Kassen müssen für Botendienst zahlen |
Pro Lieferort erhalten Apotheken 5 Euro von der Gesetzlichen Krankenversicherung. Zudem können sie einmalig 250 Euro Fördergeld für den Botendienst beantragen. Die Details sollen die Partner des Rahmenvertrags festzurren. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Einmalig 250 Euro Förderung plus 5 Euro je Lieferort – das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) setzt offenbar voll auf die Botendienste der Präsenzapotheken in Deutschland. Im Referentenentwurf der sogenannten SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung verdonnert Spahn die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) dazu, Geld für die Offizinen lockerzumachen, wenn diese den Versicherten Medikamente nach Hause bringen. »Ziel ist es, zur Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung das Infektionsrisiko zu minimieren, indem die Zahl der Apotheken- und Arztkontakte durch die Versicherten reduziert werden«, schreibt das BMG im Entwurf. »Hierzu hat das Wirtschaftlichkeitsgebot in der Gesetzlichen Krankenversicherung befristet hinter das Bestreben zur Verminderung des Infektionsrisikos zurücktreten.«
Und für die GKV kommt es noch dicker: Auch was Retaxationen betrifft, will Spahn ihre Befugnisse deutlich einschränken – zumindest für die Dauer der Coronavirus-Pandemie. Laut Referentenentwurf soll nicht nur der Handlungsspielraum für Apotheken beim Austausch von wirkstoffgleichen Medikamenten erweitert werden, die Offizinen dürfen demnach auch nach ärztlicher Rücksprache auf ein »pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel« umsteigen. Die neuen Regeln gelten auch dann, wenn der Verordner den Austausch per Aut-idem-Kreuz ausgeschlossen hat. »In diesen Fällen wird die Retaxation gegenüber Apotheken ausgeschlossen«, hält das Ministerium fest.
Konkret erlaubt es Spahn den Offizinen, bei der Abgabe abzuweichen von der Packungsgröße, der Packungsanzahl und der Wirkstärke, sofern dies nötig sein sollte, um den Patienten zu versorgen. Auch die Entnahme von Teilmengen ist dem Entwurf zufolge explizit gestattet. Dann gilt: Bei Abgabe der ersten Teilmenge erhält die Apotheke das übliche Honorar inklusive Arzneimittelpreis, bei der zweiten Abgabe einer Teilmenge aus derselben Packung lediglich 8,35 Euro Festzuschlag. Wiederholungsrezepte hingegen sind nicht zulässig.
Darüber hinaus plant das BMG, das Entlassmanagement zu vereinfachen. Krankenhäuser sollen nach dem Willen des Ministeriums bis zu N3-Packungen verschreiben dürfen statt wie bisher die kleinste verfügbare Packungsgröße. Auch die Regeln für die Versorgung von Substitutionspatienten sollen gelockert werden: Gemäß Verordnungsentwurf darf der behandelnde Arzt »abweichend von § 5 Absatz 8 Satz 2 Nummer 1 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung Substitutionsmittel in der für bis zu sieben aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge verschreiben« und dem Betroffenen innerhalb einer Kalenderwoche mehr als ein Rezept ausstellen.
Zudem wird der Kreis der Personen, die der Arzt beim Sichtbezug einsetzen kann, erweitert. In Ausnahmefällen »dürfen auch solche volljährigen Personen zur Durchführung des Überlassens zum unmittelbaren Verbrauch eingesetzt werden, die von einer Apotheke mit Botendiensten beauftragt sind«. Notfallverschreibungen sind auch bei Substitutionsverordnungen erlaubt.
Die Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sie verliert ihre Gültigkeit, wenn die »epidemische Lage von nationaler Tragweite« endet, spätestens aber am 31. März 2021.