Karpaltunnelsyndrom mit Herzinsuffizienz assoziiert |
Christina Hohmann-Jeddi |
03.08.2023 14:20 Uhr |
Wer unter dem Karpaltunnelsyndrom leidet, könnte einer aktuellen Studie zufolge ein erhöhtes Risiko für Herzschwäche haben. / Foto: Adobe Stock/chinnarach
Das Karpaltunnelsyndrom ist eine schmerzhafte Einklemmung des Mittelhandnervs (Medianusnervs) im Karpaltunnel des Handgelenks. Es kommt in Deutschland häufig vor und ist eine der Hauptursachen für Handoperationen. Vor Kurzem hatten dänische Forschende erstmals einen Hinweis darauf gefunden, dass das Syndrom das Risiko für eine Herzinsuffizienz erhöhen könnte.
Ein Team um Dr. Mark Lüdde von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Professor Dr. Karel Kostev, Leiter der Epidemiologie von IQVIA Frankfurt, ging nun diesem Zusammenhang nach. Die Ergebnisse erschienen im Juli im Fachjournal »JAMA Network Open«. Die Forschenden analysierten in einer retrospektiven Kohortenstudie die Daten von fast 164.000 Patienten aus 1284 Allgemeinarztpraxen, die aus der Disease Analyzer Datenbank von IQVIA stammen. Das globale Unternehmen ist auf Gesundheitsinformations-Technologie und Auftragsforschung spezialisiert. Die Hälfte der Kohorte hatte die Diagnose Karpaltunnelsyndrom erhalten, die andere Hälfte waren nach Alter, Geschlecht und relevanten Grunderkrankungen gematchte Personen ohne diese Diagnose.
Das Team um Lüdde konnte bestätigen: Das Risiko für eine neu auftretende Herzinsuffizienz war bei erwachsenen Patienten mit Karpaltunnelsyndrom höher als bei Patienten ohne dieses Syndrom – und zwar um 39 Prozent. Innerhalb von zehn Jahren erhielten 8,4 Prozent der Patienten mit Karpaltunnelsyndrom und 6,2 Prozent der Vergleichsgruppe die Diagnose Herzschwäche. Die Inzidenz lag bei 8,7 Fällen gegenüber 6,1 Fällen pro 1000 Patientenjahren.
Wie die Quetschung des Mittelhandknochens mit der Herzerkrankung zusammenhängt, ist aber noch unklar. Ein möglicher Auslöser für beides könnte eine Fehlfaltung eines Proteins (Amyloidose) sein. Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass die Fehlfaltung des Serumtransportproteins Transthyretin (Transthyretin-Amyloidose, ATTR) und dessen Ablagerung ein Risikofaktor für Herzschwäche ist. Etwa die Hälfte aller Amyloidose-Patienten hatten in der Vergangenheit ein Karpaltunnelsyndrom. Das Team fand in einer weiteren Analyse, dass bei 0,06 Prozent der Patienten mit Karpaltunnelsyndrom und bei 0,02 Prozent der Kontrollgruppe eine Amyloidose festgestellt wurde.
»Statistisch zeigt sich weiterhin, dass die Patienten mit Syndrom ein um 80 Prozent erhöhtes Risiko haben, auch eine Amyloidose zu entwickeln«, erklärt Kostev in einer Mitteilung . »Es könnte also sein, dass das Karpaltunnelsyndrom ein frühes Symptom für die Amyloidose ist.« Ähnliches sei auch in vorangegangenen Studien diskutiert worden. Da ATTR als Eiweiß-Ablagerung im Blut ein systemisches Leiden sei, wirke sie auch auf den Herzmuskel und seine Funktionen im weiteren Krankheitsverlauf ein, so Kostev. »Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen sind bei fortschreitender Amyloidose bekannt. Unsere Studie könnte ein erster Hinweis auf Zusammenhänge bei diesen pathologischen Veränderungen und Vorgängen sein.«