Interessantes Impfkonzept macht Hoffnung |
Theo Dingermann |
05.07.2021 17:08 Uhr |
Ein neues Impfkonzept basiert auf lebenden Sporoziten des einzelligen Malariaerregers Plasmodium falciparum. / Foto: Adobe Stock/7activestudio
Bisher sind fast alle Versuche gescheitert, einen wirksamen und verträglichen Impfstoff gegen Malaria zu entwickeln. Nun haben US-Forscher von Glaxo-Smith-Kline in Rockville, Maryland, gemeinsam mit akademischen Gruppen, darunter Wissenschaftler vom Laboratory of Malaria Immunology and Vaccinology, National Institute of Allergy and Infectious Diseases und National Institutes of Health in Bethesda, einen neuen, sehr mutigen Ansatz gewählt, um die offensichtlichen Probleme zu überkommen. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden jetzt im Fachjournal »Nature« publiziert.
Der von diesen Wissenschaftlern entwickelte Impfstoff enthält lebende Parasiten. Eigentlich würde ein solcher Ansatz zu einer Infektion führen. Dieses Problem wurde dadurch gelöst, dass zusammen mit der Impfung eine medikamentöse Malaria-Prophylaxe (Chemoprophylaxe-Vakzinierung, CVac) durchgeführt wurde.
In einer Phase-I-Studie konnten die Wissenschaftler nun demonstrieren, dass dieses Konzept offensichtlich extrem erfolgreich ist. Der Impfstoffkandidat PfSPZ schützte die Probanden teilweise zu 100 Prozent vor einer Infektion.
Der Impfstoff enthält Sporozoiten des Malariaerregers Plasmodium falciparum (PfSPZ). Diese werden den Probanden direkt in die Vene injiziert (»direct venous inoculation«, DVI). Die Sporozoiten erreichen die Leberzellen, wo sie zu Schizonten heranreifen. Ohne zusätzliche Maßnahmen wäre ein solcher »Impfansatz« nicht machbar, denn die Folge wäre eine sichere Infektion. Um die Infektion zu verhindern, erhielten die Studienteilnehmer zusätzlich eine Chemoprophylaxe mit Pyrimethamin oder Chloroquin. Pyrimethamin tötet die Parasiten im Leberstadium ab, wohingegen Chloroquin verhindert, dass sich die Parasiten in den roten Blutzellen vermehren können. Pyrimethamin ist in Deutschland in dem Präparat Daraprim enthalten. Chloroquin spielt zwar als Einzelsubstanz für die Malariaprophylaxe keine Rolle mehr, ist aber nachweislich wirksam.
In der Phase-I-Studie, deren Ergebnisse jetzt publiziert wurden, erhielten die Probanden steigende Dosierungen des Impfstoffs PfSPZ-CVac. Drei Monate später wurden die Studienteilnehmer dann im Sinne einer Challenge mit Malariaerregern infiziert, um einen potenziellen Impfschutz nachzuweisen. Dabei zeigte sich, dass die Wirkung des Impfstoffs deutlich dosisabhängig ist. Die Probanden erhielten drei Dosen von jeweils 5,12 × 104 PfSPZ-CVac (niedrige Dosis) an den Tagen 1, 29 und 57. Eine zweite Gruppe von Probanden wurde zusätzlich wöchentlich mit 500 mg Chloroquin (PfSPZ-CVac(CQ)) behandelt. Die Probanden einer dritten Gruppe erhielten zusätzlich zu 5,12 × 104 PfSPZ-CVac an den Tagen 2 und 3 Pyrimethamin plus wöchentlich Chloroquin (PfSPZ-CVac(Pyr)), um einer Durchbruchsparasitämie vorzubeugen.
Die Wirksamkeit des Impfstoffs wurde für homologe und heterologe Parasiten ermittelt. Bei allen zwölf ungeimpften Kontrollteilnehmern wurde eine P. falciparum-Infektion mittels qPCR an den Tagen 9 bis 11 beziehungsweise an den Tagen 9 bis 16 (n = 8) diagnostiziert. In den PfSPZ-CVac(Pyr)-Gruppen waren sieben von acht Teilnehmern (87,5 Prozent) gegen homologe und sieben von neun Teilnehmern (77,8 Prozent) gegen eine heterologe Provokation geschützt. In der PfSPZ-CVac(CQ)-Gruppe waren sechs von sechs Teilnehmern (100 Prozent) geschützt.
Das sind bemerkenswerte Daten. Die Effektivität der Impfung, die derzeit in dem Malaria-Endemieland Mali in einer klinischen Phase-II-Studie überprüft wird, erwies sich als überaus hoch. Allerdings weisen die Autoren darauf hin, dass ein gewisses Restrisiko für eine Infektion durch die Impfung bestehen bleibt, da eine Chemoprophylaxe niemals zu 100 Prozent effektiv ist.
Ende April hatte ein Team der Universität Oxford Daten zu einem weiteren Impfstoff gegen Malaria in einem Preprint des Fachjournals »The Lancet« vorgestellt. Der Impfstoffkandidat R21/MM wurde in einer Phase-IIb-Studie mit 450 Kindern im Alter von 5 bis 17 Monaten in Burkina Faso getestet. Die Wirksamkeit des Impfstoffs, der Virus-ähnliche Partikel mit fusionierten Teilen des Zirkumsporozoiten-Proteins enthält, betrug 74 Prozent in der Gruppe mit niedriger beziehungsweise 77 Prozent in der Gruppe mit hoher Adjuvansdosis. er könnte damit der erste sein, der das von der Weltgesundheitsorganisation vorgegebene Ziel von 75 Prozent Wirksamkeit erreichen kann.