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Milliarden-Poker um Hexal

07.02.2005  00:00 Uhr
Pharmaindustrie

Milliarden-Poker um Hexal

von Thomas Bellartz, Berlin

Im Niemandsland von Gerüchten und Vermutungen sind die Übernahmespekulationen um den Generikahersteller Hexal anscheinend stecken geblieben. »Kein Kommentar« heißt es dort – auch wenn Novartis gern forscher wäre.

Kaum ein deutscher Pharmahersteller steht so oft im Mittelpunkt von Gerüchten wie Hexal. In den vergangenen Tagen haben sich diese Spekulationen allerdings derart verdichtet, dass zumindestens ein Fünkchen Wahrheit dran sein dürfte. Die langwierigen Verhandlungen mit dem Pharmariesen Novartis um eine Übernahme waren am Dienstagabend nicht in trockenen Tüchern. Unterschiedliche Preisvorstellungen sorgten für neuerliche Turbulenzen, hieß es.

Erfolgsgeschichte

Keine Frage: Die Hexal-Gründer und -Eigentümer Dr. Andreas und Dr. Thomas Strüngmann ziehen die Aufmerksamkeit der Wirtschaftspresse, aber auch anderer Unternehmen permanent auf sich. Das konsequent wachstumsorientierte Unternehmen schreibt eine Erfolgsgeschichte par excellence – und einem Kapitel folgt das nächste. Der Stoff scheint dem Management nicht auszugehen. Und es macht alles andere als den Anschein, als dass sich dies in absehbarer Zeit ändern dürfte.

Mit einer geschickten wie konzentrierten Konzernführung haben es die Brüder geschafft, in einem nicht immer einfachen Marktumfeld, umgeben von Konzentrationserscheinungen und Konsolidierungen einen rapide und wohl auch gesund wachsenden Arzneimittelhersteller zu formen. Den Strüngmanns war insbesondere in den vergangenen Jahren immer wichtig zu betonen, dass das reine Nachahmen nicht der Weisheit letzter Schluss sei. Bei Hexal sagt man gerne und nicht nur nebenbei, dass man forscht und selbst entwickelt – und sich alleine deswegen nur ungern mit dem deutschen und internationalen Konkurrenten Ratiopharm vergleichen lassen will.

Neben dem klassichen Generikasegment bedient Hexal in seiner Unternehmensgruppe längst mehr, als sich Patienten und Apothekern auf den ersten Blick erschließt. In weit mehr als 40 Ländern hat sich das Unternehmen aufgestellt. Und genau das macht Hexal so interessant für Menschen wie Daniel Vasella.

Der wache Vorstandschef des Pharmariesen Novartis kann sich grundsätzlich über den Erfolg seines Konzerns nicht beklagen. Aber manchem Analysten fehlte zuletzt die Fantasie für mehr. Jenseits der schon ewig penetrierten und längst langweiligen Fusionsgedanken, die sich auf den Nachbarn Roche fokussieren, muss sich Vasella umschauen. Grund zur Unruhe hat der Novartis-CEO zwar nicht. Aber zumindest im Generikasegment könnte sich ein herzhafter Zukauf als die rechte Maßnahme zum rechten Zeitpunkt erweisen. Während das Handelsblatt und die Financial Times Deutschland am Dienstag im Gleichschritt die Gerüchteküche mit Informationen von Branchenkennern und Analysten befeuerten, bleibt man insbesondere bei Hexal gelassen. Die Avancen anderer Konzerne sind kaum überschaubar, so zahlreich waren sie in den vergangenen Jahren. Und auch wenn Dr. Thomas Strüngmann im Interview mit der »Welt am Sonntag« geschickt von der »Entstrügmannisierung« der Hexal fabuliert, bedeutet das nicht, dass sich die Brüder bereits innerlich von ihrer Hexal verabschiedet haben.

Und so dürfte hinter den Gerüchten nicht zuletzt Novartis stecken. Stellt sich die Frage: Wer könnte was aktuell besser brauchen? Hexal einen Käufer? Oder Novartis einen attraktiven Fisch im Netz?

Die Tatsache, dass Strüngmanns auf den angekündigten, aber geld- wie zeitraubenden Börsengang bisher verzichteten, verdeutlicht, dass man vielleicht doch Angst hat, der Trennungsschmerz vom jahrelang gepäppelten Baby Hexal könne allzu arg werden.

Und – nicht anders als bei der steten Diskussion um den Börsengang, verhilft der Marke Hexal – ebenso jenseits von prominenten Bannerträgern wie Harald Schmidt oder Norbert Blüm, auch ein permanentes mediales Echo, die Schlagzeilen der Wirtschaftspresse zu füllen. Das Konzept dürfte – wenn es denn eines wäre – einmal mehr aufgegangen sein.

Und auch wenn Novartis – oder die israelische Teva – mit geschätzten drei Milliarden Euro die Strüngmanns zum Verkauf überreden sollte; so ist doch klar, dass mit den Zwillingen das Unternehmen Hexal nicht nur den ambitionierten Herrn, sondern auch den erfolgreichen Meister verliert. Da wird bereits kolportiert, einer der beiden Brüder habe keine rechte Lust mehr auf den Stress, oder beide verkaufen, aber bleiben dem Unternehmen noch zwei Jahre erhalten. Vielleicht werden auch nur Teile des Unternehmens verkauft; und mit dem schönen Rest sorgen die Köpfe weiter im Markt für allerlei Ungemach.

Kombi-Präparat Sandoz/Hexal

Egal, was an den Gerüchten dran ist: Die rückwärts gewandte Integration von Sandoz ist für Novartis schwieriger als erwartet. Und gerade in Deutschland dürfte sich das Unternehmen schwer verschätzt haben. Die Anstrengungen der deutschen Sandozsektion sind durchaus maximal – aber jenseits einer eher mittelmäßigen Positionierung ist bislang nichts herausgekommen. Man ist unter den Erwartungen geblieben. Der Markt ist schwierig, die Konkurrenten schier übermächtig.

In der deutschen Novartis-Zentrale in Nürnberg ist man darüber wenig glücklich – das Engagement bei Sandoz hin oder her. Und in der Novartis-Konzernzentrale in Basel stehen die Deutschen wegen der drängelnden Gesundheitspolitik ohnehin unter ständigem Generalverdacht. Die drei größten deutschen Generikahersteller bauen ihre Marktanteile sukzessive aus, haben mit ihren im Markt platzierten Tochterunternehmen Möglichkeiten, von denen Sandoz hier zu Lande nur träumen kann.

Trotz alldem: Vasella könnte vor Kraft platzen – und eine erfolgreiche Übernahme und in der Folge eine nicht minder erfolgreiche Integration würde dem Konzern nicht schlecht anstehen. Kapital ist reichlich vorhanden. Und die Dementis aus dem Novartis-Umfeld sind mit Blick auf Hexal reichlich dünn.

Klar ist nur: Sollte es tatsächlich konkrete Verhandlungen zwischen Novartis und Hexal geben – bis Dienstag abend waren die Aussagen in Holzkirchen hierzu fundamental unterschiedlich zu denen aus dem Novartis-Umfeld. Und so wollten noch nicht einmal die selbst ernannten Experten ein Scheitern ausschließen. In der Familie Strüngmann prüfe man weiterhin alle Optionen. Zeit lassen können sich die Manager ohnehin. Sie stehen nicht wirklich unter Druck. Die nächsten Jahre dürften von einem rasanten Marktwachstum geprägt sein. Bei Hexal hat man viel vor. Gut möglich, dass man einmal mehr die Lust verliert, erneut Optionen zu prüfen.

Im Ausland stark zugelegt

Hexal hat im vergangenen Jahr dank eines Wachstums im Ausland von 50 Prozent die Einbußen auf dem deutschen Markt ausgleichen können. Strüngmann sagte der Tageszeitung »Die Welt«, die Gesundheitsreform und der damit verbundene Zwangsrabatt von 16 Prozent hätten Hexal 40 Millionen Euro gekostet und dazu geführt, »dass nur das Auslandsgeschäft die Entwicklung in Deutschland noch ausgleichen konnte«.

Das Geschäft im Inland habe sich weniger erfreulich entwickelt als im Ausland. Schuld sei neben dem Zwangsrabatt in erster Linie die Rabattschlacht zwischen den drei großen Generika-Anbietern Stada, Hexal und Ratiopharm im ersten Halbjahr 2004 gewesen. Der Preiskampf habe sich glücklicherweise nicht weiter verschärft, sagte Strüngmann. Daher sei in Deutschland trotz der Saturierung des Marktes »immer noch Wachstum möglich – das Potenzial wird auf insgesamt rund zwei Milliarden Euro geschätzt«. Die Annahme, dass es auf dem deutschen Markt mittelfristig nur noch maximal zehn von derzeit etwa 30 Generika-Firmen geben werde, sei »noch optimistisch«. Top

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