Jetzt mit den pharmazeutischen Dienstleistungen durchstarten |
Daniela Hüttemann |
16.05.2023 14:00 Uhr |
Kürzlich rätselten die TV-Moderatoren Clarissa Correa und Elton in der Quizshow »Wer weiß denn sowas?« über die pharmazeutische Dienstleistung »erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation«. Der Bekanntheitsgrad der pDL wächst also. Die Nachfrage dürfte demnächst steigen. / Foto: Dr. Katja Renner (Screenshot)
Einfach anfangen – das war wohl der einfachste und trotzdem wichtigste Tipp, den die pDL-erfahrenen Teilnehmenden der Auftaktveranstaltung der neuen Online-Fortbildungsreihe »pDL Campus live« gaben – vom Apothekeninhaber über die angestellte Approbierte und PTA bis zum Pharmazeuten im Praktikum (PhiP).
Rund 150 erweiterte Medikationsberatungen hat das Team von Marco Zinn, Inhaber der Viktoria-Apotheke in Nordenham bei Bremerhaven, seit Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen im Juni 2022 bereits durchgeführt. »Wir haben einfach angefangen und dann kam immer mehr Struktur rein«, schilderte Zinn. Er selbst habe zunächst die entsprechende Fortbildung absolvieren müssen. Durch die intensiven Gespräche erlebe er nun eine noch stärkere Kundenbindung als zuvor.
»Die Patienten sind unglaublich dankbar«, so seine Erfahrung. Die meisten Änderungsvorschläge zur Medikation seien von den umliegenden Ärzte stillschweigend umgesetzt worden, wie Zinn durch seine Patienten erfuhr.
Hatte sein Team anfangs noch für die Medikationsanalyse infrage kommende Patienten angesprochen und ein Informationsblatt ins Kundenmagazin gelegt, fragen nun die Kunden von selbst nach, da sich das Angebot herumgesprochen hat. Die Blutdruckmessung und Inhalativa-Schulung seien dagegen bislang noch keine Selbstläufer, berichtete Zinn.
Ab Juni sei eine bundesweite Kampagne zur Bewerbung der pDL geplant, kündigte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening an. »Wir wollen die Menschen animieren, sich die Frage zu stellen, ob das nicht auch etwas für sie ist. Sie sollen in ihrer Apotheke danach fragen, denn wir sind die Arzneimittelexperten und verlässliche Ansprechpartner rund um die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS)«, erklärte Overwiening.
Das habe auch die Politik verstanden: Die pDL seien gewollt und sollten laut Koalitionsvertrag noch ausgeweitet und gestärkt werden. Jetzt gehe es darum, das bereit gestellte Geld auch abzurufen.
Die Bereitschaft ist da, wie eine Live-Umfrage während des Webinars zeigte. 67 Prozent der mehr als 1000 Teilnehmenden gaben an, die pDL bereits anzubieten, weitere 25 Prozent planen es und nur 1 Prozent sieht sich dazu nicht imstande.
Am häufigsten wird bislang die standardisierte Risikoerfassung Bluthochdruck angeboten (83 Prozent), dicht gefolgt von der Inhalatoren-Schulung (78 Prozent) und der erweiterten Medikationsberatung bei Polymedikation (72 Prozent). Die pharmazeutische Betreuung von Krebspatienten unter oraler Tumortherapie sowie nach Organtransplantation wird dagegen bislang nur selten angeboten.
Laut Overwiening arbeite die ABDA daran, die Prozesse noch zu verschlanken und zu digitalisieren. Auf der ABDA-Website wurde die Unterseite zu den pDL kürzlich grundlegend überarbeitet, sodass zahlreiche Arbeits- und Informationsmaterialien für jede einzelne pDL übersichtlich zu finden sind.
PTA Christine Scheerer aus der Elisabethen-Apotheke in Leutkirch erinnerte daran, dass sich neue Prozesse und deren Dokumentation immer erst einspielen müssten, »wie damals beim AOK-Inkontinenzvertrag«. Es schrecke die Patienten nicht ab, wenn sie vorab eine Vereinbarung unterschreiben müssen.
Wichtig sei eine gute Vorbereitung. Dazu gehören ein gutes Terminmanagement und dass zum Beispiel die Patientenvereinbarung und anderes Arbeitsmaterial bereits griffbereit liegen, wenn die pDL durchgeführt werden soll. Von der Patientenansprache über die Vorbereitung und Dokumentation bis zur Abrechnung könnten PTA sehr gut eingebunden werden.
Alle Diskutanten betonten den Teamgedanken – sowohl die Inhaberin oder der Inhaber als auch alle Angestellten müssten hinter den Dienstleistungen stehen. Dann brauche es noch einen Verantwortlichen. Dazu stellte Magdalena Dolp, angestellte Approbierte aus der Elisabethen-Apotheke, das Fortbildungskonzept des pDL-Managers vor, das die ABDA gemeinsam mit den Kammern Nordrhein und Baden-Württemberg gerade als Pilotprojekt erfolgreich erprobt hat. Dolp ist dabei als Referentin tätig.
Ab dem Spätsommer soll die entsprechende Fortbildung bundesweit durch die Apothekerkammern angeboten werden. Sie umfasst drei Abende mit Webinaren in Gruppen von maximal 25 Teilnehmenden, was Platz für Austausch und Fragen ermöglichen soll.
Auch um Personal zu gewinnen, »müssen wir zeigen, was wir pharmazeutisch drauf haben«, ergänzte Inhaber Zinn. Durch die pDL habe er trotz seiner ländlichen Lage weitab der nächsten Universität einen PhiP gewinnen können.
Dass die angehenden Apotheker bei der Auswahl ihrer Ausbildungsapotheke mittlerweile darauf achten, ob pDL angeboten werden, bestätigte Joshua Krainbring, PhiP in der Marktapotheke in Hamburg-Eidelstedt. »Ich kann hier viel Wissen aus der Uni anwenden, lerne aber auch noch viel von den erfahrenen Kolleginnen«, berichtete der Nachwuchspharmazeut. »Dankbarkeit und Kundenbindung durch die pDL sind wirklich enorm.«
Es stehen ausreichend Gelder über den Nacht- und Notdienstfonds bereit, damit alle Apotheken in Deutschland die pharmazeutischen Dienstleistungen ihren Patienten anbieten können. »Das Geld ist abrufbar – fangen Sie an und bieten Sie Ihren Kunden die pDL aktiv an!«, forderte Moderatorin und Apothekerin Dr. Ina Richling die Webinar-Teilnehmer abschließend auf.