Kai Christiansen als Kammerpräsident wiedergewählt |
Daniela Hüttemann |
04.05.2023 12:30 Uhr |
Fast vollständig wiedergewählt wurde der Vorstand der Apothekerkammer Schleswig-Holstein (von links): Christoph Schostek, Eva Maria Schöning (1. Vizepräsidentin), Kerstin Harder, Kai Christiansen (Präsident), Volker Thode, Harald Erdmann (2. Vizepräsident), Stephanie Rust und neu gewählt Johanna Ostermeyer. / Foto: AKSH/Jörg Wohlfromm
Vor Kurzem haben die Apothekerinnen und Apotheker in Schleswig-Holstein ihre 30 Delegierten für die Kammerversammlung neu gewählt. Am gestrigen Mittwoch fand die konstituierende Sitzung mit Wahl des Vorstands statt. Kai Christiansen, Inhaber aus Steinbergkirche, der seit 2018 Kammerpräsident ist, wurde in seinem Amt bestätigt.
Aufgrund der steigenden Belastung in diesem Ehrenamt stehen ihm nun nicht mehr nur ein, sondern zwei Vizepräsidenten beziehungsweise -präsidentin zur Seite: Erste Vizepräsidentin wurde Eva Maria Schöning aus Halstenbeck, die in der Industrie tätig ist. Zum zweiten Vizepräsidenten wurde Harald Erdmann, Krankenhausapotheker aus Flensburg gewählt. Christiansen freute sich, dass hier die Vielfältigkeit des Berufs abgebildet wird.
Genau wie die Kammerversammlung aus jeweils 15 selbstständigen und 15 nicht selbstständigen Delegierten besteht, ist diese Parität auch für den Vorstand vorgesehen. Er wird komplettiert durch Stephanie Rust, Filialleiterin aus Groß Grönau, dem angestellten Apotheker Volker Thode aus Schönkirchen, sowie den drei Inhabenden Kerstin Harder aus Oststeinbek, Christoph Schostek aus Pinneberg und Johanna Ostermeyer aus Owschlag. Bis auf Ostermeyer waren alle Gewählten schon zuvor im Vorstand tätig. Ostermeyer wurde erstmals in die Kammerversammlung gewählt und rückt im Vorstand für Berrit Kühl nach, die nicht mehr kandidiert hatte. Präsident Christiansen freute sich über die »U40-Newcomerin«.
»Ich verstehe die Apothekerkammer Schleswig-Holstein als eine politische Kammer und ich verstehe mich als einen politischen Präsidenten«, so Christiansen in seiner Rede. Er habe den Anspruch, sich auch über die Landesgrenzen hinaus für den »schönsten Beruf der Welt« einzusetzen.
Gefragt nach seinen drängendsten Themen für die kommenden fünf Jahre nannte er der »Pharmazeutischen Zeitung« den immer dramatischer werdenden Personalmangel, eine faire Honorierung für Inhaber und Angestellte für die Sicherung der Apotheke vor Ort sowie mehr Handlungsfreiheiten und weniger Bürokratie.
Er sah in den letzten Wochen eine gewisse Bereitschaft der Politik, endlich aktiv zu werden, wobei sie sich sträube, alle Apotheken nach dem Gießkannenprinzip zu unterstützen. »Wir brauchen aber erst einmal grundsätzlich eine Erhöhung, um uns wirtschaftlich zu stabilisieren, auch die großen Apotheken«, betonte Christiansen – auch, um faire Löhne zahlen zu können.
Christiansen wünscht sich beispielsweise, dass die Politik den Apotheken dauerhaft genug Geld zur Verfügung stellt, um die derzeitigen Tariflöhne auf die vielerorts übertarifliche Bezahlung für alle erhöhen zu können, gemeinsam mit der Adexa – die Apothekengewerkschaft. Das Geld solle 1:1 an die Mitarbeitenden weitergegeben werden. »Ich möchte meiner PTA genauso viel bezahlen können, wie es die Krankenkasse tut, damit sie mir meine Rezepte retaxiert.«
Der Schleswig-Holsteiner setzt sich auch dafür ein, Prozesse wo immer es geht zu verschlanken, zum Beispiel bei den pharmazeutischen Dienstleistungen, die er für einen wichtigen Schritt in die heilberufliche Richtung hält. Am liebsten wäre es ihm, wenn an Regelungen für den Apothekenbetrieb nicht immer nur hier und da ein Komma geändert würde, sondern die Apothekenbetriebsordnung deutlich verschlankt würde – weniger konkrete Vorgaben zu Teedrogen-Waagen und -Abwiegeplatz, dafür wieder mehr gesunder Menschenverstand.
»Allein durch Bürokratieabbau könnten wir so viel Geld sparen, dass es uns deutlich besser gehen würde, ohne dass es die Politik und Krankenkassen etwas kostet«, ist Christiansen fest überzeugt. Für einen Bürokratieabbau scheine die Politik nun auch bereit zu sein, es brauche jedoch viel Mut und Sachkenntnis.
Andererseits fehle es vielen immer noch am Verständnis, wie die Apothekenhonorierung überhaupt funktioniert, und warum die Apotheken nicht einfach mehr Packungen abgeben können. »Bei vielen Medikationsanalysen finden wir Medikamente, die man auch absetzen könnte – dann wäre der Patient besser eingestellt und die Kassen würden Kosten sparen, nur uns nützt das finanziell leider nichts«, so Christiansen. Hier seien noch viele dicke Bretter zu bohren. Dafür brauche es Geduld und Ausdauer. Er sprach nicht von einem Marathon, sondern einem Ironman-Triathlon.
Prominentes Beispiel: Nach monatelangen Versuchen erhielt Christiansen Mitte April die Chance, mit Bundeswirtschaftsminister Robert Harbeck (Bündnis90/Die Grünen) 30 Minuten zu telefonieren. Zeit für den gesamten 10-Punkte-Forderungskatalog der ABDA blieb nicht, denn der Minister wollte erst einmal wissen, was das für ein Packungshonorar sei und wieso er eigentlich für die Apotheken zuständig sei, was es mit Nullretaxen und Kassenabschlägen auf sich habe und was die Apotheken mit erleichterten Austauschregeln meinen.
Wie Christiansen berichtete, habe Habeck ein gewisses Verständnis für die Lage der Apotheken gezeigt, ohne konkret etwas zu versprechen – außer einen zweiten Telefontermin nach zwei bis drei Wochen. Diese Frist läuft Ende dieser Woche ab und Christiansen versprach, kommenden Montag wieder beim Minister anzurufen.
»Ich werde nicht lockerlassen, mich für unseren Berufsstand auf Landes- und Bundesebene einzusetzen und dafür, dass auch die nächste Generation junger Pharmazeuten in der Apotheke-vor-Ort, aber auch der Industrie, dem Krankenhaus und anderen Bereichen eine Zukunft für sich findet.«