Karlsruher Apotheker wollen IKK-Abweichler umstimmen |
Cornelia Dölger |
09.07.2025 13:06 Uhr |
Ende Juni lief der Hilfsmittelversorgungsvertrag zwischen der IKK classic und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) aus. / © IMAGO/CHROMORANGE
Ende Juni lief der Hilfsmittelversorgungsvertrag zwischen der IKK classic und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) aus, weshalb die Apotheken IKK-Versicherte seit 1. Juli nicht mehr mit Hilfsmitteln versorgen dürfen – zumindest nicht unter den alten Bedingungen. Die IKK classic bot Apotheken Einzelverträge an. Von deren Abschluss rieten aber sowohl der DAV als auch Landesapothekerverbände eindringlich ab; die neuen Verträge enthielten teils »drastische Preisabschläge«, die für die Apotheken wirtschaftlich nicht tragbar seien, warnte etwa der Thüringer Verband.
Auf Geschlossenheit sowie Schulterschluss mit den Versicherten setzen die Verbände. Baden-Württemberg informierte die Kundinnen und Kunden per Flyer über den Sachverhalt und bat: »Fordern Sie die IKK classic auf, wieder faire Bedingungen für eine qualitativ hochwertige Hilfsmittelversorgung über Ihre Apotheken vor Ort zu schaffen. Nur gemeinsam können wir erreichen, dass Ihre Versorgung gesichert bleibt.«
Einige Apotheken in Baden-Württemberg, genauer: im Großraum Karlsruhe, sind offenbar doch Einzelverträgen mit der IKK classic beigetreten. Dies hat die »Gruppe Karlsruher Apotheker« dazu veranlasst, die betreffenden Kolleginnen und Kollegen zu bitten, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken.
Die Gruppe umfasst etwa 50 Apothekerinnen und Apotheker aus der Region und setzt sich für die Interessen der lokalen Apotheken ein. In dem Schreiben betonen die Verfasser – die Vorsitzenden Felix Maertin, Andrea Ulsamer sowie Patrick Kwik – ihr »Bedauern« über den Beitritt. Einsehbar sind die Vertragspartner auf der Website der Krankenkasse.
»Die Vergütung ist in keiner Weise wirtschaftlich darstellbar, das politische Signal problematisch – und der Schritt setzt eine gefährliche Preisspirale in Gang, die auch andere Kassen erfassen könnte«, warnt die Gruppe. Die Autoren regen an, zu reflektieren, welches Signal ein solcher Beitritt senden könnte.
Etwa könnte die Zustimmung zu einem Vertrag, der eine Kürzung in einem ohnehin defizitären Versorgungsbereich darstellt, die politischen Forderungen nach einer Honoraranpassung schwächen. Weitere Krankenkassen könnten ermuntert werden. Zudem brauche die angespannte Versorgungslage möglichst viel Transparenz; »spürbare Veränderungen entstehen nur durch spürbaren Widerstand«, appellieren die Autoren. Und am Ende sei auch zu bedenken: »Was bewirkt Ihr Beitritt bei Ihren Kolleginnen und Kollegen, die auf kollektives Handeln setzen?«
Das Schreiben sorgte für prompte Reaktionen, wie der Erste Vorsitzende Maertin die PZ wissen ließ. Von den 33 betreffenden Apotheken im Raum Karlsruhe hätten zwei noch am selben Tag zurückgeschrieben, dass sie direkt wieder ausgetreten seien, so Maertin.
Zudem berichtet er von einem Inhaber, der seine Versicherten nicht im Stich lassen wollte und deshalb »zähneknirschend« dem IKK-Vertrag zugestimmt habe. Der Inhaber stehe zu seiner Entscheidung, auch wenn er die Argumente der Gruppe gegen einen Vertragsabschluss »zu 100 Prozent« nachvollziehen könne. Es müsse »andere Wege« geben, um den Konflikt zu lösen, so dessen Position.
Er habe den Inhaber gebeten, sich hier für Geschlossenheit einzusetzen, schildert Maertin. Zwar sei mit dem Abschluss kurzfristig die Versorgung gesichert, mittel- und langfristig wegen der wirtschaftlichen Bedingungen aber eben nicht. Das Schlimmste, was den Patienten passieren könne, sei doch, dass die Apotheken durch unwirtschaftliches Versorgen in die Knie gingen und für alle Patienten verschwänden.
»Wäre es nicht eine Überlegung wert, diese Patienten zu einer anderen Kasse wechseln zu lassen? Und die, die es nicht wollen, auf eigene Kosten die Hilfsmittel zu beziehen und einzureichen?«, habe er den Inhaber gefragt, so Maertin.
Und weiter: »Wie soll Druck auf die Kasse ausgeübt und ein besseres Ergebnis erzielt werden, wenn immer wieder Apotheken ausbrechen? Unser Ziel muss doch sein, die Versorgung UND die Betriebe zu sichern«, so Maertins Appell. Er zeigte sich überzeugt: »Das erreichen wir nur als geschlossenes Kollektiv.«