Kammer finanziert Professur für Klinische Pharmazie in Münster |
Daniela Hüttemann |
11.11.2020 18:00 Uhr |
In Zukunft werden Apotheker öfters Einblick in Patientenakten erhalten und können beispielsweise anhand pharmakogenetischer Daten die medikamentöse Therapie individuell anpassen. / Foto: Fotolia/Sebastian Rothe
Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) will eine Stiftungsprofessur im Bereich Klinische Pharmazie an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) für zehn Jahre finanzieren. »Hier steht einmalig ein Fenster offen«, betonte Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening. Denn die Stiftungsprofessur für »Individualisierte Pharmakotherapie« soll im Anschluss in eine voll von der WWU finanzierte Professur übergehen. Die AKWL will für zehn Jahre die Personalkosten von insgesamt rund 3 Millionen Euro übernehmen, während die Universität Ausstattung und Sachmittel übernimmt. Zusätzlich sollen Drittmittel eingeworben werden.
Die W2-Professorenstelle, an die auch zwei neue Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter geknüpft sind, ist mit einer Ausweitung der Ausbildungskapazitäten verbunden. So sollen ab dem Sommersemester 2022 jährlich zehn Pharmaziestudenten mehr pro Jahr ausgebildet werden. »Wir brauchen diesen Nachwuchs dringend«, verdeutlichte Overwiening. Dabei seien diese zehn zusätzlichen Abgänger eine erste mittelfristige, leichte Linderung des gravierenden Personalmangels. Die AKWL fordert weiterhin die Einrichtung des Pharmaziestudiums in Ostwestfalen-Lippe, genauer gesagt am Standort der Universität Bielefeld in Kooperation mit der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo, wo bereits der Studiengang Pharmatechnik angeboten wird. Doch hier ist man von einer Einigung und Finanzierung noch relativ weit entfernt.
In Münster soll mit der Stiftungsprofessor nun die klinische Pharmazie fest verankert werden, die hier bislang keine eigene Professorenstelle hatte, erläuterte Professor Dr. Klaus Langer, Institutsdirektor am Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie in Münster. Neben der innovativen Finanzierung erstmals durch eine Apothekerkammer soll auch mit der Ausrichtung der Forschung und Lehre Neuland betreten werden: Pharmakogenetik, Proteomik und Metabolomik oder personalisierte Arzneiformen wie Tabletten aus dem 3-D-Drucker sollen Forschungsschwerpunkte werden.
Zu den Lehraufgaben zählen Biopharmazie sowie Pharmakokinetik, -genetik, -epidemiologie und -ökonomie. »Wir bringen damit auch neue Inhalte ins Studium«, betont Langer. Im Fokus stehe dabei die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS). »Wir können die zukünftigen Apotheker so noch einmal deutlich besser in Richtung patientenindividuelle Beratung ausbilden.« Es handle sich um ein Leuchtturmprojekt, mit dem nicht nur der Studienstandort Münster gestärkt werde, sondern auch die Beratungskompetenz in der öffentlichen Apotheke.
Weiterhin unterstützen wollen die Apotheken in Westfalen-Lippe auch die ansässigen PTA-Schulen. Vor fünf Jahren war erstmals ein erster Vertrag abgeschlossen worden, um die Ausbildung der dringend benötigten PTAs zu finanzieren, der nun ausläuft. Während das Land NRW nur einen Teil des Schulgelds übernimmt, floss das Geld der Kammer unter anderem in eine Sanierung von Laborplätzen und neue Ausstattung. »Die Investitionen für die Qualität der Ausbildung war dringend nötig«, erklärte Yvonne Schmees von der AKWL, die das Projekt betreut. Damit konnte die Attraktivität der Ausbildung deutlich erhöht werden. Die Entwicklung der Schülerzahlen sei gut. Und auch den Lehrenden würde der Unterricht wieder deutlich mehr Spaß machen, nicht zuletzt, weil nun nicht mehr die Schließung droht.
Neben der Stiftungsprofessur haben die Delegierten der Kammerversammlung nun über einen Folgevertrag über die Finanzierung der nächsten fünf Jahre abzustimmen. Dies wird in den kommenden Tagen schriftlich erfolgen. Eigentlich hätte heute die Kammerversammlung in Münster stattgefunden. Diese wurde coronabedingt abgesagt und durch eine digitale Informationsveranstaltung ersetzt. Da die rechtliche Grundlage fehlt, konnte hierbei nicht direkt abgestimmt werden, wie sonst bei einer normalen Kammerversammlung üblich.
Die Abstimmungsbögen müssen nun bis zum 20.11. in der Kammergeschäftsstelle eintreffen. Am 23.11. wird ausgezählt. Zwar wurden beide Anliegen auch aufgrund ihrer Kosten kontrovers diskutiert, doch gilt eine Annahme der entsprechenden Anträge als wahrscheinlich.
Auch über Beitragsänderungen für angestellte und selbstständige Kammermitglieder wurde intensiv diskutiert. Zum 1. April sollen die Beitragssätze für die Inhaber einschließlich der Umlage zur PTA-Schulförderung von 0,105 Prozent vom Umsatz (0,93 Prozent Kammerbeitrag und 0,012 Prozent PTA-Umlage) auf 0,099 Prozent sinken (0,089 Prozent Kammerbeitrag und 0,010 Prozent PTA-Umlage). Dafür steigen erstmals nach rund zehn Jahren die Beiträge für die angestellten Apotheker zum 1. Juli 2021 von 12 auf 16 Euro im Monat (Vollzeit).