Kassen müssen komplette Packung zahlen |
Cornelia Dölger |
18.01.2024 14:00 Uhr |
Wenn eine Apotheke eine Rezeptur herstellt und dabei ein Fertigarzneimittel verarbeitet, kann sie die kleinstmögliche Packung, die sie für die Herstellung der Rezeptur benötigt, komplett mit der Krankenkasse abrechnen, auch wenn sie nur einen Teil davon verwenden muss. / Foto: ABDA
Wenn eine Apotheke eine Rezeptur herstellt und dabei ein Fertigarzneimittel verarbeitet, kann sie die kleinstmögliche Packung, die sie für die Herstellung dieser Rezeptur benötigt, komplett mit der Krankenkasse abrechnen. Dies gilt auch, wenn sie nur einen Teil davon verwenden muss. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (NRW) in Essen entschieden. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) informierte heute über das Urteil.
Mit der Entscheidung hat die AOK Nordwest demnach nun das Nachsehen, denn die Kasse hatte die Auffassung vertreten, dass nur entsprechend der tatsächlich verwendeten Menge der anteilige Arzneimittelpreis berechnet werden dürfe. Auf dieser Grundlage retaxierte sie im Jahr 2018 eine Apotheke in Westfalen-Lippe.
Die Apotheke klagte dagegen – auch wenn sich der Streit nur um den recht geringen Betrag von 112, 06 Euro drehte, wie der AVWL berichtet. Es ging der Apotheke aber ums Prinzip – eine Auffassung, die der AVWL teilte und die klagende Apotheke in diesem Verfahren unterstützte. »Dieses Urteil ist ein weiterer Schritt dahin, dass Apotheken vor Ort Klarheit in Abrechnungsfragen bekommen«, betonte der AVWL-Vorstandsvorsitzende Thomas Rochell heute.
Apotheken könnten unmöglich für die Versicherten von 96 verschiedenen Krankenkassen angebrochene Arzneimittelpackungen gekühlt und ungekühlt lagern, so Rochell. Deshalb sichere es die Qualität der Patientenversorgung, wenn alte Anbrüche nicht weiter verwendet werden müssten. Durch das Urteil werde zudem verhindert, dass Rezepturen für die Apotheken unwirtschaftlich würden, wenn Fertigarzneimittel nur anteilig berechnet werden könnten und der restliche Anbruch ohne Erstattung verfalle. »Nicht zuletzt stärkt es das Prinzip der Gleichpreisigkeit von Arzneimitteln auf allen Handelsstufen und damit zugleich die Apotheken vor Ort«, so Rochell.
Der Streit fußte am Ende auf einer Auslegung von § 5 Absatz 2 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Dort heißt es, dass bei »Fertigarzneimitteln der Einkaufspreis nach § 3 Abs. 2 der erforderlichen Packungsgröße, höchstens jedoch der Apothekeneinkaufspreis, der für Fertigarzneimittel bei Abgabe in öffentlichen Apotheken gilt«.
Hierin lasse sich die Argumentation der AOK nicht wiederfinden, hat das Gericht laut AVWL betont. Stefanie Elpers, die als Mitglied der AVWL-Geschäftsführung den Prozess begleitete, begrüßte, dass das Gericht der Argumentation der Apothekerseite gefolgt sei. Es darf zudem nicht sein, dass das wirtschaftliche Risiko bei der Herstellung einer Rezeptur unter Verwendung eines Fertigarzneimittels allein in der Apotheke liege. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und die Revision vor dem Bundessozialgericht zugelassen.