Wirtschaft & Handel
Kundenmagnet Schaufenster
Obwohl das Schaufenster die
Visitenkarte einer Apotheke ist, wird auf seine
Gestaltung oft wenig Wert gelegt. Dekoriert wird immer
dann, wenn sich die dritte oder vierte Fliege vor lauter
Gram über die einfallslosen Gestaltungen in den Abgrund
der Auslagen stürzt. Das soll dank der Aktivitäten der
Apothekerverbände nun ganz anders werden.
1992 fragte das Allensbacher Institut: Was
mag der Deutsche am liebsten?" Gleich hinter
Blumensträußen nannten die Befragten an zweiter Stelle
das Schaufenster, noch weit vor dem Sonnenaufgang und den
Schwiegermüttern. Die Innenstädte verarmen ohne
Schaufenster; sie spiegeln Zeitgeist wider. Das moderne
Schaufenster dient als Kommunikator zwischen dem Kunden
und dem Verkäufer. Vor der Schaufensterscheibe findet
das erste Verkaufsgespräch statt. Als Visitenkarte eines
Betriebs muß es sich der klaren Kompetenzprofilierung
stellen. Aber wie?
Werbeziele
Die Schaufensterwerbung ist das Werbemittel
Nummer eins des Einzelhandels. Es gibt kaum einen
Unternehmer, der es nicht einsetzt. Dabei sollten alle
Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Profilschwache
Schaufensterwerbung ist ein absoluter Umsatzhemmer. Die
Werbebotschaft ist an die zu Umwerbenden zu richten, die
am ehesten den Erfolg garantieren. Also werbe ich in der
Heuschnupfenzeit nicht mit Erkältungsmitteln.
Was muß ich tun, um die dahinschleichenden Menschen zu
fesseln? Unser Gehirn ist nicht in der Lage, alle
einstürmenden Reize und Signale aufzunehmen und zu
verarbeiten. Um einen Impuls, etwa
"stehenbleiben" oder "hinsetzen"
auszulösen, haben wir maximal vier Sekunden Zeit.
Dadurch wird klar, wie wichtig Blickfang und
Blickführung sind, denn es ist durchaus von Bedeutung,
an welcher Stelle des Schaufensters wir Aufmerksamkeit
erregen.
Der sogenannte "Linksstart der Augen" ist ein
wichtiges Gesetz, das unbedingt berücksichtigt werden
muß. Wir können Informationen schneller von links nach
rechts als von rechts nach links erfassen. Das Auge
bewegt sich außerdem am liebsten auf waagerechten Linien
und zieht eine senkrechte Linie einer schrägen Linie
vor. Bei besonders komplexen Auslagen sollten Brücken
von einem Auslagepunkt zum anderen geschaffen werden, um
damit Hilfe zum Erfassen des Ganzen zu geben. Der
Blickfang ist der Magnet, er sollte aus weiter Entfernung
erkennbar sein.
Schaufenster sind ideale Ruheplätze in unserer
tempogeladenen Zeit. Sie gehören zu den Geburtsstätten
neuer Wünsche und gelten als Triebfedern unseres
Wohlstandes. Sie geben auch unseren Zeitgeist in jeder
Form wieder. Ob man mit dieser Aussage einverstanden ist
oder nicht, die meisten Betriebe haben die ungeheure
Werbekraft des Schaufensters und die darin liegenden
Chancen erkannt.
Es gibt unterschiedliche Schaufenstertypen. Da ist
zunächst das Kastenschaufenster, das mit geschlossenen
Seiten- und Rückwänden wie eine Bühne gestaltet werden
kann. Das Durchsichtfenster bietet einen Durchblick in
die Verkaufsräume. Ein Nachteil bei diesem Typ könnte
sein, daß sich der Kunde beobachtet fühlt.
Reihenschaufenster eignen sich besonders zur
umfangreichen Präsentation einer Warengattung. Bei
Eckschaufenstern kann die Ware sowohl von vorne als auch
von hinten betrachtet werden.
Die Vitrine hat durch den rundum verglasten Schauraum
einen sehr hohen Betrachtungsgrad. Außenvitrinen stehen
meist unabhängig vom Einzelhandelsbetrieb an exponierten
Stellen. Der Nachteil: Sie stehen nicht mit der
Verkaufsstelle in Verbindung. Zu nennen wäre noch die
Passage, die eine von Witterungseinflüssen geschützte
Zone bietet.
Ausstattung der Schaufenster
Um sich aus dem Dschungel des Überangebotes und der
optischen Gleichschaltung von Angebot und Umfeld
abzuheben, muß die Sortimentspräsentation als
Spiegelbild von Lebensqualität positiv herausgestellt
werden. Das Schaufenster soll den Betrachter veranlassen,
das Geschäft zu betreten und dann zum Kunden zu werden.
Einmal werden direkte Kaufimpulse ausgesandt, zum anderen
sollen die Betrachter gefesselt werden, die noch kein
festes Kaufziel haben.
Was sind die wichtigsten Funktionen des
Schaufensters?
O Es bietet
Informationen über besonders aktuelle Leistungen oder
Erfordernisse, zum Beispiel Hinweis auf Impfungen vor
Urlaubsreisen.
O Nicht nur
die Ware steht im Vordergrund, sondern die kreative
Leistung. Das Schaufenster wird zur Erlebniswelt.
O Das
Angebotsfenster bietet eine bestimmte Warengruppe immer
am gleichen Ort an.
O Das
Schaufenster dient der Darstellung des Produktnutzens.
O Das
Durchsichtfenster sollte nur eingesetzt werden, wenn
Fenster und Verkaufsraum eine Einheit bilden.
O Beim
Indoor-Window steht eine Lifestyle-Präsentation im
Vordergrund.
Möglichkeiten einer individuellen Gestaltung
Die Gestaltung sollte sich heute an spezifische
Zielgruppen richten. Darüber sind sich die Fachleute
einig. Es geht nicht mehr um eine mehr oder weniger
zufällige Präsentation, sondern um ein Arbeiten nach
Marketing-Erkenntnissen. Das Fachwort heißt AIDA und
steht für Attention plus Interest plus Desire plus
Action. Die Aufmerksamkeit soll erregt werden, um
Kaufinteresse zu wecken; der Kaufwunsch wird wach, der
potentielle Kunde betritt den Laden. Um das alles zu
erreichen, wollen wir die Dinge nicht dem Zufall
überlassen, sondern bedienen uns eines Dekoplanes, den
wir zu Beginn eines Jahres zum Beispiel anhand des
Dekokalenders der Apothekerverbände erstellen.
Noch ein paar Tips: Der Ideenfindung für eine effektive
Schaufenstergestaltung dienen Zeitungen und hier
insbesondere Apothekenkundenzeitschriften, die sich
dieses Themas verstärkt angenommen haben,
Informationsbroschüren der Industrie und Headlines.
Bevor neue Dekorationsstücke eingekauft werden, wäre
die Suche nach alten Gerätschaften im eigenen Keller
sicherlich sinnvoll. Die Absprache mit Kontaktapotheken
und der Austausch teurer Werbemittel sowie ihre
Wiederverwendung hilft gleichermaßen Kosten zu sparen.
PZ-Artikel von Rainer Suchsland, Mettmann
© 1996 GOVI-Verlag
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