Kanzler Merz – und die Apotheken? |
Friedrich Merz führt die CDU in den Bundestagswahlkampf. / Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler
Die Entscheidung zur Kandidatur bestätigten Merz und Söder heute bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Söder betonte seine Unterstützung für Merz. Anders als 2021, als er mit Armin Laschet um die Kandidatur stritt und sich daraus ein Machtkampf entwickelte, der der CDU ein Stimmentief bei der Bundestagswahl bescherte, will Söder diesmal offenbar zurückstecken und setzt auf Konsens.
Zustimmung kam auch von NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst, der erst gestern seinen Verzicht erklärt hatte. Auch Kanzler Olaf Scholz signalisierte, ihm sei die Kandidatur des Sauerländers »recht«.
Wie sich die Gesundheitspolitik nach einem möglichen Machtwechsel unter einem Kanzler Merz entwickeln wird, lässt sich bislang nur skizzieren. Merz ist Jurist und Wirtschaftspolitiker, weshalb es ihm in puncto Gesundheitsversorgung vor allem auf die Arzneimittelproduktion ankommt.
So sprach er sich bei der Hauptversammlung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) im vergangenen Mai vehement für die Stärkung der Arzneimittelproduktion in Europa aus und machte konkrete Vorschläge, wie er den Unternehmen entgegenkommen würde. Europa müsse seine Abhängigkeit von fragilen Lieferketten verringern. Apotheken müssten zuverlässig mit Arzneimitteln versorgt werden können. Deutschland müsse wieder zur Apotheke der Welt werden.
Beim parteipolitischen Kurs, den die CDU im Frühjahr mit ihrem neuen Grundsatzprogramm absteckte, spielen Gesundheitsversorgung und mithin Apotheken jedenfalls eine Rolle, wenn Letztere auch nur mit drei Worten erwähnt werden, nämlich: »Stärkung der Präsenzapotheken«.
So heißt es in dem Papier, das seit 2007 die erste Novelle des Parteikurses darstellt: »Wir setzen auf eine flächendeckende Grund- und Notfallversorgung. Unser Ziel ist es, Versorgungssicherheit herzustellen und die gesundheitliche Versorgung insbesondere im ländlichen Raum zu erhalten und zu verbessern. Dazu braucht es mehr Studienplätze für Humanmedizin, mehr regionale Gesundheitszentren mit Notfallversorgung, eine Stärkung der sektorenübergreifenden überregionalen Zusammenarbeit, den Ausbau der Telemedizin und eine Stärkung der Präsenzapotheken.«
Auch für die Stärkung der Freie Berufe sprechen sich die Christdemokraten in dem Programm aus. Zuständig für das Thema Gesundheitsversorgung war hierbei die Fachkommission Soziale Sicherung, geleitet von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer – den Vize-Vorsitz hatte Karl-Josef Laumann, Gesundheitsminister in NRW.
Was bedeutet die heutige Entscheidung für das Machtgefüge innerhalb der CDU? Der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte einst gegen Merz als Parteichef kandidiert. Doch 2018 setzte sich Annegret Kramp-Karrenbauer als Bundesvorsitzende durch. Bei der Wahl am 7. Dezember 2018 erhielt er im ersten Wahlgang 157 Stimmen (rund 15,7 Prozent) und unterlag damit Kramp-Karrenbauer und Merz, die in eine Stichwahl gingen. Nach ihrem Rücktritt 2020 kandidierte Spahn nicht erneut, sondern unterstützte Armin Laschet, der sich schließlich gegen Merz durchsetzte.
Auch wenn es für Spekulationen um ein Schattenkabinett um Merz noch mindestens ein Jahr zu früh ist: Laumanns Name taucht sofort auf, wenn es um einen möglichen Machtwechsel geht und die Frage, wer sich dann um die Sozialpolitik kümmern soll.
Laumann ist in der NRW-Landespolitik ein Schwergewicht, er ist ein profilierter Sozialpolitiker, außerdem einer von Merz‘ Stellvertretern beim Parteivorsitz – er errang beim CDU-Parteitag im Mai mit fast 92 Prozent das mit Abstand beste Wahlergebnis aller fünf Parteivizes. Zudem war er jahrzehntelang Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, gab gerade erst den Vorsitz ab.
Laumann gilt als soziales Gewissen der Union, der gelernte Maschinenschlosser und Schützenfest-Fan aus Westfalen kann gut mit den Leuten, während Jurist Merz sich öfter schwer damit getan hat, den richtigen Ton zu treffen, stattdessen aneckte und polarisierte.
Sozial- und damit auch Gesundheitspolitik ist Laumanns Terrain, nicht Merz. Der NRW-Gesundheitsminister wird seit Jahren nicht müde, für die wohnortnahe und niedrigschwellige Gesundheitsversorgung einzutreten, und ist erklärter Unterstützer der inhabergeführten Apotheke vor Ort.
Seine offene Kritik an der Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) war unüberhörbar, auch mit zentralen Punkten des geplanten Apotheken-Reformgesetzes (ApoRG) ist Laumann nicht einverstanden. Über Merz sagte Laumann beim CDU-Parteitag im Mai: »Merz ist jemand, der einen Plan für Deutschland hat.« Und: »Eine gute Sozialpolitik gibt den Leuten Sicherheit, das muss eine CDU verkörpern.««
Alle vier Jahre wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Wir berichten mit Blick auf die Gesundheitspolitik und die Auswirkungen für die Apotheken.