Wirtschaft & Handel
Volldampf
Pharmabörse
Die Aktienbörsen erhielten ein
weiteres Mal kräftige Zinsimpulse. Inzwischen vertreten
immer mehr Beobachter die Meinung, daß den europäischen
Notenbanken die dramatische Entwicklung an den
Arbeitsmärkten nicht gleichgültig sein kann. Die
daraufhin wieder aufflammende Zinsphantasie, die die
langfristigen Renditen in Deutschland auf ein Rekordtief
absacken ließ, sorgte für neue historische
Höchststände. Der unter Volldampf stehende Börsenzug
kam auch den Aktien der Pharmabranche zugute.
Deutschland
Die in den Vormonaten favorisierten Aktien der
Großchemie werden in den ersten Wochen des neuen Jahres
von den Anlegern eher stiefmütterlich behandelt. Ganz
offensichtlich wird das Kurspotential von Bayer, BASF und
Hoechst bei der Mehrzahl der Börsianer inzwischen als
begrenzt angesehen. Mehrere Banken nahmen eine
Herabstufung dieser Aktien vor. Die Titel konnten ihre
höchsten Kurse meist nicht behaupten.
Die Schering-Aktionäre können sich in den nächsten
Jahren auf weitere Dividenden-Anhebungen einstellen, wie
Finanzchef Klaus Pohle ankündigte. Für 1997 erwartet er
eine einstellige Steigerung der Gewinne. Schering werde
über Akquisitionen vor allem im Bereich Krebstherapie
weiter wachsen. Wer Schering übernehmen wolle, müsse
wohl einen Betrag von 12 bis 15 Milliarden DM zahlen,
kommentierte Pohle an den Börsen immer wieder
auftauchende Gerüchte einer Übernahme. Der Umsatz mit
dem MS-Mittel Betaferon ist nach Firmenangaben 1996 von
knapp 400 auf 535 Millionen DM gestiegen. Für 1997 wird
mit einem weiteren Anstieg auf 590 Millionen DM
gerechnet.
Nachdem Gehe die Übernahmeschlacht um Lloyds Chemists
gewonnen hat (siehe PZ 3/97, Seite 26), äußerte sich
die Unternehmensleitung positiv zu den voraussichtlichen
Auswirkungen dieses Schritts. Chef Dieter Kämmerer
erwartet eine 10prozentige Verbesserung des Gewinns vor
Steuern als Folge der Lloyds-Übernahme.
USA
An der US-Börse warteten die Investoren mit
Spannung auf die von der Pharmabranche vorzulegenden
Gewinnausweise für das vierte Quartal und für das
Gesamtjahr 1996. Insgesamt erfüllten sich hinsichtlich
der Firmen Abbott, Biogen und Pfizer dabei die
hochgesteckten Ertragserwartungen der Analysten, die
einen durchschnittlichen Anstieg der Quartalsgewinne um
rund 19,6 Prozent prognostiziert hatten.
Beachtung fanden an der US-Börse zudem Nachrichten der
FDA über die Zulassung neuer Medikamente im vergangenen
Jahr. Danach hat die Aufsichtsbehörde 139 neue
Arzneimittel zugelassen, was gegenüber dem Vorjahr einer
63prozentigen Steigerung entspricht.
Sonstige
Niederländischen Frauen
soll die von Akzo Nobel entwickelte Fruchtbarkeitspille
Puregon ab sofort zur Verfügung stehen, hieß es in
Arnheim. Sie soll laut Firmenangaben gegenüber dem
Konkurrenzprodukt Organon einige wesentliche Vorteile
aufweisen Akzo hat darüber hinaus von der britischen
Scholl das Hautmittel Septivon erworben.
Finnlands Pharmagroßhändler Oy Tamro berichtet von
einem 23prozentigen Anstieg der 1996er Umsätze auf 13,2
Milliarden Finnmark. Das Ergebnis sei vor allem auch
durch Vorratskäufe der Schweden im Hinblick auf in 1997
wirksam gewordene neue Regeln im Hinblick auf staatliche
Arzneimittelerstattungen positiv beeinflußt worden.
Tamro verfügte eigenen Angaben zufolge auf dem
finnischen Großhandelsmarkt 1996 über einen Anteil von
63 Prozent.
Die schweizerische Roche Holding hat 1996 den Umsatz um
1,1 Prozent auf 15,96 Milliarden Franken gesteigert. Das
Unternehmen zeigte sich optimistisch, auch eine weitere
deutliche Zunahme des Konzerngewinns erreicht zu haben.
Höhere Umsätze meldet auch Ares-Serono. Weltweit hat
das schweizerische Unternehmen den Umsatz um 18 Prozent
auf 805 Millionen Dollar gesteigert. Erstmals seit
Existenz der Gesellschaft wurde in Nordamerika mit einem
Umsatz von 215,6 Millionen Dollar die 200-Millionen-Marke
übertroffen.
Die aus der Fusion von Ciba-Geigy und Sandoz
hervorgegangene Novartis beabsichtigt die vollständige
Übernahme von SyStemix. Den Aktionären der
US-Gesellschaft wurde ein Abfindungsangebot von 19,6
Dollar je Aktie unterbreitet. Novartis besitzt derzeit
bereits 73,2 Prozent der Stammaktien.
Belgiens Solvay hat die Restrukturierung ihrer deutschen
Pharmainteressen angekündigt. Hierzu meldete die
deutsche Tochter Einzelheiten. Herausragendes Merkmal ist
eine Aufteilung des Vertriebs- und Forschungsbereichs
(siehe Druckausgabe Seite 71).
PZ-Artikel von Jonas Dowen, New York
© 1996 GOVI-Verlag
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