Junge Führungskräfte unterschätzt und diskriminiert |
Jennifer Evans |
04.09.2025 13:00 Uhr |
Alter als Karrierebremse: Studie zeigt Abwertung Jüngerer, weil ihr Lebensalter die Qualität als Führungskraft bestimmt. / © Adobe Stock/Bojan
Was qualifiziert eigentlich eine Führungskraft – Fachwissen oder Berufserfahrung? Gerade junge Menschen in Leitungspositionen merken, dass andere sie weniger über ihre Leistungen und Kompetenz definieren, sondern vor allem über ihr Alter. Ausgehend von zwei Hypothesen haben Forschende dieses Phänomen nun genauer unter die Lupe genommen und ihre Ergebnisse in »The Leadership Quarterly« veröffentlicht.
Die erste Annahme: Junge Führungskräfte gelten als weniger geeignet, weil sie nicht dem gängigen Bild einer Führungskraft entsprechen, insbesondere bezüglich Kompetenz, Empathie und Integrität. Die zweite Vermutung: Vorurteile gegenüber jungen Führungskräften sind bei älteren Beobachtern und Beobachterinnen stärker ausgeprägt als bei jüngeren.
Um ihre Thesen zu prüfen, ließ das Team um Dr. Christoph Daldrop, Postdoktorand am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die Studienteilnehmenden zunächst anhand von 50 Eigenschaften beschreiben, wie eine »typische« und wie eine »ideale« Führungskraft aussieht. Eine zweite Gruppe bewertete dann verschiedene Altersgruppen anhand derselben Eigenschaften. Davon erhoffte das Wissenschaftlerteam sich Erkenntnisse darüber, warum Altersstereotype entstehen, wie sie wirken und wer wen abwertet.
Die Daten von 912 Probandinnen und Probanden aus den USA sollten Aufschluss geben und zeichnen ein klares Bild: Junge Erwachsene gelten als kreativ, anpassungsfähig und innovationsfreudig. Aber gleichzeitig als impulsiv, weniger kompetent und zuverlässig.
Ältere Personen gelten hingegen automatisch als verlässlich, kompetent und empathisch. Ebenfalls stellte sich heraus: Je älter die bewertende Person, desto stärker fällt die Abwertung der Jüngeren hinsichtlich ihrer Führungsqualitäten aus. Hinweise dafür, dass junge Führungskräfte tatsächlich weniger kompetent oder effektiv sind, gebe es jedoch nicht, heißt es.
Das Problem ist: Altersbezogene Stereotypen passen nicht zu den Rollenerwartungen einer Führungskraft. Durch ihre Haltung verstärken Ältere diese Diskrepanz zusätzlich. Den jungen Menschen ist es praktisch unmöglich, die wahrgenommene Inkompetenz durch andere Qualitäten zu kompensieren.
Das Fazit der Studienautorinnen und -autoren: Alter prägt offenbar ähnlich stark wie Geschlecht die Wahrnehmung von Führungskompetenz. Ihrer Ansicht nach müssen Unternehmen und Organisationen strukturelle Lösungen finden, um Altersstereotype zu durchbrechen – etwa durch altersgemischte Teams, Sensibilisierungsprogramme gegen unbewusste Vorurteile oder flexible Führungsmodelle.
Denn eine solche Voreingenommenheit könne das Potenzial junger Menschen ausbremsen. Das habe nicht nur Folgen für deren Karriere, sondern auch für Arbeitgeber und Gesellschaft, heißt es. Eine moderne Gesellschaft könne sich diese Diskriminierung nicht leisten, daher sei ein schnelles Umdenken gefragt.