Gesetzentwurf heute als »komplett schief gewickelt« bezeichnete. Statt die Ursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu bekämpfen und den Ansatz der Gesundheitsförderung in allen Politikbereichen zu verfolgen, verordne der Gesetzentwurf vor allem mehr medizinische Screenings und Medikamente.

»Das Gesundes-Herz-Gesetz torpediert gut funktionierende Präventionskurse und schwächt die Versorgung chronisch Kranker«, warnt der AOK-Bundesverband. Für Gesundheitskurse stünden jährlich nur etwa 186 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Aus diesen ohnehin knappen Mitteln sollten künftig auch neue Leistungen wie etwa Arzneimittel zur Tabakentwöhnung und ärztliche Diagnostik finanziert werden. Schon bei geringer Teilnehmerquote entstünden der GKV allein durch die Ausweitung des Anspruchs auf Arzneimittel zur Tabakentwöhnung Mehrausgaben in Höhe von mindestens 200 Millionen Euro.

Paradoxerweise könne die GKV dann auch ihre rund 600 evidenzbasierten Programme zur Rauchentwöhnung nicht mehr anbieten. Und auch andere Angebote etwa zur Bewegung oder Sturzprävention seien in Gefahr.

»Wenn das GHG in der vorliegenden Form verabschiedet wird, so wäre damit das Aus für die von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierten individuellen Gesundheitskurse besiegelt«, kritisiert der AOK-Bundesverband.

BKK-Dachverband befürchtet »Kahlschlag« bei bisherigen Angeboten

Um die Zukunft der bisherigen Präventionsangebote sorgt sich auch der BKK-Dachverband. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach lasse mit dem Gesetz die »Prävention über die Klippe springen«, warnte der Verband in einer heute veröffentlichen Pressemitteilung. Der Entwurf gefährde die Finanzierung von 110.000 individuellen verhaltensbezogenen Präventionskursen. Betroffen sei ein breites Spektrum zertifizierter Kurse. »Es ist schwer nachvollziehbar, wie propagiert wird, dass sich eine der Haupttodesursachen in Deutschland mit ein paar Pillen, Check-ups und Massenscreenings im Handstreich beseitigen lässt«, monierte Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK-Dachverbandes. »Für ein stabiles Gesundheitssystem brauchen wir im Gegenteil mehr Investitionen in Prävention, Gesundheitsförderung und Gesundheitskompetenz und keinen Kahlschlag bei qualitätsgesicherten, niedrigschwelligen Präventionsangeboten.«

TK fordert zielgerichtete Prävention

Die Techniker Krankenkasse (TK) bemängelte ebenfalls, dass das Gesetz bei evidenzbasierten und wirksamen Präventionsangeboten den Rotstift ansetze. Zwar müsse die Herzkreislaufgesundheit der Menschen in Deutschland verbessert werden. »Aber nicht mit noch mehr Pillen, noch mehr Check-ups und einer Aufblähung von DMP-Programmen, wie jetzt mit dem GHG geplant«, betonte TK-Chef Jens Baas. Er forderte hingegen, die Herzgesundheit mit zielgerichteter Prävention und nachhaltiger Lebensstiländerung zu verbessern, konkret mit mehr Bewegung, gesunder Ernährung und Stressreduktion. »Das klingt vielleicht langweilig und mühsam, ist aber langfristig der beste Weg, um nachhaltig und nebenwirkungsfrei die Herzgesundheit der Menschen zu stärken«, machte Baas deutlich.

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