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PZ Titel

31.03.1997  00:00 Uhr

-Titel

  Govi-Verlag

Arzneiformen zur buccalen, sublingualen und nasalen Anwendung

  Der weitaus größte Anteil an Arzneimitteln wird nach wie vor peroral verabreicht. Zubereitungen zur buccalen, sublingualen und nasalen Applikation werden meist zur lokalen Therapie eingesetzt. Die Applikationsorte eignen sich aber auch zur systemischen Anwendung, da sie bestimmte Eigenschaften des Gastrointestinaltraktes, die eine enterale Medikation beeinträchtigen, nicht oder nur in wesentlich geringerem Maße aufweisen.

Die Nasenschleimhaut ist intensiv durchblutet, ihr Aufbau ermöglicht einen raschen Austausch von Stoffen zwischen den Nasengeweben und den Blutgefäßen. Der Nasenschleim wird von den Flimmerhaaren in der Nase ständig rachenwärts bewegt und etwa alle zehn Minuten erneuert.

Arzneiformen zur nasalen Anwendung

Die gebräuchlichsten Arzneiformen zur nasalen Anwendung sind Nasentropfen, Nasensprays und Dosieraerosole als Lösung oder Suspension. In der Dosierungsgenauigkeit unterscheiden sich diese Darreichungsformen; am besten ist diese bei Dosieraerosolen, bei Nasentropfen kann die Dosis nur ungefähr über die Tropfengröße und beim Nasenspray über die Dauer des Sprühstoßes bestimmt werden. Die Teilchengröße der applizierten Tröpfchen entscheidet über den Depositionsort, eine optimale Deposition auf der Nasenschleimhaut wird bei einer Teilchengröße von 5µm bis 15µm erreicht. Die verschiedenen Formen der Rhinitis sind typische Beispiele für eine lokale nasale Therapie, wobei Arzneistoffe wie Antihistaminika, Vasokonstriktoren sowie topische Corticosteroide angewendet werden. Die Gefahr systemischer Nebenwirkungen letzterer wird durch neuere Arzneistoffe wie Fluocortinbutyl reduziert. Hier handelt es sich um ein Corticosteroid mit einer inversen Anordnung der Säure- und Alkoholkomponente. Das heißt, daß diese Substanz systemisch zur freien Säure metabolisiert wird, welche in vivo wirkungslos ist.

Schon seit langem ist bekannt, daß durch nasale Applikation von Arzneistoffen auch systemische Wirkungen erzielt werden können. Besonders Peptidarzneistoffe sind durch ihre hohe Potenz und die deswegen erforderliche geringe Einzeldosis für diese Art der Applikation prädestiniert. Im allgemeinen werden Peptide um so besser resorbiert, je weniger Aminosäuren sie enthalten. Besonders interessant erscheint wegen des schnellen Anflutens, der kurzen Wirkungsdauer und der angenehmen Applikationsart die im Stadium der Erprobung befindliche nasale Anwendung von Insulin, wobei noch einige Sicherheitsaspekte hinsichtlich der individuellen Unterschiede zu klären sind. Substanzen wie Calcitonin, Buserelin und Protirelin sind als Zubereitung zur nasalen Anwendung auf dem Markt.

Arzneiformen zur buccalen und aublingualen Anwendung

Die wahrscheinlich älteste Form der Arzneistoffapplikation in der Mundhöhle stellen Lösungen zum Spülen und Lutschtabletten zur lokalen Therapie dar, aber auch Nitroglyzerin-Zerbeißkapseln zur systemischen Anwendung sind seit langem eingeführt. Das Fehlen eines First-Pass-Effektes und die rasche Resorption aus dem Mund- und Rachenraum sind positive Aspekte dieses Darreichungsweges. Die zunächst verwendeten FCKW-Treibgasaerosole werden heute durch umweltfreundliche Pumpsprays ersetzt, die auf Ethanol beziehungsweise Ethanol/Wasser-Mischungen beruhen. Die Tröpfchengrößenverteilung entspricht ungefähr der der FCKW-Sprays, durch die hyperämisierende Wirkung des Ethanols auf der Mundschleimhaut werden die Anflutungsgeschwindigkeit und der maximale Blutspiegel des Wirkstoffes verbessert. Zubereitungen zum Einsprühen in den Mundraum werden sowohl sublingual als auch buccal resorbiert.

Dies gilt im Prinzip auch für die Gruppe von Arzneistoffen, die als sofortlösliche Plättchen im Handel sind. Bei der Herstellung wird über Dosierpumpen der Arzneistoff in Lösung direkt in den Blisternapf der Primärverpackung eingebracht und dann gefriergetrocknet. Die so erhaltenen Plättchen lösen sich im Mund sehr rasch auf, der Arzneistoff wird sowohl im Mund resorbiert als auch mit dem Speichel verschluckt. Vor allem für Patienten, die mit der Einnahme von Tabletten oder Kapseln Schwierigkeiten haben, ist diese Darreichungsform von Vorteil. Zur gezielt buccalen Resorption werden buccoadhäsive Darreichungsformen erprobt, die auf der Innenseite der Wange angebracht werden. Zur sublingualen Anwendung existieren nur sehr wenige Zubereitungen, obwohl der Applikationsort vorteilhaft ist. Besonders für Buprenorphin spricht, daß der Wirkstoff bei sublingualer Applikation nicht dem sonst zu erwartenden starken First-Pass-Effekt unterliegt. Bei der Therapie postoperativer und chronischer Schmerzen ist diese Art der Darreichung sehr gut geeignet.

PZ-Titelbeitrag von Peter C. Schmidt und Hannes M. Höltzel, Tübingen
       

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