Titel
Antitussiva oder
Hustenblocker lindern Reizhusten jeder Genese. 80
Millionen definierte Tagesdosen wurden 1994 verordnet. In
der Selbstmedikation belegen Präparate gegen
Erkältungskrankheiten eine führende Position.
Antitussiva sind angebracht bei unproduktivem Husten, da
sie die Irritation der Atemwege reduzieren sowie
Übelkeit und Brechreiz vermindern können. In der
produktiven Phase sollen sie nur abends zur Besserung der
Nachtruhe eingenommen werden, da sie das Abhusten des
vermehrt gebildeten Schleims hemmen.
Die zentral wirksamen Antitussiva dämpfen die
Aktivierbarkeit des Hustenzentrums. Peripher wirksame
Stoffe vermindern die Empfindlichkeit der
Hustenrezeptoren im Kehlkopf und den Bronchien.
Diskutiert wird auch eine Hemmung der Reizleitung.
Zentral wirksame
Antitussiva und Nebenwirkungen
Standardsubstanzen sind die beiden
Morphinderivate Codein und Dihydrocodein, die die
Erregungsschwelle des Hustenzentrums heraufsetzen.
Daneben besitzen sie die Wirkpalette der Opioide, da sie
mit geringerer Affinität auch an Opiatrezeptoren binden.
Sie wirken sedierend und verbieten das Führen von
Kraftfahrzeugen und Maschinen. Patienten mit chronisch
obstruktiven Lungenerkrankungen und Säuglinge dürfen
kein Codein oder dessen Derivate bekommen, da sie
verstärkt auf die Atemdepression reagieren.
Noscapin ist dank seines Wirkspektrums ein nahezu idealer
Hustenblocker ohne Affinität zu Opiatrezeptoren. Es ist
strukturell mit Papaverin verwandt. Aufgrund der
Einstufung als Spindelgift (BGA, 1991) ist der Wirkstoff
verschreibungspflichtig. Er stimuliert das Atemzentrum,
wirkt schwach bronchienerweiternd und nicht sedierend
(für Autofahrer geeignet). Laut Fachinformation können
Säuglinge ab dem sechsten Lebensmonat Noscapin erhalten.
Dextromethorphan gilt neben Clobutinol als der am besten
untersuchte nicht-verschreibungspflichtige Hustenblocker.
Als Folge der veränderten Stereochemie hat der Stoff
keine Affinität zu den µ-Opiatrezeptoren. Das
Atemzentrum wird nur wenig beeinflußt; dennoch ist der
Stoff kontraindiziert bei Patienten mit chronisch
obstruktiven Lungenerkrankungen und Säuglingen.
Schwangere ab dem vierten Monat können Dextromethorphan
bei strenger Indikationsstellung einnehmen. Der Wirkstoff
hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin aus dem
synaptischen Spalt; daher können bei gleichzeitiger Gabe
von MAO-Hemmern, die den Abbau von Serotonin hemmen,
verstärkte Serotonineffekte auftreten.
Peripher und zentral
wirksame Antitussiva und ihre Nebenwirkungen
Wirkstoffe wie Benproperin, Clobutinol,
Pentoxyverin und Pipazetat wirken zentral und peripher.
Nur Dropropizin soll ausschließlich peripher angreifen.
Alle Wirkstoffe sind nicht rezeptpflichtig, haben kein
Suchtpotential, wirken eher bronchodilatierend und -
außer Pentoxyverin - nicht dämpfend auf das
Atemzentrum. Sie sind bei angepaßter Dosierung gleich
wirksam wie Codein.
Pipazetat und Benproperin wurden nicht monographiert; die
Studien entsprechen nicht mehr den heutigen
Anforderungen. Daher wird ihr Einsatz heute weniger
empfohlen. Clobutinol ist als einzige der monographierten
Substanzen parenteral anwendbar. Säuglinge in den ersten
Wochen, Schwangere ab dem vierten Monat und Stillende
können Clobutinol bei strenger Nutzen-Risiko-Abwägung
einnehmen. Es beeinträchtigt möglicherweise das
Reaktionsvermögen und ist nur bedingt für Autofahrer
geeignet.
Dropropizin wirkt sedierend und ist daher für Autofahrer
nicht geeignet. Schwangerschaft und Stillzeit gelten als
absolute Kontraindikationen. Pentoxyverin ist das am
häufigsten verordnete Antitussivum für Säuglinge ab
dem vierten Monat und Kinder, kann aber atemdepressiv
wirken. Schwangerschaft und Stillzeit sind absolute
Kontraindikationen.
Phytopharmaka
Mit Ausnahme der Huflattichblätter
(Pyrrolizidin-Alkaloide) gibt es keine Gegenanzeigen,
Neben- oder Wechselwirkungen bei Phytopharmaka.
Eibischwurzel, Huflattichblätter, Isländisch Moos,
Malvenblüten und -blätter sowie Sonnentau wurden
positiv monographiert für die Indikation Reizhusten;
Spitzwegerich und Wollblumen gegen Katarrhe der Luftwege.
Bei Sonnentau führt man die antitussive und
spasmolytische Wirkung auf Naphthochinon-Derivate
zurück. Alle anderen Drogen wirken reizmildernd durch
Schleimstoffe, die die Schleimhaut im Mund-Rachenraum
überziehen und damit die Empfindlichkeit der
Hustenrezeptoren vermindern sollen. Eine Wirkung im
Bronchialtrakt ist wegen der fehlenden Resorption der
Schleimstoffe nicht möglich.
PZ-Titel von Privatdozent Dr. Horst Wunderer, Rain
© 1996 GOVI-Verlag
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