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Pharmapolitik international

10.06.2002  00:00 Uhr

Pharmapolitik international

von Eckart Bauer, Liederbach am Taunus

Weltweit machen der Politik die steigenden Kosten im Gesundheitswesen und im Pharmamarkt zu schaffen. Die Versicherten bekommen das zu spüren.

Frankreichs Verschreibungsstatistik

In einer ersten Statistik der französischen Krankenversicherung für das Jahr 2001 wird unter anderem eine Auflistung der 100 am häufigsten verschriebenen Arzneimittel nach Packungszahl und Erstattungswert veröffentlicht. Danach gehen zwar circa 78 Prozent aller abgegebenen Arzneimittelpackungen auf Medikamente zurück, die zehn und mehr Jahre auf dem Markt sind. Auf sie entfallen aber nur 61 Prozent der Arzneimittelausgaben. Präparate, die höchstens drei Jahre auf dem Markt sind, machen nur 4,7 Prozent der Packungen, aber 9,7 Prozent der Erstattungen aus. Auf 1 Prozent der Arzneimittel entfielen 23,1 Prozent der Erstattungen, auf die bedeutendsten 10 Prozent zusammen 73,6 Prozent. Die 40 Prozent der Arzneimittel mit den geringsten Umsätzen verursachten zusammen 0,2 Prozent der Erstattungen.

Arzneimittel, die höchstens drei Jahre auf dem Markt sind, verursachten über 46 Prozent des Ausgabenanstiegs für Arzneien - obwohl auf sie nur 15 Prozent aller Arzneimittelausgaben entfielen. Die Gesamtausgaben der zulasten der Krankenversicherung verschriebenen Arzneimittel betrugen circa 20,2 Milliarden Euro, von denen aber fast 27 Prozent von den Patienten als Eigenbeteiligung zu tragen waren. In Frankreich sind - wie in Deutschland - Arzneimittelinnovationen die wesentlichen Verursacher höherer Arzneimittelausgaben.

Zur Apothekenstatistik

In Frankreich gab es 2001 insgesamt 66.694 eingetragene Apotheker(innen). Dies geht aus der Mitgliederstatistik des Ordre national des pharmaciens beziehungsweise der Französischen Apothekerkammer hervor. Ihre Zahl nahm um 1,9 Prozent zu. Neben den 27 493 Apothekenbesitzern sind 25 798 Pharmazeuten in den öffentlichen Apotheken angestellt. Circa 64 Prozent der Mitglieder sind weiblich und 36 Prozent männlich, wobei bei den Apothekenbesitzern das Verhältnis bei 53 Prozent Frauen und 47 Prozent Männern liegt. Von den 2300 Neumitgliedern sind 1666 oder über 72 Prozent Frauen.

658 ausländische Apotheker sind Mitglieder des Ordre - meist aus den ehemaligen Kolonien. 154 stammen aus Ländern der europäischen Union, darunter 23 Deutsche. Belgier dominieren mit 73 Mitgliedern.

2001 wurden in Frankreich 44 Apotheken neu eröffnet und 29 geschlossen, so dass die Zahl der öffentlichen Apotheken insgesamt um 15 auf nun 22 727 stieg. Die Zahl der Apotheken, die sich im gemeinsamen Besitz mehrerer Apotheker befinden, stieg um 4,3 Prozent auf 6028 an. Im Durchschnitt versorgt eine Apotheke 2575 Kunden. Auf jeden beschäftigten Apotheker entfallen 1173 Einwohner. Tendenziell ist die Zahl der Apotheken und Apotheker pro tausend Einwohner im Süden Frankreichs höher als im Norden und Osten des Landes. 28,2 Prozent aller Offizinen werden nur von einem Apotheker bedient, in weiteren 15,5 Prozent gibt es einen weiteren teilzeitbeschäftigten Apotheker. In circa 26,5 Prozent aller Betriebe sind drei oder mehr Approbierte aktiv.

4232 Krankenhausapotheker waren 2001 beim Ordre gemeldet - davon 3017 Frauen. Ihre Zahl nahm um 372 zu. Eine große Zahl von ihnen ist auch anderweitig außerhalb des Krankenhauses beschäftigt - dies gilt insbesondere für Apotheker in privaten Krankenhäusern.

Wieder Zuzahlung in Italien

2001 waren die Zuzahlungen der Patienten bei der Arzneimittelabgabe abgeschafft worden. Jetzt hat die italienische Regierung den einzelnen Regionen erlaubt, diese wieder einzuführen. So müssen die Bürger in Südtirol ab dem 1. Juli 2002 pro eingelöstem Rezept 1 Euro und pro abgegebenem Arzneimittel 2 Euro zuzahlen.

Apothekerleistungen versteuert

In der Schweiz wird seit Anfang 2002 auf die Apothekerleistungen eine Umsatzsteuer von 2,4 Prozent erhoben. Es ist die einzige von den Krankenkassen bezahlte Leistung, auf die Umsatzsteuer anfällt. Die Einführung der Leistungsorientierten Abgeltung (LOA) führt zu einem direkten Ausweis des auf den Apotheker respektive die Apotheke entfallenden Entgelts. Bei der Abrechnung der Umsatzsteuer gibt es Unterschiede zwischen den Apotheken: Einige haben den Arzneimittelabgabepreis um die Umsatzsteuer erhöht, andere weisen die Umsatzsteuer erst auf ihrer Abrechnung mit der Krankenversicherung als "Sammelposten" aus.

Spaniens Apothekenstatistik

Die spanische Apothekerkammer hat neulich Statistiken für das Jahr 2000 veröffentlicht. Danach ist zwischen 1986 und 2000 die Apothekenzahl jährlich um durchschnittlich 179 auf inzwischen 19.641 gestiegen. Eine öffentliche Apotheke versorgt im Durchschnitt 2043 Menschen und liegt damit um über 9 Prozent unter dem Jahreswert 1986. Die Zahl der Apotheker lag 2000 bei 50.759, über 63 Prozent mehr als 1986. Davon sind zwei Drittel weiblich. Die Apotheken werden zu knapp 60 Prozent von Frauen geleitet. Die Versorgung der Bevölkerung ist über die Regionen hinweg recht gleichmäßig verteilt. Ausnahmen bilden die beiden Enklaven Ceuta und Melilla auf dem afrikanischen Festland sowie die Kanarischen Inseln mit einer deutlich geringeren Apothekendichte.

Von 1986 bis 2000 sind die gesamten Arzneimittelausgaben preisbereinigt um jährlich durchschnittlich 6,6 Prozent gestiegen. Von den Nettoausgaben 2000 entfielen 65,2 Prozent auf die Hersteller, 6,9 Prozent auf den pharmazeutischen Großhandel und 27,9 Prozent auf die Apotheken. Berücksichtigt man die Umsatzsteuer von 4 Prozent, dann ergeben sich folgende Anteile: Industrie 62,7 Prozent, Großhandel 6,7 Prozent, Apotheke 26,8 Prozent und Staat 3,8 Prozent.

Die Netto-Arzneimittelausgaben pro Kopf lagen 2000 bei 227 Euro und sind seit 1986 im Jahresdurchschnitt um über 11 Prozent gestiegen. Konstante Preise unterstellt, lag die durchschnittliche Steigerungsrate immer noch bei 6,6 Prozent. Die Arzneimittelausgaben in den Apotheken entsprachen 1,5 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts.

Die durchschnittliche Zahl der Arzneimittelpackungen pro Kopf der Bevölkerung stieg in Spanien von 21 im Jahr 1986 auf 26 im Jahr 2000 an. Der durchschnittliche Nettopreis je abgegebener Packung lag 2000 bei 8,72 Euro und ist damit seit 1986 nominal um 255 Prozent gestiegen. Der reale Anstieg lag bei 93 Prozent. 2000 wurden 597 Millionen Rezepte zulasten des Nationalen Gesundheitsdienstes eingelöst mit einem durchschnittlichen Nettowert von 12,36 Euro je Rezept. Fast 72 Prozent der Arzneimittelausgaben wurden von Rentnern verursacht. Die Versicherten mussten durchschnittlich 7,1 Prozent zuzahlen. Mitte der 80er waren es noch 13 bis 14 Prozent.

USA: Versandhandel-Protest

Im US-Bundesstaat Connecticut hat das Altersversorgungswerk der Lehrer die zu Jahresbeginn eingeführte Pflicht, Arzneimittel wann immer möglich über Versandapotheken zu bestellen, wieder aufgehoben. Die Proteste der Rentner(innen) waren einfach zu stark. Auch in New York musste neulich die Gewerkschaft der Angestellten in Gesundheitsberufen, die ihren Mitgliedern Versicherungsschutz bietet, nach Protesten die frisch eingeführte Verpflichtung der Versicherten zum Arzneimittelbezug über Versandapotheken zurücknehmen. Eine der größten Gruppen unter den Mitgliedern sind die Beschäftigten einer Apothekenkette, die vom Vorgehen ihrer Gewerkschaft gleich doppelt negativ betroffen waren.

Weniger Steuerabzug für Werbung

Am 8. Mai 2002 haben verschiedene Mitglieder des US-Senats einen Gesetzesentwurf eingebracht, der die steuerliche Abzugsfähigkeit der Werbeaufwendungen amerikanischer Arzneimittelhersteller einschränkt. Die Gesetzesvorlage "Fair Advertising and Increased Research (FAIR) Act" sieht vor, dass der Teil der Werbeausgaben für verschreibungspflichtige Arzneien nicht von der Steuer abgezogen werden darf, der die Ausgaben des jeweiligen Herstellers für Forschung und Entwicklung übersteigt. Die hieraus resultierenden steuerlichen Mehreinnahmen sollen nach dem Willen der Senatsmitglieder in einen Fonds zur Absicherung der Kosten von Krankenhausbehandlungen überführt werden.

Pharmamarketing umstritten

In den USA gerät das aggressive Marketing von Arzneimitteln durch Apotheken in die Diskussion: Denn Pharmahersteller bezahlen Apotheken(ketten) dafür, dass diese an die ihnen mit Adresse bekannten Kunden eines Arzneimittels einen Brief schreiben oder einen Anruf tätigen. Den Kunden wird hierbei ein Umstieg auf ein neueres und teureres Arzneimittel des zahlenden Herstellers nahegelegt. Die Apotheken erhalten für solche Briefe zwischen 0,85 und 1,50 Dollar und für Anrufe 2 bis 3,50 Dollar. Solche Aktionen werden von den Herstellern häufig gestartet, wenn der Patentschutz ihres Präparates abläuft.

Das amerikanische Gesundheitsministerium hat eine Vorlage erarbeitet, die ab Mitte 2003 den Apotheken die Verwendung von Kundenadressen zu Marketingzwecken nur noch dann gestattet, wenn die Kunden dem explizit zugestimmt haben. Es gibt aber eine Vielzahl von Ausnahmebestimmungen. Datenschützer bezweifeln deshalb, ob das Direktmarketing so wirklich deutlich eingeschränkt werden kann.

Prognose: HMO-Beiträge steigen

Die Beiträge der verschiedenen amerikanischen Health Maintenance Organizations (HMOs) werden in den USA nach einer Prognose des Beratungsunternehmens Hewitt Associates 2002 im nationalen Durchschnitt um 15,3 Prozent steigen. 2003 wollen die HMOs ihre Tarife um durchschnittlich 22 Prozent und in Extremfällen sogar um 94 Prozent erhöhen. Das zeigen erste Verhandlungen von Unternehmen, die ihren Angestellten Versicherungsschutz bieten wollen. Ein Repräsentant von Hewitt Associates spricht von Prämiensteigerungen "bisher ungeahnten Ausmaßes", die bevorstünden.

Die Unternehmen versuchen, durch Auswahl von HMOs beziehungsweise Versicherungsplänen mit höherer Selbstbeteiligung der Versicherten die Kostensteigerung für die Versicherungsbeiträge zu verringern. So stieg der Anteil der Versicherungspläne, bei denen die Versicherten bei jedem Arztbesuch mindestens 15 Dollar zuzahlen müssen, von 11 Prozent im Jahr 2001 auf 24 Prozent im Jahr 2002. Die Tabelle zeigt die geplanten Zuzahlungen der Versicherten bei jeder Arzneimittelabgabe. Während also 2001 nur 27 Prozent der Versicherungspläne Zuzahlungen von 10 Dollar bei der Generikaabgabe verlangten, liegt dieser Anteil 2002 bei 40 Prozent. Bei präferierten Arzneimitteln müssen bei 26 Prozent der Pläne von den Versicherten Zuzahlungen von 20 Dollar pro Packung leisten. Es kommt damit insgesamt zu einem starken Trend einer höheren Selbstbeteiligung der Versicherten.

 

  Zuzahlung in Dollar 2001 in % 2002 in % Generika  5 52  46   10 27  40 bevorzugte Markenarzneimittel 10 39  28   15 20  30   20 12  26 nicht bevorzugte Markenarzneimittel 10 13 9   25 16  21   30 11  22    mehr als 30  9 24

Viele HMOs haben Zuzahlung erhöht

 

Ein immer größerer Teil der Versicherungspläne differenziert die Patientenzuzahlungen außerdem danach, ob er ein Generikum, ein bevorzugtes Arzneimittel oder ein anderes Arzneimittel verordnet bekommt. 74 Prozent der Versicherer verlangen für Notfallbesuch in der Krankenhausambulanz eine Zuzahlung von 50 oder mehr Dollar. Hewitt Associates stellt außerdem fest, dass die Versicherer nicht mehr versuchen, durch "attraktive Preise" Marktanteile zu gewinnen, sondern den Verlust "unattraktiver Kunden" in Kauf nehmen würden. Top

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