Innovationsförderung oder Kostendämpfung bei Arzneimitteln? |
Alexandra Amanatidou |
27.06.2025 13:00 Uhr |
Das Panel »Fairer Zugang zu Arzneimittelinnovationen« beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2025 in Berlin. / © PZ/ Alexandra Amanatidou
Vertreter der Pharmaindustrie, der Krankenkassen, aber auch der Politik und der Wissenschaft trafen sich beim Hauptstadtkongress für Medizin und Gesundheit und diskutierten über die Preise von Arzneimitteln, aber auch um die Frage, wie Innovation vergütet werden soll.
Dabei überrascht es nicht, dass die Vertreter der Pharmaindustrie die Preise verteidigten und sich stattdessen kritisch zur Bürokratie äußerten. Die Krankenkassen wiesen hingegen auf ihre finanziellen Schwierigkeiten hin und betonten den Anteil, den Arzneimittel dabei ausmachen.
Zum Thema Innovationsförderung und Kostendämpfung warnte Wolfgang Greiner, Professor an der Universität Bielefeld: »Wir müssen uns fragen, ob wir die zwei verbinden können oder ob wir auf Innovation verzichten müssen, an die wir aber gewöhnt sind«. Greiner selbst stellte fest, dass sich Deutschland entweder für günstige Arzneimittel oder mehr Innovation entscheiden müsse. Er sprach sich auch für eine Erhöhung des Herstellerabschlags aus.
Anja Tebinka-Olbrich, Leiterin des Referats AMNOG EBV beim GKV-Spitzenverband, sagte, dass nach den Krankenhäusern die Arzneimittel die zweitgrößte Ausgabe für die Krankenkassen seien. Es gebe eine Dynamik, die es in anderen Bereichen nicht gebe. »Wir brauchen akute Maßnahmen«, sagte sie.
Auch sie sprach sich für eine Anhebung des Herstellerabschlags aus. Als mögliche Lösung erwähnte sie eine Preis-Mengen-Regelung. Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung, bei der der Preis für eine Ware oder Dienstleistung von der abgenommenen Menge abhängt. Sie fügte hinzu: »Arzneimittel ohne Zusatznutzen sollten weniger kosten«.
Andreas Storm, der Vorsitzende der DAK-Gesundheit, schaltete sich per Video dazu. »Eine Finanzkrise treibt uns«, sagte er mit Blick auf die Zahlen. »Wir müssen die anhaltende Beitragsspirale brechen. Wir brauchen eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik«, so Storm.
»Bei den Koalitionsverhandlungen wurde gesagt, dass die Krankenkassen mehr Geld für die Bürgergeldempfänger bekommen. Aber da fließt nichts rein«, beklagte er. »Da ist bei mir die Geduld am Ende.«
Er sprach sich ebenfalls für eine Dynamisierung des Herstellerabschlags aus, da dies zu einer deutlichen Dämpfung des Anstiegs der Ausgaben führen würde. Auch zum AMNOG-Prozess äußerte er sich skeptisch. »Wir müssen zu einem Modernisierungsprozess kommen. Das Instrumentarium ist sehr komplex und kompliziert geworden.«
Was den Pharmastandort Deutschland angeht, sagte er: »Die Industrie braucht Planungssicherheit, ohne Kostenexplosion.« Gleichzeitig forderte er, dass diese durch Steuermittel erfolgen muss und nicht durch die Krankenkassen. »Wir brauchen attraktive Rahmenbedingungen für die Pharmaindustrie in Deutschland, aber das müssen wir aus steuerlichen Mitteln finanzieren.«
Melanie von Wildenradt vom Pharmaunternehmen Pfizer verteidigte die Preise für innovative Arzneimittel. »Hinter all diesen Kosten stehen Arzneimittel, die den Menschen und den Krankenkassen helfen«, da weniger Menschen an schweren Krankheiten wie Krebs sterben. Auch die Therapien bräuchten weniger Therapiezyklen. »Es braucht Wertschätzung für Innovation«, sagte sie und fügte hinzu: »Wir sollen mehr in Richtung Verhandlungslösungen kommen.«
Als Lösung schlug sie vor, dass Arzneimittel weniger Mehrwertsteuer zahlen sollten. Denn Deutschland habe, mit einer Ausnahme von Bulgarien und Dänemark, steigende Mehrwertsteuer auf Arzneimittel, während sie in anderen Ländern sinke. »Das würde Patienten und Krankenkassen entlasten.«
»Pay for Performance können wir auch in dieses System einquetschen«, sagte von Wildenradt, fügte aber hinzu, dass es Sinn mache, dies gesetzlich zu verankern und mehrere Modelle zu entwickeln. »Wir brauchen Flexibilität.«
Robert Welte vom forschungsbasierten biopharmazeutischen Unternehmen Gilead Sciences nannte das Finanzierungsstabilisierungsgesetz eine Katastrophe für die Industrie. »Die Rahmenbedingungen sind kaputtgegangen«, sagte er und fügte hinzu: »Die Spielregeln müssen wieder klarer werden.«
Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) sagte: »Wir können gute innovative Forderungen bekommen, wenn wir uns darauf einigen, dass sich die Spielregeln für eine Weile nicht ändern.«
Auch andere Politikerinnen und Politiker waren beim Hauptstadtkongress für Medizin und Gesundheit anwesend, darunter die Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) und Simone Borchardt (CDU).