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Eine starke Verbindung

14.07.2003  00:00 Uhr
Freiwahl

Eine starke Verbindung

von Henning Meyer, Genf

Die von der Politik verschärften wirtschaftlichen Bedingungen zwingen heute fast jede Apotheke, geeignete Schritte einzuleiten, um ihr Betriebsergebnis in den Griff zu bekommen. Den Ertragsverlusten allein mit einer Kostensenkung zu begegnen, wäre dabei zu kurz gegriffen.

Der Weg der Kostensenkungen ist begrenzt, er darf die Apotheke nicht zur Abrüstung ihrer Leistungskraft und damit in die Defensive führen. Gefragt sind deshalb auch Maßnahmen, um zusätzliche Umsatz- und Ertragspotenziale zu erschließen. In der Freiwahl finden sich solche Möglichkeiten.

Freiwahl als Chance

Die Freiwahl ist insbesondere aus zwei Gründen ein idealer Ansatzpunkt für eine Gewinnsteigerung: Erstens: Die Apotheke ist hier nicht den Einflüssen der Politik ausgeliefert, sondern kann wesentliche Erfolgskriterien (wie Sortimentsgestaltung und Preisstellung) selbst bestimmen und somit ihre Marge aktiv steuern. Zweitens: Trotz hart umkämpfter Märkte lässt sich der Freiwahl-Umsatz in beinahe jeder Apotheke erheblich steigern. Wenn die Apotheke ihre stärksten Trümpfe richtig ausspielt, kann das Freiwahl-Sortiment einen wertvollen Beitrag zum betriebswirtschaftlichen Ergebnis leisten. Der Schlüssel dazu liegt in der pharmazeutischen Kompetenz der Apotheke und ihrem hervorragenden Ansehen in der Bevölkerung.

Die Apotheke steht hoch in der Gunst der Konsumenten. In Umfragen erhält sie seit Jahren hervorragende Imagewerte, von denen andere Unternehmen nur träumen können. Worauf ist dieses hohe Ansehen zurückzuführen? Es beruht auf den hervorragenden Leistungen, die die Apotheken ihren Kunden bieten. Kompetenz, Beratung, Freundlichkeit sowie Verfügbarkeit von Medikamenten sind die bei Kundenbefragungen am häufigsten genannten Erwartungen an die Apotheke.

Die Apotheke ist also eine überaus starke Marke, deren Wettbewerbskraft in einer 800-jährigen Geschichte aus ganz spezifischen Leistungen aufgebaut wurde. Die Marke „Apotheke“ verfügt über 100 Prozent Bekanntheit und einen immensen Vertrauensvorschuss ihrer Kundschaft. Jeder einzelne Kunde, der eine Apotheke betritt, ist von dieser positiven Vorstellung und diesem Vertrauen erfüllt.

Dieses „Vertrauenskapital“ kann so eingesetzt werden, dass es stärker als bisher dem Absatz der frei verkäuflichen Produkte zugute kommt – vorausgesetzt, die Apotheke schließt auch im Freiwahl-Bereich mit ihren Leistungen an jene Erwartungen an, die die Konsumenten unter dem Begriff „Apotheke“ gespeichert haben.

Von besonderer Bedeutung für das Ansehen der Apotheke ist ihre pharmazeutische Kompetenz, die im gesamten Markt eine einzigartige Leistung darstellt. Diese Kompetenz ist keinesfalls auf das Arzneimittel-Sortiment beschränkt: Auch zu frei verkäuflichen Produkten kann ein Apotheker seinen Kunden eine seinem Fachwissen entsprechende Beratung bieten, die es in dieser Form anderswo nicht gibt.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist es also, die originäre Stärke der Apotheke auf alle Sortimente zu übertragen und Freiwahl-Produkte so zu verkaufen, wie es nur eine Apotheke kann. Dies geschieht in erster Linie durch den Einsatz von Fachwissen, gezielte Beratung zur Spezifik der Produkte und persönlichen Kundenkontakt.

Auch die Zusammenstellung des Sortiments, die Gestaltung des Verkaufsraums und die Umgangsformen des Personals spielen eine wichtige Rolle. Die beabsichtigte Übertragung von Kompetenz ist als eine umfassende Gestaltungsaufgabe zu verstehen. Die Besonderheit der Apotheke muss in allen Leistungsfacetten für den Kunden erlebbar werden. An jedem Detail sollte der Kunde erkennen, dass er sich in einer Apotheke befindet.

Zusätzlichen Auftrieb erhält eine aktive Freiwahl-Strategie durch das allgemein wachsende Gesundheitsbewusstsein und den Trend zur Selbstmedikation. Dieses Feld sollten die Apotheken nicht dem Handel überlassen, sondern es mit ihren eigenen, qualitativen Mitteln besetzen. Gerade in der gegenwärtigen Krisensituation sollte man sich dies vergegenwärtigen: Die Apotheke verfügt durchaus über eigene Mittel, um sich mit Freiwahl-Sortimenten im Wettbewerb zu behaupten. Es gibt für die Apotheke keinen substanziellen Grund, sich gegenüber Drogeriemärkten und Discountern in der Defensive zu fühlen oder sogar deren Methoden zu kopieren.

Die Aufgabe der Apotheke ist es, die eigenen Stärken und Qualitäten – die von den Konsumenten anerkannt und geschätzt werden – optimal zur Wirkung zu bringen. Wer sein Heil in der preisaggressiven Vermarktung sucht, begibt sich in höchste wirtschaftliche Gefahr – denn eine Apotheke kann sich auf Grund ihrer Kostenstruktur eine Preisschlacht mit Drogeriemärkten oder Discountern nicht leisten.

Je konsequenter diese apothekenspezifische, fachliche Ausrichtung erfolgt, desto größer wird der für den Kunden erlebbare Abstand zum Handel. Die Apotheke wird mit steigenden Freiwahl-Umsätzen also nicht einem Warenhaus ähnlicher; vielmehr dehnt sie ihre Charakteristik auf die neuen Sortimente aus und bleibt in ihrer einzigartigen Positionierung.

Apotheken-Teams sei daher empfohlen, folgendes zu bedenken: Die Apotheke hat grundsätzlich eine starke Wettbewerbsposition, denn wer gesundheitsfördernde Produkte mit höchster Beratungskompetenz verkauft, bietet dem Kunden einen einzigartigen Nutzen. Zudem liegt eine wertgerechte Vermarktung auch im Interesse der Konsumenten, denen mit einer leistungsstarken Apotheke mehr geholfen ist als mit Preis-Schnäppchen und der Annäherung an Gepflogenheiten des Handels. Billig-Produkte haben in der hochseriösen Umgebung einer Apotheke nichts verloren. Genauso gilt: Eine preisagressive Vermarktung passt nicht zum erstklassigen Image der Apotheke und wäre für die positive Außenwirkung kontraproduktiv. Nur auf qualitativ hohem Niveau kann das Freiwahl-Sortiment zu einer Rendite-Insel in der Apotheke werden und ein Gegengewicht zu den rückläufigen Erträgen im Verordnungsbereich bilden.

Lesen Sie in den kommenden PZ-Ausgaben, mit welchen konkreten Maßnahmen bei Beratung, Preispolitik, Sortiment und Warenpräsentation die Ertragspotenziale der Freiwahl optimal ausgeschöpft werden. Top

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