Arzneimittelfälschungen, eine Geißel der Entwicklungsländer |
07.04.1997 00:00 Uhr |
Titel
Ein günstiger Preis lockt arme Länder oftmals an.
Sie haben hohen Bedarf an Arzneimitteln aber wenig Geld;
zu Beginn der 90er Jahre standen in Entwicklungsländern
durchschnittlich 20 DM pro Jahr und Einwohner für die
Gesundheitsversorgung zur Verfügung (Deutschland 4721
DM). Ohne Kontrolle, Überwachung der Vertriebswege und
Know-how in der Analytik haben es die kriminellen
Fälscher leicht.
Die Arzneimittelsicherheit kann nur gestärkt werden
durch internationale Zusammenarbeit. Der IFPMA hat 1990
erste praktische Vorschläge unterbreitet: Einrichtung
von Basis-Kontrollaboratorien, Verbesserung der
Qualitätsgarantien, Bekämpfung der gefälschten
Produkte und des Schwarzmarktes unter finanzieller und
personeller Beteiligung der Arzneimittelhersteller. Auch
der German Pharma Health Fund, dem 24 Pharma-Unternehmen
und der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA)
angehören, verpflichtet sich diesen Zielen. Seit 1994
arbeitet er an einem Modellprojekt zur Verbesserung der
Arzneimittelsicherheit. Fälschungen erkennen und
bekämpfen, ist Ziel des Projektes "Mini-Lab",
sagte der Vorsitzende des GPHF, Dr. Reiner Welters, auch
beim 5. GPHF-Dialog-Forum in Frankfurt.
Das Mini-Lab regt die Prüfung von festen, peroralen
Fertigarzneimitteln in vier Schritten an. Zunächst soll
die Warensendung im Empfängerland organoleptisch
geprüft werden, also auf Fehler an Verpackung und
Deklaration oder auf sichtbare Mängel an Tabletten oder
Kapseln. Dann folgen einfache Zerfallsprüfungen.
Farbreaktionen zeigen an, ob der deklarierte Wirkstoff in
der Arzneiform enthalten ist. In der Regel muß die
Arzneiform nur zerkleinert und gelöst werden. Die
Farbreaktionen sind robust und liefern charakteristische
Ergebnisse, die leicht ablesbar sind. Hat das
Fertigarzneimittel auch diese Prüfung bestanden, folgt
eine (semiquantitative) Dünnschichtchromatographie. Das
Analytikprogramm umfaßt 15 der am häufigsten
gefälschten Wirkstoffe in
Fertigarzneimitteln, ausgewählt nach der Essential Drug
List der WHO und aktuellen Verbrauchszahlen. Eine
Arbeitsgruppe um Professor Dr. Peter Pachaly, Bonn,
entwickelte die DC-Methoden. Auch hier war das Ziel, die
Arbeitsgänge soweit zu vereinfachen, daß angelernte
Mitarbeiter sie ausführen können.
Alle Testverfahren wurden in der Missionsärztlichen
Klinik Würzburg unter Leitung von Professor Dr. Klaus
Fleischer getestet und angepaßt, bevor die
Laborausstattung zusammengestellt wird. Das fertige
Minilabor enthält alle Laborgeräte, Chemikalien und
Referenzproben; die Materialien reichen für etwa 300
Tests. Derzeit wird ein Handbuch erarbeitet mit einer
für Laien verständlichen Gebrauchsanweisung,
Prüfprotokollen und Nachbestellisten für
Verbrauchsmaterialien. Das GPHF-Programm sieht auch die
Schulung der einheimischen Mitarbeiter vor Ort vor. Die
DC-Prüfung ist geeignet für angelernte Mitarbeiter in
etablierten Laboreinheiten, zum Beispiel an
Zentralkrankenhäusern. Im Herbst dieses Jahres startet
die Testphase in Tansania und Namibia, weitere Tests und
Schulungen sind 1998 in Ghana und Kamerun geplant.
Antibiotika und Chemotherapeutika
Analgetika und Antiphlogistika
PZ-Titelbeitrag von Dr. Reiner Welters, Darmstadt
© 1997 GOVI-Verlag
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