Ist der schlau oder bloß selbstsicher? |
Jennifer Evans |
16.10.2023 07:00 Uhr |
Vertrauensfrage: Redet der Unsinn und will mich irreführen oder handelt es sich um einen wirklichen Experten? / Foto: Adobe Stock/Mystery
Wer klingt wie ein Experte, muss noch lange keiner sein. Grundsätzlich ist es relativ simpel zu erlernen, wie man sich so ausdrückt, dass andere glauben, man hätte Ahnung von einer Thematik. Doch nicht jeder, der beispielsweise bei einem Vortrag selbstsicher rüberkommt, weiß wovon er spricht. Womöglich spielt er auch nur mit sprachlichen Kniffen, ohne über wirkliches Fachwissen zu verfügen.
Weil sich unter anderem über soziale Medien immer mehr Fake News verbreiten, schadet es auf jeden Fall nicht, Anhaltspunkte zu kennen, mit denen sich einem möglichen Blender auf die Schliche kommen lässt. Thora Tenbrink, Professorin für Linguistik an der Bangor Universität, hat sich darüber einmal Gedanken gemacht und liefert einige Hinweise.
Zu allererst sollten die Zuhörer sich die Frage stellen: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem, was ich über diese Person weiß und der Expertise, die sie für sich beansprucht? Ist das nicht der Fall, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Vortragende ein Thema lediglich gut präsentieren kann. Denn tatsächliches Fachwissen lässt sich – zumindest im Forschungsumfeld – meist relativ gut messen. Zum einen anhand bestimmter Stationen im Lebenslauf und zum anderen mittels entsprechender Leistungsbewertungen.
Als entscheidender Unterschied zwischen wirklichen Experten und (noch) nicht so fachkundigen Menschen gilt außerdem das Gedächtnis sowie die Wahrnehmung und Einordnung komplexer Sachverhalte. Über Erfahrung und Wissen eines Redners kann auch sein Kommunikationsstil Aufschluss geben. Wie also verhält sich dieser Mensch beispielsweise in anderen Unterhaltungen: Redet er viel oder hört er eher zu? Tenbrink rät dazu, verstärkt auf die leiseren Stimmen zu achten. Sie hätten womöglich mehr zu sagen als die, die ununterbrochen redeten.
Enttarnen lässt sich ein Aufschneider ebenfalls, weil er sich inhaltlich häufig an der Oberfläche bewegt, während Experten beim Referieren stärker in die Tiefe gehen und zudem bereit sind, jederzeit weitere Details zu liefern. Die Möchtegerns wiederholen oft dieselben allgemeinen Aussagen. Damit entsteht aber noch ein weiteres Problem, vor dem Tenbrink warnt. Wird eine Botschaft nur oft genug wiederholt, glaubt man sie schließlich. Das Phänomen habe etwa in der Coronavirus-Pandemie fatale Folgen gehabt.
Wer nur über oberflächliche Informationen verfügt, wird zudem eher unflexibel reagieren können, weil ihm tatsächliche Einsicht in eine Thematik fehlt. Vermutlich wird der Wichtigtuer daher auch ständig dieselben Phrasen verwenden. Ein Experte dagegen ist in der Lage, sein Wissen intelligent anzupassen und immer wieder neu zu verpacken. Die Terminologie seines Fachgebiets wird er nicht nur bestens beherrschen, sondern auch flexibel an den Kenntnisstand seines Publikums anpassen können.
Ob man gerade einen Experten oder einen Großtuer vor sich hat, lässt sich zudem an dessen Umgang mit Fakten ablesen – vor allem jene Informationen, die der Vortragende selbst nicht überprüfen kann. Ein Experte kennt die Grenzen des Belegbaren und wird seine Äußerungen wahrscheinlich mit Wörtern wie »vielleicht« oder »könnte« anreichern. Auch wird er bewerten können, wie wahrscheinlich ein bestimmtes Ereignis eintreten mag. Wer aber nicht alle Fakten kennt, wird sich mit Prognosen schwertun. Ein guter Indikator ist in diesem Zusammenhang der kleine, aber feine Unterschied, der in den Formulierungen »Ich bin unsicher« und »Es ist unsicher« liegt.