Pharmazie
Der Preßsaft des Purpursonnenhutkrauts wurde 1989 von der Kommission E positiv bewertet. Neben einer Anzahl von Erfahrungsberichten gibt es auch pharmakologische Untersuchungen und klinische Prüfungen, die die Wirksamkeit des Preßsaftes in seinen Zubereitungen belegen. Purpursonnenhutkraut ist weder im Deutschen noch im Europäischen Arzneibuch aufgenommen. Auch andere Pharmakopöen der Europäischen Gemeinschaft enthalten keine Monographien. Lediglich das Homöopathische Arzneibuch beschreibt Echinacea purpurea.
Für die Phytotherapie gibt es demnach keine gültige Arzneibuchmonographie und damit auch keine offizielle Qualitätsbeschreibung für das Purpursonnenhutkraut und den daraus hergestellten Preßsaft. Eine Untersuchung verschiedener Handelspräparate hat gezeigt, daß die Produkte verschiedener Hersteller recht unterschiedlich zusammengesetzt und damit nicht ohne weiteres vergleichbar sind. Dieser Sachverhalt ist leicht erkennbar bei einem qualitativen Vergleich der einzelnen Produkte bezüglich ihres Gehaltes an Kaffeesäurederivaten. Der Gehalt an Dicaffeoylweinsäure (Cichoriensäure) in Purpursonnenhutkraut hängt unter anderem von der Vegetationsperiode ab. Die höchste Konzentration wird vor und zu Beginn der Blütenperiode erreicht. Bei Untersuchungen wurden im Blütenstand wesentlich höhere Mengen an Cichoriensäure gefunden als im Blatt.
Cichoriensäure ist eine relativ instabile Verbindung, deren Gehalt während der Mazeration von Frischpflanzen in wenigen Tagen deutlich abnimmt. Dieser Effekt ist bei der Herstellung von Frischpflanzenpreßsäften zu beobachten. Die Cichoriensäure wird ab dem Zeitpunkt der Zerkleinerung des Pflanzenmaterials durch ein pflanzeneigenes Enzym abgebaut. Durch Hocherhitzung oder Waschen mit heißem Wasser kann das Enzym zerstört werden mit der Folge, daß die Cichoriensäure nicht enzymatisch abgebaut wird. Durch Ethanol-Zusatz zum Preßsaft kann die enzymatische Tätigkeit gehemmt werden, so daß bei einer schnellen Verarbeitung der geschnittenen Pflanze zu ethanolischem Preßsaft ebenfalls hohe Gehalte an Cichoriensäure erhalten werden können.
Aus der Unterschiedlichkeit der verschiedenen Handelspräparate ergibt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Maße eine Standardisierung von Echinacea Präparaten, die einen Preßsaft aus Purpursonnenhutkraut enthalten, erreicht werden kann. Dieses soll am Beispiel eines Handelspräparates dargelegt werden, das zu 80 Prozent (G/G) aus Preßsaft von frischem blühenden Purpursonnenhutkraut besteht und mit Ethanol/Wasser auf einen Alkoholgehalt von 22 Prozent (V/V) eingestellt ist.
In Deutschland hat die Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenanbau langjährige Anbauversuche durchgeführt und 1985 eine ausführliche Kulturanleitung publiziert. Der Anbau des pflanzlichen Ausgangsstoffes Purpursonnenhutkraut erfolgt nach dieser Anbauanleitung unter kontrollierten Bedingungen. Für den Anbau wird keine eng selektierte Zuchtsorte verwendet. Dies hat den Vorteil, daß der Blütenanteil infolge des kürzer wachsenden Stengels höher ist, was sich positiv auf den Gehalt an Inhaltsstoffen im Erntegut auswirkt. Die Vorbehandlung des Saatgutes, die Dichte der Aussaat, die Art und Menge der Düngung sowie der Erntezeitpunkt (Blütezeit Juli/August) erfolgen unter standardisierten Bedingungen, um zu gewährleisten, daß möglichst gleichmäßige Erträge an Pflanzenmaterial und Ausbeuten an nativem Preßsaft erhalten werden, die bei 40 bis 65 Prozent des Frischpflanzengewichts liegen.
Ein wesentlicher Aspekt für die Qualität des Preßsaftes ist die Auswahl des Erntezeitpunktes zur Zeit der Vollblüte. Wenn der größte Teil der Nebenblütenkörbe bereits mehrere geöffnete Röhrenblütenkränze aufweist, ist der beste Zeitpunkt für die Ernte gekommen. Weitere qualitätsbestimmende Schritte für die Preßsaftherstellung sind sowohl das Ernteverfahren selbst, als auch das Schneiden, Waschen, Zerkleinern und Auspressen der Pflanzen sowie das Stabilisieren des Preßsaftes durch Zusatz von Ethanol. Der mit Alkohol stabilisierte und filtrierte Preßsaft wird bei 10 bis 15 Grad Celsius gelagert, damit sich Trübstoffe vollständig absetzen können. Erst danach wird das Produkt erneut filtriert und zum Fertigarzneimittel weiterverarbeitet.
Qualitätsparameter für wirksame Sonnenhut-Präparate Obwohl im Laufe der Zeit zahlreiche Verbindungen aus Echinacea-Drogen isoliert wurden, gelang es nicht, die Wirksamkeit eindeutig einer bestimmten Substanzgruppe zuzuordnen. Als wirksamkeitsbestimmende oder mitbestimmende Inhaltsstoffe des Purpursonnenhutkrauts werden verschiedene Substanzgruppen diskutiert.
Purpursonnenhutkraut enthält 0,08 bis 0,32 Prozent ätherisches Öl. Die Preßsäfte enthalten jedoch im Gegensatz zu Tinkturen nur äußerst geringe Mengen an ätherischem Öl. Dieser Sachverhalt kann deutlich bei der dünnschichtchromatographischen Prüfung gemäß HAB 1 aufgezeigt werden. Nach anfänglichen Vermutungen, daß das ätherische Öl an der Wirkung beteiligt sein könnte, konzentriert man sich heute hauptsächlich auf weitere wirksame Stoffgruppen.
Nach dem bisherigen Kenntnisstand ist die immunmodulatorische Aktivität von Purpursonnenhutkraut-Preßsaftzubereitungen also auf mehrere Inhaltsstoffe wie Kaffesäurederivate (Cichoriensäure), Alkylamide, Polysaccharide und wahrscheinlich Glykoproteine zurückzuführen. Die Phagozytose stimulierende und damit immunmodulierende Wirkungen der Preßsäften wurde mehrfach nachgewiesen.
Aufgrund der schwankenden Mengen der einzelnen Inhaltsstoffgruppen, die die Wirksamkeit der Zubereitungen mitbestimmen, ist eine Standardisierung der Präparate auf bestimmte Wirkstoffgehalte nicht praktikabel. Die Frage, welcher Inhaltsstoff oder welche Stoffgruppe von entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit der Echinacea-Präparate ist, bleibt ungeklärt. Insofern ist eine Standardisierung oder gar Normierung auf bestimmte Inhaltsstoffe auch nicht gerechtfertigt. Sie kann im Gegenteil dazu führen, daß durch gezielte sogenannte Optimierungsmaßnahmen das natürliche Gleichgewicht der pharmakologisch aktiven Inhaltsstoffe beeinflußt wird.
Umso mehr nötig ist es, die Parameter der Herstellung des Produktes zu standardisieren und zwar das Saatgut, den kontrollierten Anbau, den definierten Erntezeitpunkt, das Verfahren der Preßsaftgewinnung und -zubereitung.
Die chargenspezifische Kontrolle des Herstellungsverfahrens erfolgt sinnvollerweise im Hinblick auf die Zusammensetzung des Präparates durch verschiedene dünnschichtchromatographische Fingerprints. Dabei ist Glycin-Betain eine sehr genau und selektiv erfaßbare Leitsubstanz.
PZ-Artikel von Lothar Kabelitz, Vestenbergsgreuth, und Hatto Walch, Laupheim
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