Biotech-Firmen fordern zentrale Zulassungsbehörde |
16.08.1999 00:00 Uhr |
Eine zentrale europäische Zulassungsbehörde für gentechnisch veränderte Produkte fordert die deutsche Biotechnik-Branche. "Wir fürchten die Entscheidung einer unabhängigen Behörde nicht", sagte Pol Bamelis, Vorsitzender des Deutschen Industrieverbandes Biotechnologie (DIB) am 12. August in Frankfurt am Main. Dem Verband gehören rund 130 Mitgliedsunternehmen an.
Als Vorbild für die EU-Behörde nannte Bamelis die amerikanische Food and Drug Administration (FDA). Die deutsche Biotechnik-Branche habe zwar auf dem Arbeitsfeld Medizin inzwischen deutlich aufgeholt, aber in der sogenannten grünen Gentechnik - der Entwicklung gentechnisch veränderter Pflanzen - bewege sich zurzeit in Europa nichts. Weil die Diskussion über eine neue europäische Freisetzungsrichtlinie für gentechnisch veränderte Organismen noch immer nicht abgeschlossen sei, bestehe de facto ein Moratorium bei der Zulassung neuer Produkte.
Seit über einem Jahr sei in der EU keine Zulassung mehr erteilt worden, beklagte Bamelis, der im Bayer-Vorstand für die Forschung verantwortlich ist. "Dieser Zustand ist für die betroffenen Unternehmen unhaltbar." Dabei biete die "grüne Gentechnik" nicht nur die Lösung für die weltweite Ernährungsfrage, sondern sei auch für die Entwicklung und Produktion von Medikamenten in Pflanzen vielversprechend.
In Deutschland gibt es nach Erhebungen des DIB rund 220 kleine Firmen mit bis zu 500 Beschäftigten, die sich ausschließlich mit Biotechnik befassen. Sie betreiben vor allem Auftragsforschung, Qualitätskontrolle und Analytik für die großen Chemieunternehmen. Im Vergleich zu 1997 wuchs die Zahl der Firmen um 50. Die Zahl der Mitarbeiter erhöhte gleichzeitig um 30 Prozent auf rund 5200, der Umsatz kletterte um 39 Prozent auf 800 Millionen DM. Die großen Chemie- und Pharmakonzerne, die sich nicht ausschließlich mit Biotechnologie beschäftigen, sind in dieser Statistik nicht enthalten.
Deutschland ist 1998 zahlenmäßig hinter Großbritannien auf Platz zwei in Europa vorgerückt, sagte Bamelis. Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten zeige sich aber ein anderes Bild: Die deutschen Biotech-Firmen hätten nur 11 Prozent des Umsatzes in Europa erzielt, da die meisten von ihnen noch relativ jung und wirtschaftlich noch nicht gefestigt seien. Dies sei eine Folge des verzögerten Biotechnologie-Aufschwungs.
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