Mit Vorsicht genießen |
31.01.2000 00:00 Uhr |
Wirtschaft & Handel
NEUER MARKT
Manchem Investor brachte der Neue Markt in den letzten Wochen nicht nur Spaß, sondern auch viel Geld. Unternehmen aus dem Umfeld der Biotechnologie waren im zurückliegenden Quartal die Hauptgewinner bei der Kursrallye am Frankfurter Neuen Markt. Doch wegen der erheblichen Kurs- (und Kapital-) Zuwächse scheint eine Korrektur in greifbarer Nähe. Mit Vorsicht sollten Anleger mögliche Investitionen in den Neuen Markt tätigen.
Seit dem Korrekturtiefpunkt am 30. September 1999 wuchsen Biotech-Anteile um durchschnittlich 179 Prozent; noch vor den ebenfalls stark gefragten Titeln aus den Segmenten Internet (plus 152 Prozent) und Telekommunikation (plus 146 Prozent). Das ist das Ergebnis einer Studie der DG Bank Deutsche Genossenschaftsbank, Frankfurt am Main.
Angesichts der hohen Bewertung des Marktes erwartet das Institut im laufenden Jahr kurzfristig eine Korrektur. Anleger sollten spekulative Aktien in den nächsten Wochen meiden. Für den Nemax-All-Share bleibt das Kursziel bis Ende 2000 bei 5000 Punkten.
Positive Gesamtentwicklung
Die Gesamtentwicklung des Neuen Marktes wird in der Studie sehr positiv beurteilt. Nach dem Emissionsrekord des zurückliegenden Jahres mit 138 Erstnotierungen rechnet die DG Bank im laufenden Jahr mit mindestens 150, bei positivem Börsenumfeld sogar mit bis zu 200 neuen Listings. Weiter verändern wird sich dabei die Struktur des Marktes. So konstatiert die Studie insbesondere seit Oktober 1999 einen starken Zuwachs an Börsenschwergewichten. 31 Aktien weisen danach eine Kapitalisierung von über 1 Milliarde Euro auf. Auf diese Gruppe entfallen bereits über 63 Prozent der Gesamtmarktkapitalisierung.
Deutlich zugenommen hat in diesem Zeitraum auch die Zahl an Zweitlistings. Viele Unternehmen nutzen nach Einschätzung der Analysten die hohe Popularität dieses Börsensegments bei institutionellen und privaten Investoren, um ihren Bekanntheitsgrad zu vergrößern und neue Investoren zu gewinnen. Zunehmendes Interesse finde der Neue Markt deshalb auch bei ausländischen Unternehmen, deren Aktien inzwischen ein Drittel der Marktkapitalisierung darstellten.
Hohes Kurspotenzial bei kleinen und mittleren Werten
Änderungsbedarf konstatiert das DG Bank-Research für den am 1. Juli 1999 eingeführten Blue-Chip-Index des Neuen Marktes, den Nemax 50, dessen Zusammensetzung inzwischen deutlich weniger als die Hälfte des Marktes abbilde. Von den derzeit im Nemax zusammengefassten 50 Titeln seien hinsichtlich des Kriteriums der Börsenbewertung bereits 21 nicht mehr unter den Top 50 im Neuen Markt. In der Studie identifizieren die Banker potenzielle Herausnahme- beziehungsweise Nachrückkandidaten. Nach wie vor umstritten ist nach Einschätzung der DG Bank die Bedeutung des Nemax 50 als Indikator für die Marktentwicklung. Während die Mehrheit der Aktien mit hohem Kurspotenzial mittlere und kleine Titel seien, seien bei vielen der im Nemax 50 notierten Werte die positiven Zukunftsszenarien längst eingepreist.
Analysten raten zur Vorsicht
Vor dem Hintergrund der erwarteten Korrektur des Marktes raten die Analysten Anlegern
zu sehr selektiven Käufen. "In einer Konsolidierungsphase dürften vor allem jene
Titel eine gute Performance aufweisen, die eine eigenständige Wachstumsstory haben, hohes
und weitgehend nachhaltiges Gewinnwachstum versprechen und sich nicht im Bereich
dreistelliger KGVs auf Basis der Schätzungen für 2001 bewegen", heißt es in der
Studie. Unter den Favoriten zählen demnach keine Biotech-Werte, sondern die Branchen
IT-Service (ComputerLinks, Emprise, Teleplan), Software (Brain International, ce Computer
Equipment, Easy Software) sowie Spezialmaschinenbau (Singulus, SteagHamatech, Mühlbauer).
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