Kammer muss Beiträge deutlich erhöhen |
Daniela Hüttemann |
16.11.2023 15:00 Uhr |
Foto: Adobe Stock/hayo
Wie überall steigen bei wachsenden Aufgaben auch die Kosten für die Kammerarbeit sowie der Anteil für den ABDA-Haushalt. Da Verbindlichkeiten in den vergangenen Jahren aus den Reserven in siebenstelliger Höhe bedient wurden, sah sich die Apothekerkammer Schleswig-Holstein gezwungen, nach sieben Jahren erstmals wieder die Beiträge zu erhöhen, und zwar deutlich. Konkret wird die Umlage pro Betrieb von 1954 auf 2954 Euro erhöht (unabhängig von der Umsatzklasse), während die Grundumlage, also der persönliche Beitrag, von 192 auf 240 Euro im Jahr steigt (ein Betrag, der in anderen Kammerbereichen bereits üblich ist oder überschritten wird). Teilzeitkräfte mit weniger als 20 Stunden pro Woche zahlen die halbe Grundumlage.
Einen großen Teil des Haushalts nimmt der Beitrag der Kammer für den ABDA-Haushalt ein. Allein in diesem Jahr seien es mehr als eine halbe Million Euro, die die Kammer Schleswig-Holstein aufbringen muss. Im kommenden Jahr werden es noch einmal 81.000 Euro mehr sein. Die ABDA-Mitgliederversammlung hatte im Juni eine Budget-Erhöhung um 3,7 Millionen Euro beschlossen.
»Genauso wie wir eine starke ABDA auf Bundesebene brauchen, bedarf es auch einer starken Apothekerkammer Schleswig-Holstein, um Ihnen unsere umfangreichen Dienstleistungen, eine schlagkräftige Standesvertretung und Unterstützung auch in Zukunft in gewohnter Weise anbieten zu können«, erklärte die Kammer am heutigen Donnerstagmorgen in einem Informationsschreiben an ihre Mitglieder.
Am Tag zuvor war bei der Kammerversammlung intensiv diskutiert worden, ob die Erhöhungen in dieser Form gerechtfertigt seien und ob beispielsweise die Arbeit der ABDA auch effizient genug sei. Dazu wurde neben Einsparmöglichkeiten und einem fairen Mechanismus für alle Mitglieder auch eine Dynamisierung der Beiträge sowie eine Kopplung dieser Dynamisierung an den Beitrag für den ABDA-Haushalt diskutiert. Dafür gab es viele gute Gründe dafür und dagegen. Geschäftsführer Felix-Alexander Litty erläuterte dabei auch die Beitragssysteme und -beträge anderer Kammergebiete. Selbstverständlich versuche man bereits, wo es nur geht, Kosten zu sparen.
Letztlich entschied sich die Delegiertenversammlung dafür, erst einmal jährlich neu über die Beitragshöhe zu entscheiden, statt eine automatische Dynamisierung zu beschließen. Wichtig ist es laut Geschäftsführer Litty auch, die Rücklagen wieder aufzufüllen.
Klar wurde, einen Königsweg, mit dem alle zufrieden sind – große und kleine Apotheken, Inhabende und Angestellte, Vollzeit- und Teilzeitkräfte – gibt es nicht. Grundüberlegungen waren unter anderem, dass die Umsätze aufgrund der starken Zunahme von Hochpreisern heutzutage nicht mehr aussagekräftig sind und dass kleinere Apotheken der Kammer nicht unbedingt »weniger Arbeit machen« als die größeren.
Zudem beschloss die Delegiertenversammlung, an das Land Schleswig-Holstein heranzutreten, um eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten zu erbitten. Die Apotheken wünschen sich eine ähnlich Regelung, wie sie bereits in Nordrhein-Westfalen in diesem Sommer umgesetzt wurde.
Die genaue Verteilung würde dann im Ermessen des Apothekenbetreibenden liegen und muss innerhalb der folgenden Zeiträume liegen: An vier Tagen mindestens sechs Stunden in der Zeit von 8:00 bis 20:00 Uhr sowie an einem Tag mindestens drei Stunden in der Zeit von 8:00 bis 20:00 Uhr. Von der ständigen Dienstbereitschaft befreit wären Apotheken dann ganztägig an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen.
Großes Thema der Delegierten-Versammlung war natürlich auch der norddeutschen Apotheken-Protesttag in der Vorwoche in Hannover und was nun danach kommt. »Der Protesttag des Nordens war medial ein voller Erfolg«, konstatierte Kammerpräsident Kai Christiansen, der selbst vergangene Woche Mittwoch in Hannover unter den Protestierenden war (eine Übersicht über die Medien-Resonanz lesen Sie hier).
Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen am 8. November beim norddeutschen Apothekenprotesttag in Hannover. / Foto: PZ/Hüttemann
Unmut äußerten die Delegierten der Kammerversammlung über die Kolleginnen und Kollegen, die ihre Apotheken ohne Notdienst-Verpflichtung geöffnet hielten, statt gemeinsam ein Zeichen zu setzen. Angst vor den Reaktionen der Patienten hätte man keine haben müssen, berichtete eine Delegierte. Es sei großes Verständnis in der Bevölkerung da; viele seien einfach am nächsten Tag gekommen.
Kammerpräsident Christiansen rief weiterhin zu Geschlossenheit auf – denn nach den Protesttagen sei man noch lange nicht im Ziel. Er verglich Protest und Honorarforderungen mit einem Triathlon – und nun komme der Marathon, seine Lieblingsdisziplin.
Letztlich muss die Politik überzeugt werden – eigentlich Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD), doch an den kämen weder andere Interessenverbände einschließlich der Ärzte und offenbar noch nicht einmal seine Parteikollegen heran. Zumindest hatte sich beispielsweise Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi, ebenfalls SPD, ganz klar gegen Lauterbachs Pläne zur Apotheken-Struktur-Reform bei der Protestveranstaltung am 8. November in Hannover ausgesprochen.
Da Lauterbach nicht mit sich reden lasse, müsse man eben mit möglichst vielen anderen Politikerinnen und Politikern bei allen Gelegenheiten reden – und das sei nicht nur Aufgabe der ABDA, Kammern und Verbände. Christiansen zählte einige politische Begegnungen auf verschiedenen Ebenen auf, unter anderem mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Dirk Heidenbluth (SPD), Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags, und mit der Landtagsabgeordneten Birte Pauls (SPD), stellvertretende Fraktionsvorsitzende und sozialpolitische Sprecherin ihrer Partei. Rückenwind gibt es von der derzeitigen Opposition im Landtag, der FDP, namentlich durch den ehemaligen Landesgesundheitsminister Heiner Garg.
Die Delegierte Stephanie Rust hatte den Landtagsabgeordneten Konstantin von Notz in Wandels Apotheke in Krummesse zu Besuch. / Foto: Wandels Apotheke
Über den Protesttag dürfe man die Bedeutung vieler kleinerer Aktionen nicht vergessen, mahnte Christiansen und rief alle Apotheken auf, Politikerinnen und Politiker in ihre Apotheken einzuladen, um ein realistisches Bild der Sorgen und Nöte zu vermitteln. »Politiker besuchen Apotheken, hospitieren für ein, zwei oder drei Stunden in den Apotheken, hören sich die Sorgen der Mitarbeiterinnen an, sehen vor Ort die enorme Arbeitsverdichtung und was es heißt, wenn ein Arzneimittel nicht lieferbar ist«, berichtete der Kammerpräsident.
So ließen sich schiefe Bilder von den immer noch vermeintlich gut verdienenden Apotheken gerade rücken, wie dies beispielsweise Anfang Oktober Filialleiterin Stephanie Rust aus Krummesse mit dem Grünen-Politiker Konstantin von Notz gelang. Die, diese Basisarbeit leisten, das seien die eigentlichen Helden, die für Aufklärung sorgen, die die Politiker zum Nachdenken anregen und zeigen, dass die Forderungen der Apothekerschaft nicht nur Lobbyparolen seien.