GKV-Finanzgrundlagen könnten auf Sand gebaut sein |
25.09.2000 00:00 Uhr |
Auch in der Koalition wachsen die Zweifel an der Stabilität der Finanzgrundlagen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Bemerkenswert ist aber, dass Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer der GKV für das laufende Jahr nur eine schwarze Null" prognostiziert.
Im ersten Halbjahr ist das Defizit mit 2,47 Milliarden DM um immerhin 800 Millionen DM geringer ausgefallen, als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres. Und das Gesamtjahr 1999 haben die Kassen mit einem Überschuss von rund einer Milliarde DM abgeschlossen. Nach der aktuellen Zwischenbilanz könnte demnach für 2000 mit einem größeren Überschuss gerechnet werden in der Größenordnung von 1,8 Milliarden DM. Doch Ministerin Fischer schraubt die Erwartungen runter. Tatsächlich lassen viele neue Imponderabilien eine optimistische Prognose nicht zu.
Da sind zunächst die neuen Belastungen, die bei den Kassen im laufenden Jahr zu Mehrausgaben und Mindereinnahmen im Vergleich zu 1999 führen werden:
Summa Summarum ergeben sich daraus im laufenden Jahr Mehrbelastungen von rund 6,6 Milliarden DM. Andererseits kann die GKV in 2000 im Vergleich zum Vorjahr aber auch mit Mehreinnahmen rechnen:
Die Mehreinnahmen würden sich demnach 2000 auf 6,8 Milliarden DM summieren das würde nach dieser Rechnung auf einen Jahresüberschuss von 200 Millionen DM hinauslaufen. Aber: Mehrausgaben für die wahrscheinlich rund 1,4-prozentigen Budgetsteigerungen im laufenden Jahr sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Im folgenden Jahr 2001 aber kommen zusätzliche Lasten auf die GKV zu. Die wahrscheinlich dicksten Brocken: 1,2 bis 1,5 Milliarden DM Einnahmeausfall infolge der dann abgesenkten Bemessungsgrundlage für die Bezieher von Arbeitslosenhilfe, Mindereinnahmen durch die Entlastung der eine Million freiwillig versicherten Rentner sowie zusätzlicher Entzug von Mitteln durch weitere Kassenwechsler in diesem Jahr wahrscheinlich wieder eine Million Versicherte. Die Angleichung der Pflichtversicherungsgrenze Ost an das Westniveau zum 1. Januar 2001 kann da als Ausgleich nicht reichen.
Mittelfristig" sieht denn auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Professor Martin Pfaff erhebliche Risiken" und große Gewitterwolken", wie er in der Haushaltsdebatte im Bundestag sagte. So befürchtet der SPD-Abgeordnete, dass im laufenden Jahr noch etwas mehr" Versicherte die Kasse wechseln werden als 1999 ein weiteres Milliarden-Loch wäre damit programmiert.
Mittelfristig müssen wir Rationalisierungsreserven mobilisieren", schlägt
der SPD-Abgeordnete vor. Das sei aber eine sehr schwierige Aufgabe". Wenn dies
nicht ausreiche, so Pfaff weiter, dann komme die Diskussion, ob nicht die
Verbreiterung der Bemessungsgrundlage über neue Einkommensarten oder die Anhebung der
Beitragsbemessungs- und/oder Versicherungspflichtgrenze aufs Tapet muss". Die
Diskussion darüber müsse in dieser Legislaturperiode beginnen", fordert
Pfaff.
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