Interleukin-11-Hemmung wirkt positiv auf Alterungsprozesse |
Theo Dingermann |
18.07.2024 07:00 Uhr |
Eine Anti-IL-11-Therapie von Mäusen ab einem Alter von 75 Wochen führte in einer Studie zu einer Verlängerung der mittleren Lebensspanne um 22,5 Prozent bei männlichen und um 25 Prozent bei weiblichen Mäusen. / Foto: Adobe Stock/Buonaventura
Mehrere Hinweise geben Anlass zur Vermutung, dass eine Hemmung der IL-11-Signalübertragung die Gesundheit und Lebensdauer von Säugetieren positiv beeinflusst. Jetzt hat sich eine Gruppe von Forschenden um Professor Dr. Anissa A. Widjaja und Dr. Wei-Wen Lim vom Cardiovascular and Metabolic Disorders Program der Duke–National University of Singapore Medical School in Singapur in einer aktuellen Studie genauer mit dieser Frage beschäftigt.
Die Forschenden studierten die IL-11-Signaltransduktion an gealterten Mäusen. Im Zentrum ihrer Untersuchungen standen die genetische Deletion von IL-11 oder der IL-11-Rezeptoruntereinheit alpha-1 (IL-11ra1) sowie die Verabreichung des neutralisierenden IL-11-Antikörpers X203.
Die Ergebnisse, die die Forschenden im Journal »Nature« publizierten, zeigen übereinstimmend, dass die Blockierung der IL-11-Signalübertragung verschiedene Alterungsmarker abschwächt, die metabolische Gesundheit verbessert sowie Entzündungen und Seneszenz bei älteren Mäusen verringert.
Insbesondere verlängerte die Deletion von IL-11 die durchschnittliche Lebenserwartung von männlichen und weiblichen Mäusen um etwa 25 Prozent. Dies ließ sich auch im Rahmen einer Anti-IL-11-Therapie zeigen. Wurden Mäuse ab einem Alter von 75 Wochen behandelt, führte dies zu einer Verlängerung der mittleren Lebensspanne um 22,5 Prozent bei männlichen und um 25 Prozent bei weiblichen Mäusen.
Besonders hervorzuheben sind die Verbesserungen im Stoffwechsel. So wiesen die behandelten Mäuse einen besseren Glukosestoffwechsel, geringere Konzentrationen an Lebertriglyceriden sowie niedrigere Serum-Cholesterin- und -Triglyceridwerte auf. Außerdem ließen sich bei den behandelten Mäusen geringere Entzündungs- und Fibrosewerte in lebenswichtigen Organen wie der Leber, dem viszeralen weißen Fettgewebe und dem Muskelgewebe nachweisen.
Auch führte eine Anti-IL-11-Behandlung zu einer Zunahme der Muskelmasse und Muskelkraft, zu einer Verringerung der Gebrechlichkeit sowie zu einer besseren Mitochondrienfunktion. Der Nachweis längerer Telomere deutet auf eine langsamere biologische Alterung hin.
Überraschenderweise zeigte sich auch bei gealterten Mäusen, die mit Anti-IL-11 behandelt wurden, eine Reduktion der Krebsinzidenz. Dies könnte dadurch begründet sein, dass in den behandelten Tieren das Entzündungsgeschehen deutlich reduziert ist.
Schließlich konnten die Forschenden mit Hilfe zellulärer und molekularer Analysen zeigen, dass IL-11 über den ERK-mTOR-Signalweg in menschlichen Zellen tatsächlich Seneszenz auslöst und dass dieser Prozess durch Hemmstoffe wie Rapamycin abgeschwächt werden kann.
Damit entpuppt sich IL-11 als ein zentraler Akteur bei chronischen sterilen Entzündungen, einem relevanten Biomarker für Alterungsprozesse, was es rechtfertigen könnte, eine IL-11-Hemmung als eine neuartige Interventionsoption für altersbedingte Krankheiten in Betracht zu ziehen.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass der pro-inflammatorische Faktor IL-11 eine gewichtige Rolle für die Gesundheit und Lebensdauer von Säugetieren zu spielen scheint. Ob dies auch für den Menschen zutrifft, müsste in klinischen Studien gezeigt werden.