Pfizer ist »nur die Speerspitze« |
25.07.2005 00:00 Uhr |
Der PZ-Bericht über die Vertriebspläne des weltgrößten Pharmakonzerns Pfizer hat Wellen geschlagen. Deutlich wurde in den vergangenen Tagen, dass auch andere Konzerne ihre Distributionsstrukturen ändern wollen.
Die PZ hatte in der vergangenen Woche darüber berichtet, dass sich Pfizer bereits seit Monaten um eine neue Vertragsebene mit deutschen Pharmagroßhändlern bemüht. Ziel ist nach Ansicht verschiedener Branchenkenner eine langfristige Veränderung der heutigen Vertriebsstruktur. Mit welcher Stärke Pfizer in solche Verhandlungen treten kann, machten auch die Veröffentlichungen der jüngsten Geschäftszahlen deutlich. Demnach hat das Unternehmen im zweiten Quartal mit Hilfe seines Spitzenmedikaments Lipitor eine kräftige Gewinnsteigerung verbucht. Der Umsatz mit dem Cholesterin-Senker legte gegenüber dem Zeitraum April bis Juni 2004 um 21 Prozent auf 2,9 Milliarden Dollar zu. Damit blieb Lipitor das umsatzstärkste Medikament der Welt.
Der Pfizer-Quartalsumsatz stieg zwar nur um 1 Prozent auf 12,4 Milliarden Dollar (10,2 Milliarden Euro), wie mitgeteilt wurde. Aber Pfizer verdiente im gleichen Zeitraum 3,4 Milliarden Dollar. Das sind 21 Prozent mehr als im zweiten Quartal 2004. Der Gewinn pro Aktie lag bei 47 (Vorjahr: 38) Cent je Aktie. Pfizer setzte im ersten Halbjahr 25,5 (24,8) Milliarden Dollar um und verdiente 3,8 (5,2) Milliarden Dollar oder 51 (68) Cent je Aktie.
Pfizer will im Rahmen eines weit reichenden Sparprogramms bis 2008 vier Milliarden Dollar an jährlichen Kosten sparen. Das Sparprogramm wird die in New York ansässige Gesellschaft bis 2008 insgesamt vier bis fünf Milliarden Dollar kosten. Pfizer erwartet für das laufende Jahr einen Gewinn von 1,24 Dollar je Aktie gegenüber einer bisherigen Prognose von 1,04 Dollar je Aktie. Der operative Gewinn dürfte 1,98 Dollar erreichen. Pharmagroßhändler und auch Apothekerinnen und Apotheker fürchten erhebliche Folgen, falls sich Pfizer mit seinem Modell durchsetzen sollte. Wie sehr der Weltkonzern ähnlich wie andere Unternehmen der Branche bestrebt ist, die Vertriebskanäle en detail zu kontrollieren, verdeutlichen die jüngsten Entwicklungen rund um das Präparat Lyrica. Mit scharfen Kontingentierungen will Pfizer »den Export ins Ausland kappen«, wie es in einem Memo an die Regionalleiter in Deutschland von Ende Juni heißt. Großhandels- und Herstellerinteressen prallen aufeinander. Darunter leiden Apotheken sowie deren Kunden. Obwohl Pfizer die 100-prozentige Lieferfähigkeit betont, wolle man mit Direktbelieferungen an die Apotheken der Probleme Herr werden. Apotheken, die »über einen längeren Zeitraum von ihren Großhändlern kein Lyrica bekommen«, könnten zum Apothekeneinkaufspreis direkt in Karlsruhe bestellen. In dem Schreiben ist von einer »Rückmeldung durch die Ärzte« die Rede, auf deren Basis entsprechende Apotheken angesprochen werden sollten. Einen Rabatt für diesen »Notbehelf« solle es aber nicht geben.
Großhändler vermuten, dass der schwarze Peter nun ihnen zugeschoben
werden solle. Sie beklagen eine fortschreitende Kontingentierung der
Großhändler durch Pfizer. Dies beschränke sich aber nicht nur auf die
deutsche Tochter des Konzerns mit Sitz in Karlsruhe, sondern sei auch bei
anderen namhaften Herstellern festzustellen. Ein Großhändler, der nicht
genannt werden wollte, befürchtet eine künstliche Verknappung durch den
Hersteller einerseits und eine verstärkte Betonung des Direktvertriebs an
die Apotheken andererseits. »Die Folgen werden enorm sein und weder für
den Großhandel noch für die Apotheke positiv sein.«
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