Pharmazeutische Zeitung online

Kennzeichnung von Genfood ist problematisch

13.03.2000  00:00 Uhr

- Politik

Kennzeichnung von Genfood
ist problematisch

von Matthias Dürschlag, Frankfurt am Main

Risiken und Nutzen gentechnologisch veränderter Lebensmittel werden derzeit heiß diskutiert. In Umfragen äußern sich die Verbraucher skeptisch. Über die weitere Entwicklung, rechtliche Grundlagen und die Probleme, dem Konsumenten die grüne Gentechnologie schmackhaft zu machen, sprachen Wissenschaftler mit Vertretern aus Industrie und Verbänden kürzlich in Frankfurt.

Weltweit werden auf circa 40 Millionen Hektar mehr als 50 gentechnisch veränderte Pflanzensorten angebaut. Transgener Mais, Soja und Raps sowie deren Verarbeitungsprodukte sind zunehmend auch in der Europäischen Union im Handel. Die Entwicklung sei vermutlich nicht mehr aufzuhalten, sagte Professor Dr. Hans-Günter Gassen, TU Darmstadt, auf dem Frankfurter Symposium. "Die US-Amerikaner werden mit Handelsbeschränkungen reagieren, sollte sich der europäische Markt zukünftig der Einfuhr von Gentech-Produkten verschließen". Außerdem werde der Verbraucher seine derzeit noch ablehnende Haltung bei besserer Informationspolitik und individuellen Erfahrungen mit Gentech-Produkten ändern.

Warum sich die Forschung nicht auf die weitgehend akzeptierten Bereiche Medizin und Pharmazie beschränke, erklärte Gassen mit der Begeisterung der Wissenschaftler: "Es funktioniert so gut". Faktisch sei Gentechnologie in der Landwirtschaft nichts anderes, "als die Zeit zu verkürzen, die für klassische Züchtungsprogramme benötigt werde".

Züchtung bringt nichts mehr

"Die klassische Züchtung ist am Ende der Fahnenstange angelangt", meinte Helmut Wagner, Direktor der Öffentlichkeitsarbeit bei der Monsanto GmbH, einem der größten Gentech-Unternehmen der Welt. Die Landwirte stünden unter extremem Wettbewerbsdruck. Da die Anbauflächen begrenzt seien, könnten sie ihre Erträge nur noch mit Hilfe gentechnologischer Methoden der Gentechnologie steigern. Betriebsmittel- und Zeitersparnis seien weitere wirtschaftliche Pluspunkte.

Richtlinien lassen Spielraum

Rechtliche Vorgaben für die Kennzeichnungspflicht beim Einsatz gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion stellte Christiane Toussaint vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde vor.

Im Mai 1997 setzten Europaparlament und -rat eine Verordnung über neuartige Lebensmittel und Zutaten in Kraft: die Novel-Food-Verordnung (EG 258/97). Neben weiteren Richtlinien zur Gentechnologie soll sie europaweit einheitlich die Kennzeichnung von Lebensmitteln regeln, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) sind, daraus hergestellt wurden oder solche enthalten. "Wie diese Kennzeichnung im Detail zu geschehen hat, ist bislang nicht festgelegt", bemängelte Toussaint.

In den zurzeit uneinheitlichen Methoden, mit denen in Lebensmitteln nach fremdem Erbgut gesucht würde, sah die Vertreterin des Bundes für Lebensmittelrecht ein großes Problem, da unterschiedlich empfindliche Verfahren auch zu abweichenden Ergebnissen führten. Toussaint resümierte: "Die gesetzlichen Vorgaben sind zwar in Kraft, lassen jedoch Platz für Interpretationen." Zusammen mit dem Mangel an validierten Testverfahren sei diese Rechtsunsicherheit unbefriedigend für alle Unternehmen und überwachende Institutionen.

Handel und Endverbraucher wollen aber wissen, ob gentechnologische Produkte zur Herstellung von Nahrungsmitteln verwendet wurden.

Oberstes Gebot für den Einsatz der Gentechnik sei die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Produkte, betonte Dr. Marcus Girnau vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Girnau weiter: "Die deutliche Kennzeichnung von Gentech-Produkten wird von allen befürwortet". Für die verarbeitende Lebensmittelindustrie sei es derzeit schwierig zu beurteilen, ob Produkte aus transgenen Rohstoffen entsprechend gekennzeichnet sind. Auch er sah in den Nachweismethoden das Hauptproblem.

Matthias Foth von der Hanse Analytik GmbH, Bremen, bestätigte, auch die Fachleute seien sich bislang nicht einig, welche Analysen am besten geeignet wären. Problematisch sei, dass man gerade bei neuen Organismen nicht immer wisse, wonach man suche.

Langfristige Risiken offen

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion bemängelte Tangmar Marmon, Vertreter der Umweltorganisation Greenpeace, die Informationspolitik von Industrie und Teilen der Wissenschaft, die nicht immer von Offenheit gegenüber dem Verbraucher zeuge. Dem hielten anwesende Industrievertreter und Wissenschaftler entgegen, jedem stünde es frei vorhandenes Informationsmaterial und Fachliteratur zu nutzen. Einig waren sich Befürworter und Gegner der Gentechnologie darin, dass derzeit niemand beurteilen könne, welche langfristigen Risiken die Gentechnologie für Natur und Gesundheit mit sich bringe. Top

© 2000 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa