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Neue Bezugsbedingungen für Clofazimin

25.07.2005  00:00 Uhr

Neue Bezugsbedingungen für Clofazimin

von Rolf Thesen, Mainz

Clofazimin (Lampren®) ist zugelassen zur Behandlung der Lepra und des Erythema leprosum und wird zudem Off-label bei schweren Hauterkrankungen angewendet. Apotheken konnten das in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel bisher aus dem Ausland importieren. Nun muss das Arzneimittel direkt über die WHO oder in Ausnahmefällen direkt beim Hersteller bezogen werden.

Clofazimin dient in Kombination mit Rifampicin und Dapson zur Behandlung der multibazillären Lepraformen (MBL) wie lepromatöse (LL), borderline-lepromatöse (BL) und mid-borderline (BB) Lepra und des Erythema nodosum leprosum (ENL). Die »multi-drug«-Therapie (MDT) ist notwendig, um das Aufkommen resistenter Stämme von Mycobacterium leprae zu verhindern. Clofazimin übt auf M. leprae einen bakteriostatischen und schwach bakteriziden Effekt aus. Der genaue Wirkmechanismus gegen Mykobakterien ist bisher nicht geklärt. Der Wirkstoff bindet offenbar vorzugsweise an die DNA der Mykobakterien und hemmt deren Replikation und Wachstum. Da Clofazimin einen anderen Wirkmechanismus hat, besteht mit Dapson und Rifampicin keine Kreuzresistenz. Vereinzelt wurde über eine Resistenz von M. leprae gegen Clofazimin berichtet. Darüber hinaus besitzt Clofazimin eine entzündungshemmende Wirkung, die unter Umständen seine Wirksamkeit bei ENL-Reaktionen unterstützt. Bei den bakterienreichen Lepraformen wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein zwölfmonatiges Therapieschema mit den drei Substanzen empfohlenen. (Bei der paucibacillären Form ­ PB ­ werden nach WHO-Empfehlung Rifampicin und Dapson für sechs Monate gegeben.)

Bezug bei multibazilliärer Lepra

Lampren wurde bisher vom schweizerischen Pharmakonzern Novartis in verschiedenen europäischen Ländern sowie in den USA oder Südafrika vertrieben und konnte von dort auch von Apotheken nach § 73, Abs. 3 AMG importiert werden. Der Import ist seit einiger Zeit auf diesem Wege nicht mehr möglich, da das Präparat kürzlich von Novartis im Rahmen eines Donation-Programms an die WHO abgegeben wurde. Zusammen mit den anderen Medikamenten der Kombinationstherapie (Rifampicin und Dapson) zur Behandlung der multibazillären Lepra kann es jetzt kostenfrei in Form der von Novartis gestellten Blister-Packs direkt von der WHO bezogen werden. Die Anwendung und Dosierung erfolgt gemäß den Empfehlungen der WHO: www.who.int/lep/exp/exp.htm.

Aus Gründen des Datenschutzes verzichtet die WHO bei der Bestellung auf die Angabe des Patientennamens. Jedoch muss die Form der Lepra angegeben werden: »multibacillary« oder »paucibacillary leprosy«. Die drei fertig abgepackten Medikamente werden dann für den gesamten Behandlungszeitraum kostenfrei zugesandt. Die Kosten für den Versand werden im Rahmen des Donation-Programms von Novartis getragen.

Bei Erythema nodosum leprosum

Patienten mit bakterienreichen Formen der Lepra entwickeln oft innerhalb eines Jahres nach Beginn der antimykobakteriellen Behandlung ein Arzneimittelexanthem (Leprareaktion vom Typ 2), das als Erythema nodosum leprosum (ENL) bezeichnet wird. Tritt das ENL während der antilepromatösen Therapie auf, muss diese fortgeführt werden. War die Lepratherapie dagegen schon beendet, besteht keine Indikation für eine erneute antilepromatöse Therapie, da ein ENL nicht mit einer Reaktivierung der Infektion gleichzusetzen ist.

Neben Thalidomid werden zur Therapie des ENL Corticosteroide in einer Dosis von maximal 1 mg/kg KG für 12 Wochen verabreicht. Wenn Corticoide alleine nicht ausreichen oder kontraindiziert sind, kann nach Empfehlung der WHO Clofazimin wie folgt verabreicht werden: dreimal täglich 100 mg Clofazimin für maximal drei Monate, danach Dosisreduktion auf zweimal täglich 100 mg für weitere drei Monate und anschließend einmal täglich 100 mg für 12 bis 24 Wochen. Mit einem Wirkungseintritt von Clofazimin ist nach vier bis sechs Wochen zu rechnen, die gesamte Therapiedauer sollte 12 Monate nicht übersteigen.

Benötigt der Arzt zur Behandlung einer schweren ENL-Reaktion Clofazimin, muss er dieses ebenfalls per Fax bei der WHO in Genf anfordern. Das Präparat wird ihm in der erforderlichen Menge zugesandt (Packungen mit 1000 Kapseln zu 50 mg oder mit 500 Kapseln zu 100 mg).

Bezug zum Off-label-Gebrauch

Außer zur Therapie der Lepra wird Clofazimin ­ obwohl dafür nicht zugelassen (Off-label) ­ auch bei verschiedenen schweren Hauterkrankungen (zum Beispiel Lupus erythematodes, Pyoderma gangraenosum oder Cheilitis granulomatosa) eingesetzt. Im Rahmen des Off-label-Use kann das Arzneimittel in Ausnahmefällen auch direkt bei Novartis bezogen werden. Die Abgabe erfolgt kostenfrei.

Anfragen nach Clofazimin sind direkt an Novartis Pharma GmbH zu richten: Medical Competence Center, Dr. Michael Fehst, Roonstraße 25, 90492 Nürnberg; Telefon: (01802) 23 23 00; E-Mail: infoservice.novartis@novartis.com.

Für Bestellungen (Fax, Brief oder E-Mail) werden folgende Daten benötigt: Indikation; Patienteninitialen; Geburtsjahr; Rezept mit Mengenangabe (1 Packung mit 100 Tabletten zu je 100 mg Clofazimin); Lieferadresse.

Das Rezept kann von einer Apotheke oder vom verordnenden Arzt an Novartis geschickt werden. Die Lieferung erfolgt primär an Apotheken, gegebenenfalls kann das Präparat auch direkt an Kliniken ausgeliefert werden, aber nie direkt an den Patienten. Da nur begrenzte Bestände vorhanden sind, erfolgt nur die Abgabe von einer Packung zu 100 Tabletten. Vermutlich wird zu einem späteren Zeitpunkt langfristig eine zentrale (europaweite) Abgaberegelung etabliert.

Was ist zu beachten?

Um eine maximale Resorption zu erreichen, sollten die Kapseln zu den Mahlzeiten oder mit Milch eingenommen werden. Nach Gabe von Clofazimin kann es zu Verfärbungen von Haaren, Bindehaut, Tränenflüssigkeit, Schweiß, Sputum, Urin, Faeces, Nasenschleim, Sperma sowie zu rötlicher bis bräunlich-schwarzer Verfärbung der Haut kommen. Die Patienten müssen über diese Komplikationen aufgeklärt werden, da sie sehr belastend sein können. Zwar sind die Hautverfärbungen reversibel, doch kann es Monate oder Jahre nach Beendigung der Therapie dauern, bis die Verfärbungen gänzlich abgeklungen sind.

  

Quellen:
E-Mail von Dr. Fehst vom 23.6.2005 und vom 27.6.2005.
Dt. Ärzteblatt 20 (2005) 1470.
Der Hautarzt Nr. 5 (2005) 478-479.
Arzneimittel-Kompendium der Schweiz (2004) 1494-1495.
www.who.int/lep/disease/disease.htm
www.who.int/lep/mdtfaq/mdt.htm

 

Ausrottung der Lepra dauert noch Jahrzehnte dpa  Die Ausrottung der Lepra dauert nach Ansicht der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) noch Jahrzehnte. Es gebe weltweit immer noch mehr als 500.000 registrierte Neuerkrankungen jährlich, sagte DAHW-Geschäftsführer Jürgen Hammelehle.

Zwischen zwei und vier Millionen Menschen litten unter Behinderungen, wie der Verstümmelung von Händen und Füßen, die aus der Bakterienerkrankung resultieren. Dabei sei Lepra mittlerweile relativ leicht mit Antibiotika heilbar. Allerdings lassen sich laut Hammelehle nur wenige rechtzeitig behandeln. »15 Prozent der Kranken, die zum Arzt gehen, haben schon eine Behinderung«, schätzt er. Die DAHW will als weltweit größtes Leprahilfswerk helfen, die Kranken von ihrem Stigma zu befreien. »Die Menschen müssen lernen, Lepra als eine normale Krankheit zu akzeptieren.«

Die DAHW, die 1957 als Deutsches Aussätzigen-Hilfswerk gegründet wurde, betreute im vergangenen Jahr rund 94.000 Lepra-Patienten in mehr als 40 Ländern. Das Hilfswerk leistet Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung, unterstützt einzelne Lepra-Hospitäler und betreut durch die Krankheit behinderte Menschen. Es finanziert sich hauptsächlich aus Spenden.

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