Kämpfen für den »Lichtblick« |
Andrea König bleibt für weitere vier Jahre Vorsitzende des Apothekerverbands Brandenburg. / © PZ
In ihrer Rede, die »kein Frontalunterricht« sein solle, sondern »frei von der Leber weg«, zog König einen Bogen zum vergangenen November, als die Ampelkoalition zerbrach, über die vorgezogenen Neuwahlen bis hin zur neuen Regierung, der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) – und den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen 9,50 Euro Packungsfixum. Ihr Eindruck damals: »Da ist jetzt nicht unbedingt die 12-Euro-Forderung, auf die wir uns geeinigt haben, aber es ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.«
Dies sei ein Hoffnungsschimmer gewesen, die Zuversicht habe sich auch gespeist aus den konkreten Zukunftsplänen, die die Apothekerschaft für ihre künftigen Aufgaben entwickelt und vorgestellt habe. Tenor der zahlreichen Gespräche auf Verbandsebene sei gewesen: »Wir können uns ganz viel vorstellen – was wir uns aber nicht vorstellen können, sind neue Aufgaben, die schlecht bezahlt sind, und alte Aufgaben, die auch schlecht bezahlt sind.«
Beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands (DAV) im vergangenen Frühjahr habe man noch optimistisch sein können; dort hatten etliche Politikerinnen und Politiker die wichtige Rolle der Apotheken in der Gesundheitsversorgung hervorgehoben. »Es war alles total wertschätzend und man konnte sich da relativ optimistisch auf den Apothekertag im September in Düsseldorf freuen«, erinnerte sich König in ihrer Rede.
Beim Deutschen Apothekertag (DAT) in Düsseldorf im September dann die Ernüchterung: Es gibt vorerst nicht mehr Geld pro Rx-Packung, ein höheres Fixum ist erstmal »auf Wiedervorlage«. König kommentierte: »Auf Wiedervorlage – das löst bei Ihnen das gleiche aus wie bei mir. Wenn ich etwas in meiner Apotheke mit meiner OHG-Partnerin absprechen will und sie sagt, sie legt das auf Wiedervorlage, dann weiß ich, das ist tot, das kriege ich bei Ihnen nicht.«
Anders als mit ihrem Amtsvorgänger Karl Lauterbach (SPD) lasse Nina Warken aber wohl mit sich reden, äußerte König die Hoffnung auf weiteren Dialog. Die Ministerin habe sich bei mehreren Gelegenheit kompromissbereit gezeigt.
Nicht überzeugend sei allerdings, dass das Argument der klammen Kassen als Begründung für die Honorarabsage kam. »Das war bekannt, dass in den Kassenlagern kein Geld ist, das ist keine Neuerung und das ist auch nicht unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Krankenkassen genug Geld haben, dass sie unsere Leistung adäquat bezahlen können«, so König. Sie betonte: »Wir sind Heilberufler, wir versorgen die Menschen in ganz Deutschland an jedem Tag, und zwar unabhängig davon, ob die Krankenkassen gerade grünes oder rotes Licht für uns geben.«
Daher sei die Hauptforderung in den laufenden Gesprächen, dass die zugesagten 9,50 Euro nun kämen. Die Apotheken »brauchen das Geld«, so die Verbandschefin. Für viele Apotheken in Brandenburg und bundesweit sei das höhere Fixum »ein Lichtblick« gewesen, weil sie »mit dem Rücken zur Wand« stünden. Zum Jahresende drohten ohne die Honorarerhöhung nun wieder Schließungen; kleinere Punkte in den Reformplänen, etwa Erleichterungen bei der BtM-Lagerung, brächten den einzelnen Apotheken in der Regel nichts. »Das sind alles so kleine Nice-to-haves, die aber wirtschaftlich überhaupt keine Auswirkungen haben.«
Um die geplante PTA-Vertretungsbefugnis kam die Verbandschefin in ihrer Rede nicht herum – der »zweite große Knackpunkt« in den Entwürfen. König unterstrich, sie wolle hier vorsichtig formulieren, »ohne dass mir das hinterher auf die Füße fällt«. PTA seien wertvolle und fähige Mitarbeitende in der Apotheke – und der Plan von bis zu 20 Tagen PTA-Vertretung pro Jahr könne für Apothekeninhaber und -inhaberinnen prinzipiell »ein Lichtblick« sein.
Allerdings könne die wenn zunächst auch zeitlich befristete Vertretungsbefugnis ein Türöffner für einen Systembruch sein, warnte König. Ihr Fazit: »Deshalb ist für mich ganz wichtig, dass wir da nicht drangehen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass das aufgeweicht wird. Eine Apotheke kann nur ein sicherer Raum für die Patienten sein, in dem ein Apotheker vor Ort ist.«
König zeigte sich auch skeptisch, was die Übertragung von Befugnissen wie Impfen auf PTA angeht. Dies war beim Apothekertag diskutiert worden. Es sende aber das falsche Signal aus, so König. Sie unterstrich, dass Apotheken das niedrigschwellige Impfangebot machen sollten. »Die sofortige Umsetzung holt die Patienten total ab.« König weiter: »Die Patienten möchten diese Weiterentwicklung der Apotheke. Ich glaube, dass man sich ein Stück weit dafür öffnen muss.«
Thema in Brandenburg war zudem der Plan des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) , Rezepturen nur noch anteilig abzurechnen. Wenn die Reform die Apotheken stärken solle, warum »können denn da Passagen reinkommen, die nur die Krankenkasse stärken?«, fragte König. Dies könne nicht im Interesse der Apotheken sein.
Mehr Zugang zum Gesundheitsministerium in Brandenburg hat die Verbandschefin auf dem Schirm. Schon beim Problem der ausgelaufenen Hilfsmittelversorgung durch die IKK classic war man mit einer aufsichtsrechtlichen Beschwerde an das Ministerium herangetreten.
Um Einfluss auf die Reformpläne auszuüben, müsse man auch auf Länderebene aktiv werden. König: »Und wer bietet sich da mehr an als die Gesundheitsministerin? Wir wünschen da also unbedingt ein dringendes Gespräch«, adressierte sie in Richtung der aktuellen Ministerin Britta Müller (BSW).
König appellierte an die Apothekenteams, das persönliche Gespräch mit politischen Entscheidungsträgern zu suchen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Keiner wolle doch, dass die Apotheken schließen müssten. König riet: »In diesen authentischen Gesprächen vor Ort in der Apotheke erreicht man viel mehr, als wenn man denen einen Brief schreibt.«
Der Verband komme unterstützend hinzu, bereite Gespräche vor. Es gelte, kurzfristig reagieren zu können. Eigene Ideen, auch zu Protestmaßnahmen, seien willkommen. König zeigte sich offen, etwa für eingeschränkten Notdienst. Wichtig sei, »dass die Mehrheit mitzieht«. Seinerzeit habe man beim großen Apothekenprotest in Berlin »echt Eindruck« erzeugt. »Und alles andere, was wir machen, muss sich daran messen lassen«, forderte König.
Die Verbandschefin wurde bei der Migliederversammlung ohne Gegenstimme und bei einer Enthaltung wiedergewählt. Als 1. Stellvertretender Vorsitzender wurde Oskar Rittner wiedergewählt (einstimmig). Als 2. Stellvertretende Vorsitzende wurde Nicole Nicoleit-Hauser (Neue Apotheke in Mahlow) gewählt (bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen).
Als weitere Mitglieder des Vorstandes wurden gewählt: Antje Kujath, Tina Koch, Robert Dalchow und Lukas Fürst, der erstmals in den AVB-Vorstand gewählt wurde. Er hat seine Hauptapotheke in Wildau.
Einstimmig beschloss die Mitgliederversammlung zudem den Haushalt 2026. Dieser sieht auch weiterhin die Finanzierung eines Gedisa-Leistungspaketes für die Mitgliedsapotheken im kommenden Jahr über den Verbandshaushalt vor.