Umsatzsteuer auf importierte Arzneimittel |
03.06.2002 00:00 Uhr |
Das Internet macht es möglich: Ohne Beachtung von nationalen Grenzen kann der Kunde weltweit einkaufen gehen. Für den sensiblen Bereich der Arzneimittel schien dies bisher keine Option zu sein. Auf Grund der aktuellen Diskussion ist eine Betrachtung allein unter dem Blickwinkel der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) sinnvoll.
Innerhalb der Europäischen Union gibt es mittlerweile keine Zollgrenzen mehr. Umsatzsteuerlich besteht nur das Gemeinschaftsgebiet. Da jedoch die nationalen Staaten die Steuern vereinnahmen, muss geregelt werden, welches Land die Umsatzsteuer bekommt, wenn Waren von einem Staat in einen anderen gelangen.
Generell gilt das Bestimmungsland-Prinzip. Dort, wo die Ware verbraucht wird, soll auch die Umsatzsteuer gezahlt werden. Das Umsatzsteuergesetz regelt daher die Steuerfreiheit im Export- und die Umsatzsteuerpflicht im Importland.
Beispiel
Ein Kunde aus Deutschland bestellt bei einem niederländischen Arzneimittelversand diverse Produkte. Dieser liefert die Ware an den Kunden selbst aus, versendet per Post oder beauftragt einen Spediteur. In den Niederlanden ist die Warenlieferung von der Umsatzsteuer befreit. Aber in Deutschland ist die auf Arzneimittel entfallende Umsatzsteuer von 16 Prozent an das Finanzamt abzuführen.
Etwas anderes gilt, wenn der Kunde die Ware beim Versandhandel selbst abholt. Eine etwas ungewöhnliche Gestaltung, denn es ist gerade die Alternative der bequemen Lieferung "frei Haus", die den Kunden bewegt, Waren aus dem Katalog oder neuerdings Online zu bestellen, statt sie in einem Geschäft einzukaufen. In diesen Fällen fällt Umsatzsteuer bei Übergabe an den Kunden an, denn er bekommt in diesem Moment die so genannte Verfügungsmacht über die Ware, trägt also dann auch alle Gefahren.
Beispiel
Wiederum bestellt ein deutscher Kunde beim niederländischen Arzneimittelversand diverse Produkte. Er holt dieses Mal die Ware persönlich ab. In den Niederlanden ist die Warenlieferung umsatzsteuerpflichtig und zwar mit dem dort gültigen ermäßigten Steuersatz von 6 Prozent. Bei gleichen Nettopreisen ist dies also eine Ersparnis für den Kunden. Wenn der Kunde mit der Ware die nationale Grenze passiert, löst dies keine weitere Umsatzsteuer in Deutschland aus. Und wie oben ausgeführt, gibt es auch keine Zölle mehr.
Gleiches würde auch gelten, wenn der deutsche Kunde jemanden beauftragen würde, für ihn die Ware abzuholen (zum Beispiel die Post oder einen Spediteur). Entscheidend ist also, in wessen Auftrag die von dem in Deutschland ansässigen Kunden bestellten Medikamente befördert oder versendet werden.
Wie sieht das Ganze nun aus, wenn die Arzneilieferungen aus einem Drittland nach Deutschland erfolgen? So bezeichnet man die Staaten, die nicht Mitglieder der Europäischen Union sind, also zum Beispiel Norwegen oder die Schweiz. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung von Importen aus diesen Ländern ist es völlig unerheblich, in wessen Auftrag die von dem in Deutschland ansässigen Kunden bestellten Medikamente befördert oder versendet werden. Dem deutschen Staat verbleibt daher letztendlich die 16-prozentige Umsatzsteuer.
Soweit der Versandhandel die Ware auf eigene Rechnung nach Deutschland importiert und hierfür die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet, gilt die Lieferung an den Kunden als in Deutschland ausgeführt. Deutschland kann diese Lieferung an den Kunden also mit 16 Prozent Umsatzsteuer belegen.
Beauftragt der Kunde einen Paketdienst oder holt die Ware selbst ab, hat der Kunde bei der Einfuhr nach Deutschland die so genannte Einfuhrumsatzsteuer von ebenfalls 16 Prozent zu entrichten. Auch in diesem Fall hat Deutschland also das Steueraufkommen.
Anschrift der Verfasser:
Dipl.-Kfm. Dr. Klaus-Martin Prang und Markus Händeler, Steuerberater
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