Wirtschaft & Handel
Nonverbal und doch vokal
Wie reagiert Ihr autonomes
Nervensystem, wenn man Sie in militärischem Ton
anbrüllt: Jetzt beruhigen Sie sich! Wie schafft es eine
Mutter, ihr Baby tatsächlich zu beruhigen, ohne daß es
die Bedeutung von Worten versteht? Der Ton macht
die Musik" ist das zutreffende Sprichwort für
solche Situationen.
Ob der Patient Arztpraxis und Apotheke als
angenehme oder eher bedrohliche Orte empfindet, hängt
zum Großteil vom Gesamteindruck ab. Die Fachkompetenz
der Heilberufler spielt dabei jedenfalls eine
untergeordnete Rolle. Vielmehr beeindruckt Hinwendung
durch das medizinische und pharmazeutische Personal.
Gerade die nonverbalen Zeichen geben Auskunft. Während
der erste Eindruck durch Körpersprache, Kleidung oder
Einrichtung geprägt wird, bleibt die Bedeutung der
vokalen nichtsprachlichen Anteile im Laufe eines
Gesprächs ziemlich konstant. Der Tonfall, die
Sprachmelodie, Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke,
Aussprache, Lachen, Seufzen oder Laute wie
mhm" sind vokale nonverbale Äußerungen. Der
Kommunikationspartner kann dadurch erkennen, ob ihm Zu-
oder Abneigung entgegenschlägt. Er assoziiert Wärme
oder Kälte, Anziehung oder Abstoßung.
Als Berater sollten Sie folgende Punkte beachten:
Sprechen Sie nicht zu schnell, sonst erwecken Sie den
Eindruck, sie wollen einen Monolog führen. Gerade
Verkäufer mit ausgezeichneten Produktkenntnissen neigen
dazu, den Kunden in kurzer Zeit mit zu vielen
Informationen zu überschütten. Dieser kommt nicht mehr
zu Wort. Ausreichend lange Pausen zwischen den Sätzen
ermuntern den Kunden zur Gegenfrage. Eine zu hohe, zu
laute oder angespannte Stimme läßt auf Unsicherheit
oder Aufregung schließen. Der Kunde zweifelt dann
vielleicht an der Produktempfehlung. Artikulieren und
betonen Sie exakt, damit erhöhen Sie die
Verständlichkeit Ihrer Aussage. Empfindet der
Gesprächspartner eine Störung auf der Beziehungsebene,
achtet er mehr auf den Tonfall als auf den Inhalt einer
Nachricht. So etwa wird eine Entschuldigung erst durch
den entsprechenden Tonfall als solche erkannt und
akzeptiert. Beim Telefonieren hat die nonverbale vokale
Kommunikation eine herausragende Bedeutung. Das Lächeln
kann nur über den freundlichen Klang der Stimme
übermittelt werden.
Der Einfluß des nonverbalen Verhaltens wird in der
Medizin deutlich. Ein Arzt, der einem Arzneimittel
vertraut und entsprechende Erwartungen an die Therapie
knüpft, beeinflußt damit die Wirksamkeit des
Arzneimittels. Er stellt zwischen Medikament und Patient
eine positive Beziehung her. Das Unterbewußtsein des
Patienten wird positiv beeinflußt. Auch der Apotheker
kann im Beratungsgespräch die Vorteile der Behandlung
herausstreichen und so den Patienten von der
Notwendigkeit der Medikation überzeugen. Diese
Auswirkung des Unbewußten auf den Therapieverlauf zwingt
die moderne klinische Forschung, die
"Netto"-Arzneimittelwirkung in
Doppelblindstudien zu untersuchen.
PZ-Artikel von Thomas Wurm, Passau
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