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Keine Angst vor Plastikgeld

10.11.2003  00:00 Uhr

Kreditkarten

Keine Angst vor Plastikgeld

von Patrick Hollstein, Berlin

Die Kreditkarte begleitet die Gesellschaft nun schon seit 50 Jahren. Doch nun könnte das bequeme Zahlungsmittel für Apotheker zum Problem werden. Das Disagio droht ab In-Kraft-Treten des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) die Gewinnspanne für Arzneimittel aufzufressen. Damit das nicht passiert, verhandeln ABDA und DAV derzeit über eine Neugestaltung der Gebührenstrukturen.

Das bargeldlose Bezahlen mit Karte ist aus dem täglichen Leben kaum noch wegzudenken. Laut Bundesbank hat sich in Deutschland die Zahl der Kreditkartentransaktionen von 317 Millionen im Jahr 1998 auf 619 Millionen im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt. Der Einsatz von Debitkarten ist im gleichen Zeitraum von 676 Millionen auf fast 1,38 Milliarden Transaktionen gestiegen.

Auch in Apotheken haben sich Nachfrage und Umsatz mit Kreditkarten in den letzten Jahren vervielfacht. Bei der ConCardis GmbH, die nach eigenen Angaben 8055 Apotheken als Geschäftskunden für Kreditkartenakzeptanz betreut, verzeichnete man 2002 in deutschen Apotheken 893 998 Transaktionen. In diesem Jahr wurden bis Ende August bereits 523.681 Buchungen gezählt.

Aufbrauchbare Pappkärtchen

Im Jahr 1887 entstand in einem Roman des Science-Fiction-Autors Edward Bellamy die Idee des bargeldlosen Bezahlens mittels Karte. In der von ihm beschriebenen futuristischen Gesellschaft wird bei jedem Zahlvorgang ein Stück einer Pappkarte abgeschnitten – solange, bis sie schließlich aufgebraucht ist. 37 Jahre später bieten zwei amerikanische Firmen ihren Kunden dann tatsächlich die ersten Kreditkarten an.

Doch erst als im Jahr 1949 der Geschäftsmann Fran McNamara bei einem wichtigen Geschäftsessen sein Portemonnaie vergisst und in der Folge des peinlichen Ereignisses den Diners Club gründet, nimmt die Geschichte der Kreditkarte ihren Lauf. 1951, im Jahr der Einführung der MasterCard, hat Diners bereits 42.000 Mitglieder. 1958 treten mit American Express und dem Vorgänger von Visa Card die letzten beiden der heute führenden Wettbewerber auf den Markt. 1980 wird ein System einheitlicher Magnetstreifen eingeführt, eine Revolution auf dem Gebiet des bargeldlosen Zahlens. Denn die Streifen beenden die Einsatzbeschränkungen von Kreditkarten endgültig. Die Ableseprozedur der erhobenen Kartendaten gehört heute weitgehend der Vergangenheit an.

Bank-, Geld- und Kreditkarten

Es existieren im Wesentlichen drei unterschiedliche Kartensysteme auf dem deutschen Markt. Bankkarten, auch Debitkarten genannt, lösen sukzessive die ablaufenden EC-Karten ab. Seit dem Wegfall der Eurocheque-Garantie im Januar 2002 bot die EC-Karte gegenüber der Bankkarte keine entscheidenden Vorteile mehr. Beim elektronischen Lastschriftverfahren (POZ/ELV) zahlt der Kunde mit seiner Unterschrift. Eine Prüfung der Kontodeckung erfolgt in diesem Fall allerdings nicht. Zahlungen mit electronic cash erfordern die Eingabe einer persönlichen Geheimzahl (PIN) des Käufers. Mit dem Maestro-Verfahren können Bankkarten auch im Ausland eingesetzt werden.

So genannte Geldkarten sind ideale Zahlungsmittel für kleinere Beträge bis etwa 5 Euro, vor allem an Automaten. Der Kunde bezahlt direkt vom Chipguthaben; Unterschrift oder PIN-Eingabe sind nicht erforderlich.

Kreditkarten ermöglichen dem Kunden die Zahlung per Unterschrift. Der tägliche Verfügungsrahmen ist höher als bei Bankkarten und per Terminal wird die Zahlung überprüft. Karten der Marke Visa Electron können ausschließlich über ein solches Terminal für Kartenzahlungen akzeptiert werden.

Kartenzahlungen bieten nicht nur dem Kunden Vorteile. Händler sind wirkungsvoll vor Falschgeld geschützt und können ihren Kassenbestand reduzieren. Bei Online-Transaktionen mit PIN-Eingabe wird sofort auf Kontodeckung und Kartensperre geprüft. In diesem Fall besteht für den Händler eine Zahlungsgarantie.

Debitkarten für Händler preiswerter

Debitkarten seien nicht nur weit verbreitet, sondern auch sicher und kostengünstig für den Händler, macht Helmut Eßer, Abteilungsdirektor des Bereichs Vertriebssteuerung Electronic Banking bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, deutlich. Zusätzlich zur monatlichen Mietgebühr für das Terminal fallen eine geringfügige Transaktionsgebühr sowie Autorisierungs- beziehungsweise Sperrgebühren an (siehe Kasten).

Der Gegenwert wird bei einer Transaktion mit Debitkarte in der Regel schon wenige Tage nach dem Kassenabschluss auf dem Girokonto des Geschäftes gutgeschrieben.

 

Transaktionsgebühren Offline-Transaktion
Online-Transaktion 0,05 Euro
0,11 Euro Autorisierungsgebühren EC-cash

POZ/ELV
Maestro
GeldKarte

Kreditkarten
  0,3 Prozent vom Umsatz, mindestens 0,08 Euro
0,05 Euro
0,95 Prozent vom Umsatz
0,3 Prozent vom Umsatz, mindestens 0,01 Euro
abhängig von Gesellschaft, Branche und Umsatz

 

Die Akquisitionsgesellschaften der Kreditkartenunternehmen erheben individuelle Bearbeitungs- und Garantiegebühren für jede Transaktion. Die Höhe dieses Disagios ist bei den einzelnen Unternehmen unterschiedlich und hängt wesentlich von der Branche und vom Jahresumsatz des Geschäftskunden ab. Hier sei man als Dienstleistungsunternehmen des Gesundheitswesens zwar relativ gut positioniert, so Eßer. Im Regelfall betrage der Abschlag aber immerhin zwischen 2,5 und 4 Prozent des Rechnungsbetrags. Eßer empfiehlt daher, bei bargeldlosen Zahlungen aktiv beim Kunden das Vorhandensein einer Debitkarte zu erfragen.

Gelegentlich besteht jedoch der explizite Kundenwunsch, mit Kreditkarte zahlen zu wollen. In touristischen Zentren kann es von Vorteil sein, neben den Standardkreditkarten Visa und MasterCard auch die seltener vorkommenden Marken JCB oder American Express (AMEX) zu akzeptieren.

Rahmenverträge für Mitglieder

Seit fast drei Jahren bietet beispielsweise der Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg seinen Mitgliedern auf der Grundlage eines Rahmenvertrages Sonderkonditionen bei Kreditkarten-Disagios. Das Angebot sei gut angenommen worden, meint Barbara Raupp vom LAV. Vor allem im letzten Halbjahr sei das Bewusstsein für das Thema bei den Apothekern gewachsen. Entsprechend viele Mitglieder hätten als Neukunden die Service-Dienstleistung in dieser Zeit in Anspruch genommen. Auch beim LAV warte man jedoch auf eine bundesweit einheitliche Regelung, so Raupp. Es gehe schließlich nicht nur um Prozente.

Das Disagio für Kreditkartentransaktionen zehrt mit In-Kraft-Treten der neuen Preisbildung für Arzneimittel vor allem im hochpreisigen Bereich beträchtlich an der Spanne der Apotheken. Aus diesem Grund verhandeln ABDA und DAV derzeit mit den Akquisitionsgesellschaften der Kreditkartenunternehmen.

Etwa die Hälfte aller öffentlichen Apotheken in Deutschland sei von dem Problem betroffen, sagt Dr. Eckart Bauer von der Abteilung Wirtschaft und Soziales bei der ABDA. Man habe daher den führenden Vermittlern von Kartenakzeptanz in Deutschland das Problem geschildert. Die angesprochenen Firmen hätten weitgehend Verständnis gezeigt, dass die Struktur der Gebühren zukünftig nicht mehr funktioniere. Verschiedene Modelle zur Entgeltung werden laut Bauer derzeit von den Anbietern erarbeitet und geprüft.

Man verstehe die Not der Apotheken, meint Berit Temmeyer von der ConcCardis GmbH. Als Vermittler von Kartenakzeptanz müsse man jedoch die in einem neuen Vertragsmodell wegbrechenden Gewinne aus der eigenen Marge finanzieren. Andererseits gebe es natürlich auch ein eigenes Interesse, die Akzeptanz von Kreditkarten in der Apotheke aufrecht zu erhalten, versichert Temmeyer.

ConCardis wird in wenigen Wochen der ABDA ein Vertragsmodell vorlegen, das ab dem 1. Januar 2004 in Kraft treten kann (siehe Kasten).

 

Neue Disagio-Staffel und Payback-System Ende November wird die ConcCardis GmbH der ABDA ein neues Konzept zur Erhebung der Gebühren bei Kreditkartenzahlungen vorlegen.

Kernpunkt des neuen Modells sei eine neue Disagio-Staffel, erläuterte Berit Temmeyer von ConCardis gegenüber der PZ. Zwar sei auch bislang für den Geschäftskunden bei einer Kreditkartentransaktion ein umsatzbezogener Gebührensatz angefallen. In Zukunft solle jedoch jede Apotheke selbst aktiv mitbestimmen, welches Disagio für sie in Frage kommt. „Je höher der Umsatz mit Kreditkartenzahlungen, desto geringer der individuelle Disagio-Satz“, so Temmeyer.

Für Apotheken mit einem monatlichen Kreditkartenumsatz von bis zu 5000 Euro wird ein Festbetrag, eine so genannte Flatrate, angeboten. Im Kreditkartenbereich umsatzstärkere Apotheken können von einem stufenweise günstiger werdenden Disagio profitieren. Der neue Staffeltarif soll unterhalb von 3 Prozent beginnen. Bislang hatten nur vereinzelt Apotheken einen solchen Satz vertraglich vereinbaren können. Temmeyer geht davon aus, dass in Zukunft das Vorhandensein einer Kreditkarte beim Kunden sogar aktiv durch den Händler erfragt werden könnte.

Aufschläge müssen laut der Sprecherin von ConCardis bei kostenintensiven Nachbearbeitungen, beispielsweise bei Abrechnung per Papierhaft, in Kauf genommen werden. Ein leichter Abschlag falle darüber hinaus bei der Wahl größerer Abrechnungszeiträume an. Üblich sei ein wöchentlicher oder sogar täglicher Turnus, so Temmeyer. Für laufende Verträge bestehe die Möglichkeit zur Anpassung an die neue Staffel.

Concardis will auch durch Zusatzangebote die Attraktivität des Kreditkartengeschäfts steigern. So soll laut Temmeyer ein Angebot zur Bereitstellung der notwendigen Hardware aufgebaut werden.

Ein weiterer zentraler Punkt des Konzepts sei die Entwicklung eines neuen Programms zur Kundenbindung. Ähnlich dem Payback-System großer Kaufhäuser soll der Kreditkartenbesitzer bei Einkäufen in einem dem Netzwerk angehörenden Unternehmen mit Treueboni belohnt werden. Gegen eine geringe Gebühr könne sich in Zukunft jedes mittelständische Unternehmen dem Konzept anschließen und dank Kartenzahlung von der Kundentreue profitieren, so Temmeyer. Das System soll branchenübergreifend eingeführt werden. Im Rahmen der neuen Disagio-Staffel werden die deutschen Apotheken jedoch die ersten Geschäftskunden sein, denen die ConCardis ein entsprechendes Angebot unterbreiten will.

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