Kassen erteilen Lauterbach Spar-Auftrag |
Cornelia Dölger |
17.01.2024 16:45 Uhr |
Lauterbach müsse »die nachhaltige finanzielle Stabilisierung der GKV auf die Prioritätenliste« nehmen, forderte der Verwaltungsrat des GKV-SV. / Foto: IMAGO/Fotostand
Die Kassen drängen den Minister, die GKV-Finanzen nachhaltig zu reformieren und dabei die Einnahmen- wie die Ausgabenseite anzugehen, anstatt einzelnen Leistungserbringern mehr Geld zu versprechen. Das geht aus einer Erklärung hervor, die der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbands (GKV-SV) jetzt verabschiedete. Neuerungen bei der Notfallversorgung und im Krankenhausbereich seien dringend nötig. Hier dürften nicht länger »reformbedürftige Strukturen ungesteuert weiterfinanziert« werden. Zentrales Ziel müsse angesichts weiter steigender Zusatzbeiträge sein, »die Beitragsspirale zu durchbrechen«.
Vor Kurzem war ein Papier in Umlauf gekommen, nach dem der Bundesgesundheitsminister seinerseits bei den Kassen sparen will. Das an die Kabinettsmitglieder adressierte Schreiben stammte aus dem vergangenen Mai, war aber offenbar aktualisiert worden. In den »Empfehlungen des Bundesministeriums für Gesundheit für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung« kündigte der Minister an, Homöopathie als Satzungsleistung der Kassen streichen zu wollen, was hohe Wellen schlug.
Lauterbachs Sparplan zufolge soll der Rotstift aber auch bei den Verwaltungskosten der Kassen angesetzt werden. So solle in diesem Jahr die Bildung von Altersrückstellungen für Versorgungszusagen gegenüber den Beschäftigten der Kassen beschränkt werden.
Lauterbach skizziert in dem Papier zudem eine große Strukturreform, die die Ausgaben senken soll. So sollten Doppelstrukturen im Krankenhaussektor abgebaut werden, auch das schon beschlossene Digitalgesetz soll die Gesundheitsversorgung kosteneffizienter machen. Obendrein sollen bessere Früherkennung sowie niedrigschwellige Präventionsangebote oder Lauterbachs Lieblingsprojekt Gesundheitskioske die Kassen entlasten, .
Lauterbachs Pläne zielten zwar in die richtige Richtung, schreibt der GKV-Verwaltungsrat heute. Allerdings reichten die Maßnahmen nicht aus. Zudem sei stark zu bezweifeln, dass »die genannten ausgabenseitigen Maßnahmen tatsächlich die erhofften Effizienzverbesserungen erzielen«. Vielmehr würden »verschiedene Pläne des Ministeriums eine finanzielle Stabilisierung sogar konterkarieren«, schrieb der Verwaltungsrat, ohne konkreter zu werden.
Der Verwaltungsrat warnt in dem Schreiben vor Maßnahmen, die die Ausgaben weiter in die Höhe schraubten, ohne die Versorgung zu verbessern. Immer mehr Geld in Strukturen zu stecken, die reformbedürftig seien, schließe keine Versorgungslücken.
Die Reform der Notfallversorgung sowie der Krankenhausversorgung sei dringend. Es gelte, die Versorgungsbedarfe von Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt zu rücken, dafür wolle sich der Verwaltungsrat einsetzen.
Stark in Zweifel zieht der Verwaltungsrat die geplante Entbudgetierung ärztlicher Leistungen. Im Koalitionsvertrag festgehalten und bei den Hausärztinnen und -ärzten zuoberst auf dem Wunschzettel, stoßen die Pläne, die Lauterbach vor Kurzem konkretisiert hatte, bei dem das Gremium auf stärksten Widerstand.
Schließlich könnten die Praxen nicht über zu wenig Geld klagen. Die finanzielle Situation der niedergelassenen Ärzteschaft sei vielmehr »unverändert sehr gut«, heißt es. Die Entbudgetierung würde zudem nicht Praxen im ländlichen Raum entlasten, sondern nur solche in ohnehin überversorgten Gebieten.
Vorteile für Patientinnen und Patienten ergäben sich daraus obendrein nicht – im Gegenteil. Am Ende belaste eine Entbudgetierung die Versicherten, weil Mehrausgaben in Milliardenhöhe für sie entstünden. »Völlig indiskutabel« sei im Übrigen die Entbudgetierung für die fachärztliche Versorgung, so der Verwaltungsrat.
Lauterbach werde sich daran messen lassen müssen, ob es ihm gelinge, die Einnahmen- wie die Ausgabenseite gleichermaßen in den Blick zu nehmen und Pläne zu vermeiden, die die Finanzlage noch verschlechterten. Er müsse »die nachhaltige finanzielle Stabilisierung der GKV auf die Prioritätenliste« nehmen, forderte der Verwaltungsrat.