Intensive Blutdruckkontrolle senkt Demenzrisiko |
Daniela Hüttemann |
22.04.2025 07:00 Uhr |
Zu hoher Blutdruck erhöht nicht nur das Herz-Kreislauf-, sondern auch das Demenzrisiko und sollte daher kontrolliert und gesenkt werden. / © Getty Images/sinceLF
Aus anderen Studien weiß man, dass Menschen mit unkontrolliertem Bluthochdruck ein bis zu 42 Prozent erhöhtes Risiko haben, eine Demenz im Lauf ihres Lebens zu entwickeln, im Vergleich zu Personen mit normalem Blutdruck. Ein Team aus den USA und China um den Epidemiologen Professor Dr. Jiang He vom UT Southwestern Medical Center in Dallas, USA, stellte sich nun die Frage, ob eine intensivierte Blutdruckkontrolle dieses Risiko senken kann. Dafür führten die Forschenden eine prospektive, Open-Label-, Cluster-randomisierte Studie mit dem Kürzel CRHCP im ländlichen China durch.
An der großen Studien nahmen 326 Dörfer teil mit fast 34.000 Patienten ab 40 Jahren mit unkontrolliertem Bluthochdruck. Alle wurden in erster Linie von sogenannten »Village Doctors« (kommunale Gesundheitshelfer) betreut und sahen ab und zu einen Arzt im nächsten städtischen Krankenhaus, hatten aber keinen regulären Hausarzt. Die Village Doctors sind Personen mit mindestens sekundärem Schulabschluss, die zum Teil ein bis zu dreijähriges medizinisches Training oder langjährige Arbeitserfahrung im Gesundheitsbereich haben.
Die eine Hälfte der Dörfer mit ihren Bewohnern bekam die dort übliche Betreuung, während die andere Hälfte eine intensivierte Betreuung durch speziell trainierte Village Doctors bekam. Diese durften die antihypertensive Medikation schrittweise erweitern und die Medikamente sowie ein Blutdruckmessgerät kostenlos oder vergünstigt an die Interventionsgruppe abgeben, was in der Kontrollgruppe nicht der Fall war. Zudem achteten die Village Doctors auf die Therapietreue, schulten die Patienten der Interventionsgruppe zu Lebensstiländerungen wie Gewichtsabnahme, Salz- und Alkoholreduktion und zur selbstständigen Blutdruckmessung zu Hause.
Zielwert waren 130 zu 80 mmHg. Medikamentös gingen die Village Doctors schrittweise entsprechend internationaler Leitlinien vor. Behandelt wurde gemäß Studienprotokoll mit ACE-Hemmern oder Sartanen, Calciumkanalblockern und/oder Thiaziden oder Thiazid-ähnlichen Diuretika als Erstlinientherapie. Allgemeinmediziner der städtischen Krankenhäuser schauten sich regelmäßig die gemessenen Blutdruckwerte an und gaben den Village Doctors Feedback.
Über den Beobachtungszeitraum von 48 Monaten erreichte die Interventionsgruppe eine deutlich bessere Blutdruckkontrolle: Im Vergleich zur Kontrollgruppe sanken die Werte im Schnitt um 22,0 mmHg systolisch und 9,3 mmHg diastolisch. 67,7 Prozent der Interventionsgruppe unterschritten die Zielmarke von 130 zu 80 mmHg. In der regulär betreuten Gruppe waren dies nur 15,0 Prozent.
Im Schnitt nahmen die Patienten der Interventionsgruppe am Ende 3,0 Antihypertensiva ein, während es in der Vergleichsgruppe nur 1,2 Medikamente waren. Die selbst berichtete medikamentöse Adhärenz lag bei 88,0 versus 66,4 Prozent.
Eigentlicher Fokus der Studie lag allerdings auf dem Einfluss dieser Maßnahmen auf die kognitive Funktion. Dafür wurden alle Teilnehmenden nach 48 Monaten von Neurologen befragt und untersucht. Zusätzlich füllten Familienmitglieder und die Village Doctors Assessment-Bögen aus.
Tatsächlich reduzierte sich das Risiko, eine Demenz jeder Art zu entwickeln, im vierjährigen Beobachtungszeitraum relativ zur Vergleichsgruppe um 15 Prozent (4,6 versus 5,4 Prozent der Probanden); die Rate kognitiver Beeinträchtigungen sank relativ um 16 Prozent (17,2 versus 20,7 Prozent). »Diese Ergebnisse verdeutlichen, wie wichtig eine intensivere Blutdruckkontrolle bei Bluthochdruckpatienten sein kann, um die globale Krankheitslast der Demenz zu verringern«, heißt es in einer Pressemitteilung von »Nature Medicine«, wo die Studienergebnisse jetzt publiziert wurden.
Sicher war das Vorgehen auch: In der Interventionsgruppe traten um 11 Prozent weniger schwere unerwünschte Ereignisse wie Todesfälle und Krankenhauseinweisungen auf als in der Kontrollgruppe. Es gab keine Unterschiede in der Häufigkeit von Verletzungen in Folge von Stürzen, symptomatischer Hypotension oder Synkopen.
Dass eine intensivierte Blutdrucksenkung nicht ausschließlich Aufgabe des Hausarztes sein muss, hatten zuvor schon andere Studien nachgewiesen. Eine Metaanalyse hatte kürzlich gezeigt, dass die größte Blutdrucksenkung bis dato mit Apotheken-geführten Interventionen erreicht wurde.