Jede dritte Apotheke im wirtschaftlich kritischen Bereich |
Melanie Höhn |
21.03.2024 10:00 Uhr |
Während Apothekeninhaberinnen 2022 ein durchschnittliches Betriebsergebnis von 163.000 Euro erreichten, waren es bei den männlichen Inhabern 189.000 Euro, so Apobank-Finanzexperte Marco Eller auf dem PZ-Managementkongress aus. / Foto: PZ/Alois Mueller
Eine Stichprobe der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) für das Jahr 2022 von 2200 Einzel-/Haupt- und Filialapotheken zeigt: Bei knapp einem Drittel der Apotheken (26 Prozent) lag das Betriebsergebnis unter 100.000 Euro und kann damit als wirtschaftlich kritisch bezeichnet werden, erklärte Marco Eller, Leiter Portfoliomanagement der Apobank, auf dem PZ-Managementkongress. 7 Prozent legten demnach 2022 ein negatives Betriebsergebnis vor.
31 Prozent der Apotheken erreichten ein durchschnittliches Betriebsergebnis zwischen 101.000 und 200.000 Euro, 19 Prozent lagen zwischen 201.000 und 300.000 Euro, 9 Prozent zwischen 301.000 und 400.000 Euro. Eine weitere Erkenntnis der Stichprobe: Das Betriebsergebnis von Kleinstadt-Apotheken war mit 200.000 Euro im Jahr 2022 im Vergleich zu Großstadt-Offizinen mit 167.000 Euro und den Betrieben auf dem Land mit 193.000 Euro am höchsten. Bei den Landapotheken sorge die günstige Kostenstruktur für ein respektables Betriebsergebnis, sagte Eller.
Zudem entkoppele sich die Umsatzentwicklung zunehmend vom Betriebsergebnis. »Die Schere bewegt sich ein Stück weit auf«, so Eller. Das bedeutet konkret: Seit 2016 stieg der Umsatz um durchschnittlich 23 Prozent, das Betriebsergebnis jedoch nur um 18 Prozent. Drei von fünf Apotheken liegen laut Eller unter dem durchschnittlichen Umsatz von 3,18 Millionen Euro.
Des Weiteren lässt die Apobank-Analyse erkennen, dass sich OHG-Kooperationen finanziell durch die Erschließung nachhaltiger Kostenpotenziale lohnen. Es werde ein deutlich höheres Betriebsergebnis trotz deutlich geringerem Umsatz pro OHG-Gesellschafter erzielt.
Außerdem lassen sich in der Apobank-Stichprobe deutliche geschlechterspezifische Unterschiede erkennen: Während Apothekeninhaberinnen 2022 ein durchschnittliches Betriebsergebnis von 163.000 Euro erreichten, waren es bei den männlichen Inhabern 189.000 Euro.
Ein weiterer Unterschied zeigt sich mit Blick auf die ostdeutschen Apotheken: Ihr Umsatz und Betriebsergebnis liegen um 17 Prozent höher als bei westdeutschen Offizinen. Lag das Betriebsergebnis in Ostdeutschland im Jahr 2022 bei durchschnittlich 202.000 Euro, waren es in Westdeutschland 173.000 Euro.
2022 fand zudem knapp jede dritte Apothekenübernahme in einem Verbund statt – die übernommene Verbundgröße bestand im Durchschnitt aus 2,2 Apotheken. Der Anteil an Apothekengründungen in Großstädten stieg von 31 Prozent im Jahr 2021 auf 37 Prozent im Jahr 2022, auf dem Land sanken die Gründungen von 12 Prozent (2021) auf 8 Prozent (2022).
Reinhard Pfingsten, CIO der Apobank, beleuchtete die globale Sicht auf die Wirtschaft und Kapitalmärkte. Er führte aus, dass es eine Verschiebung weg von der unipolaren Weltordnung mit den USA hin zu einer multipolaren Weltordnung gebe. »Wir wissen alle nicht, wie die Welt dahinter aussieht«, erklärte er. Trotzdem wachse die USA stärker als erwartet, China fange sich wieder und auch Europa stabilisiere sich, somit könne man von Wachstum sprechen.
Pfingsten prophezeite, dass es Wohlstandsverluste in allen Industriestaaten aufgrund von Digitalisierung, Demografie, Deglobalisierung und Dekarbonisierung geben werde. »Was wir dabei in der Hand haben, ist die Frage, wie stark diese Verluste ausfallen. Was tun wir denn, um mit Innovation und Einfallsreichtum unsere Weltmarktführerschaft in vielen Bereichen zu halten oder in anderen Bereichen neu aufzubauen?«, so der Experte. Deutschland sei beispielsweise Weltmarktführer in »Green Technology« – ein Bereich, der entsprechend weiter ausgebaut werden könne. Hierzulande gebe es die niedrigste Staatsschuldenquote in der Eurozone und die Vergemeinschaftung von Schulden in der Eurozone sei bereits vorhanden. »Warum nutzen wir diese niedrigere Verschuldung nicht und verschulden uns, um entsprechende Innovationen zu fördern und Investitionskapital nach Deutschland zu bringen und nachhaltige Investments hier anzusiedeln?«, so Pfingsten. Denn nicht immer sei Schuldenmachen etwas Schlechtes.
Der Finanzexperte geht davon aus, dass sowohl die amerikanische als auch die europäische Zentralbank die Zinsen in diesem Jahr wieder senken werden, was den Kapitalmärkten und den Unternehmen helfe. Segmente mit Wachstumspotenzial seien künstliche Intelligenz wie ChatGPT oder der Gesundheitssektor. Sein Rat: Global investieren und nicht von sich auf andere schließen.