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10.03.1997  00:00 Uhr

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  Govi-Verlag

Zentral und peripher wirksame Antitussiva: eine kritische Übersicht

  Antitussiva oder Hustenblocker lindern Reizhusten jeder Genese. 80 Millionen definierte Tagesdosen wurden 1994 verordnet. In der Selbstmedikation belegen Präparate gegen Erkältungskrankheiten eine führende Position. Antitussiva sind angebracht bei unproduktivem Husten, da sie die Irritation der Atemwege reduzieren sowie Übelkeit und Brechreiz vermindern können. In der produktiven Phase sollen sie nur abends zur Besserung der Nachtruhe eingenommen werden, da sie das Abhusten des vermehrt gebildeten Schleims hemmen.

Die zentral wirksamen Antitussiva dämpfen die Aktivierbarkeit des Hustenzentrums. Peripher wirksame Stoffe vermindern die Empfindlichkeit der Hustenrezeptoren im Kehlkopf und den Bronchien. Diskutiert wird auch eine Hemmung der Reizleitung.

Zentral wirksame Antitussiva und Nebenwirkungen

Standardsubstanzen sind die beiden Morphinderivate Codein und Dihydrocodein, die die Erregungsschwelle des Hustenzentrums heraufsetzen. Daneben besitzen sie die Wirkpalette der Opioide, da sie mit geringerer Affinität auch an Opiatrezeptoren binden. Sie wirken sedierend und verbieten das Führen von Kraftfahrzeugen und Maschinen. Patienten mit chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen und Säuglinge dürfen kein Codein oder dessen Derivate bekommen, da sie verstärkt auf die Atemdepression reagieren.

Noscapin ist dank seines Wirkspektrums ein nahezu idealer Hustenblocker ohne Affinität zu Opiatrezeptoren. Es ist strukturell mit Papaverin verwandt. Aufgrund der Einstufung als Spindelgift (BGA, 1991) ist der Wirkstoff verschreibungspflichtig. Er stimuliert das Atemzentrum, wirkt schwach bronchienerweiternd und nicht sedierend (für Autofahrer geeignet). Laut Fachinformation können Säuglinge ab dem sechsten Lebensmonat Noscapin erhalten.

Dextromethorphan gilt neben Clobutinol als der am besten untersuchte nicht-verschreibungspflichtige Hustenblocker. Als Folge der veränderten Stereochemie hat der Stoff keine Affinität zu den µ-Opiatrezeptoren. Das Atemzentrum wird nur wenig beeinflußt; dennoch ist der Stoff kontraindiziert bei Patienten mit chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen und Säuglingen. Schwangere ab dem vierten Monat können Dextromethorphan bei strenger Indikationsstellung einnehmen. Der Wirkstoff hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt; daher können bei gleichzeitiger Gabe von MAO-Hemmern, die den Abbau von Serotonin hemmen, verstärkte Serotonineffekte auftreten.

Peripher und zentral wirksame Antitussiva und ihre Nebenwirkungen

Wirkstoffe wie Benproperin, Clobutinol, Pentoxyverin und Pipazetat wirken zentral und peripher. Nur Dropropizin soll ausschließlich peripher angreifen. Alle Wirkstoffe sind nicht rezeptpflichtig, haben kein Suchtpotential, wirken eher bronchodilatierend und - außer Pentoxyverin - nicht dämpfend auf das Atemzentrum. Sie sind bei angepaßter Dosierung gleich wirksam wie Codein.

Pipazetat und Benproperin wurden nicht monographiert; die Studien entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Daher wird ihr Einsatz heute weniger empfohlen. Clobutinol ist als einzige der monographierten Substanzen parenteral anwendbar. Säuglinge in den ersten Wochen, Schwangere ab dem vierten Monat und Stillende können Clobutinol bei strenger Nutzen-Risiko-Abwägung einnehmen. Es beeinträchtigt möglicherweise das Reaktionsvermögen und ist nur bedingt für Autofahrer geeignet.

Dropropizin wirkt sedierend und ist daher für Autofahrer nicht geeignet. Schwangerschaft und Stillzeit gelten als absolute Kontraindikationen. Pentoxyverin ist das am häufigsten verordnete Antitussivum für Säuglinge ab dem vierten Monat und Kinder, kann aber atemdepressiv wirken. Schwangerschaft und Stillzeit sind absolute Kontraindikationen.

Phytopharmaka

Mit Ausnahme der Huflattichblätter (Pyrrolizidin-Alkaloide) gibt es keine Gegenanzeigen, Neben- oder Wechselwirkungen bei Phytopharmaka. Eibischwurzel, Huflattichblätter, Isländisch Moos, Malvenblüten und -blätter sowie Sonnentau wurden positiv monographiert für die Indikation Reizhusten; Spitzwegerich und Wollblumen gegen Katarrhe der Luftwege.

Bei Sonnentau führt man die antitussive und spasmolytische Wirkung auf Naphthochinon-Derivate zurück. Alle anderen Drogen wirken reizmildernd durch Schleimstoffe, die die Schleimhaut im Mund-Rachenraum überziehen und damit die Empfindlichkeit der Hustenrezeptoren vermindern sollen. Eine Wirkung im Bronchialtrakt ist wegen der fehlenden Resorption der Schleimstoffe nicht möglich.

PZ-Titel von Privatdozent Dr. Horst Wunderer, Rain
       

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