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Dienst nach Vorschrift für das Gemeinwohl

20.01.2003  00:00 Uhr

Dienst nach Vorschrift für das Gemeinwohl

von Christoph Drude, Berlin, und Daniel Rücker, Eschborn

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat das „politische Aktionsprogramm“ der Kassenärzte verteidigt. „Der Dienst nach Vorschrift ist von der Politik gewollt“, sagte der KBV-Vorsitzende Dr. Manfred Richter-Reichhelm unter Bezug auf entsprechende Presseäußerungen von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Dienstag in Berlin.

Der Sicherstellungsauftrag sei nicht gefährdet. Leistungen und Verordnungen würden lediglich auf das gesetzlich definierte Niveau zurückgeführt und damit „die Politik und die Krankenkassen beim Wort“ genommen. Zum Streik habe die KBV nie animiert, das dürften allenfalls die ärztlichen Berufsverbände. 14 westdeutsche der insgesamt 23 regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) planten derzeit unterschiedliche Aktionen, sagte Richter-Reichhelm, der auch die Berliner KV führt.

Am konkretesten seien die Pläne in Berlin, wo ab 29. Januar für zunächst fünf Wochen im „rollierenden System“ jeweils an einem Wochentag Praxen geschlossen blieben. Richter-Reichhelm räumte Vermittlungsprobleme in der Öffentlichkeit ein. Es sei eine „Gratwanderung“, den Verdacht auszuräumen, dass der Protest „um des Geldes willen“ und nicht wegen des von der Politik beabsichtigten „Systemwechsels“ im Gesundheitswesen erfolge. Gleichzeitig verknüpfte er sein Schicksal mit dem Gelingen der Protestmaßnahmen. „Wenn keiner den Dienst nach Vorschrift als Mangel empfindet, werde ich meinen Hut nehmen“, kündigte der KBV-Chef an.

Er gab sich jedoch überzeugt, dass die Patienten die Rückführung des Leistungsniveaus auf das gesetzliche Minimum sehr wohl als Einschränkung empfänden. Auf eine entsprechende Nachfrage gestand Richter-Reichhelm ein, dass vor allem die ostdeutschen Hausärzte dem Vorgehen der KBV gegenüber „kritisch eingestellt“ seien. Da dieser Teil der Ärzteschaft bei der Politik derzeit „hoch im Kurs“ stehe, erscheine vielen Hausärzten die Gefährdung ihrer Existenz offensichtlich „sekundär“, führte er als Begründung an.

Bedenken gegen Dienst nach Vorschrift

In der Tat sind sich die Kassenärzte keineswegs darin einig, wie weit der Protest gehen darf. Kurz vor dem Start erster Aktionen bröckelte die Protestfront der Ärzte zusehends. Die meisten der bundesweit 23 (KVen) werden wahrscheinlich nicht beim „Dienst nach Vorschrift“ mitmachen, sagte der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Roland Stahl, am Montag auf Anfrage.

Fünf bis sechs KVen hätten ihre Teilnahme bereits abgesagt. Sie planten andere Aktionen wie Informations- und Aktionstage. Zuvor war bereits der Verband der Hausärzte von dem „Dienst nach Vorschrift“ abgerückt. Dagegen bekräftigte der freie Ärzteverband Hartmannbund (HB) seinen Streikwillen. Er hatte die 11.000 Kassenärzte in Westfalen-Lippe für Mittwoch zu Praxisschließungen aufgerufen. Der HB hoffte, dass mindestens 1000 Mediziner dem Aufruf folgen würden.

Patienten sollen Protest-Ärzte melden

Beim Bundessozialministerium hat man wenig Verständnis für die Protestaktionen der Ärzte. Praxisschließungen wären eine massive Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Ärzten und Patienten. Für die Patienten stelle sich die Frage, ob sie zu einem Arzt oder einer Ärztin vertrauen haben könnten, die für eine Behandlung nicht zur Verfügung stünden.

Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder ruft die Versicherten dazu auf, Krankenkassen darüber zu informieren, welche Ärzte ihre Praxis schließen. Ganztägige Praxisschließungen seien nicht mit geltendem Recht zu vereinbaren, da die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassen Verträge über die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung abgeschlossen hätten.

Auch der Sozialverband VdK hat die Proteste von Ärzten gegen die Gesundheitsreform als unbegründet bezeichnet. Der VdK-Präsident Walter Hirrlinger forderte erneut direkte Verträge zwischen Krankenkassen und Ärzten anstelle des jetzigen Umwegs über die Kassenärztlichen Vereinigungen. Zudem befürwortete er Pläne, Patienten künftig Quittungen über die Leistungen des Arztes zu geben. Dann wüssten die Kranken, was für sie ausgegeben wurde.

Deutliche Kritik an den Ärzten kommt auch von Patientenverbänden. Die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) hat die Protestaktionen der Ärzte scharf verurteilt. „Die Patienten werden als Hebel benutzt, um Druck auf die Gesundheitspolitik auszuüben“, sagte der Präsident der DGVP, Ekkehard Bahlo, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Man muss befürchten, dass kranke Menschen ins Unrecht gesetzt werden.“  Top

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