In Deutschland wird der Versand keine Rolle spielen |
15.12.2003 00:00 Uhr |
Die Apotheker haben vor dem Europäischen Gerichtshof weitgehend Recht bekommen. Gegen ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel haben die Richter keine Einwände. Über die Auswirkungen des Urteils sprachen wir mit dem Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbandes, Hermann S. Keller.
PZ: Der EuGH folgt zwar in weiten Teilen der Argumentation des DAV, der Versandhandel kommt aber trotzdem. War das Verfahren gegen DocMorris dennoch ein Erfolg?
Keller: Die Rechtsauffassung des DAV ist bestätigt worden. Das Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist EU-konform. Damit steht fest, dass DocMorris seit fast drei Jahren gegen geltendes deutsches Recht verstoßen hat. Leider haben Krankenkassen und Politik diesen Rechtsverstoß geduldet.
PZ: Müsste das Verhalten von DocMorris jetzt nicht geahndet werden?
Keller: Das Landgericht Frankfurt hat zwei Ordnungsgelder gegen DocMorris verhängt. Diese sind noch nicht vollstreckt.
PZ: Hat das Urteil praktische Auswirkungen auf die Apotheken?
Keller: Leider nein, da es den vorläufigen Abschluss des Rechtsstreits in Frankfurt vor 2000 darstellt. Ab 2004 gilt das GKV-Modernisierungsgesetz, das den Versandhandel frei gibt. Der deutsche Gesetzgeber ist hierbei bedauerlicherweise über das EU-Recht hinausgegangen.
PZ: Mit der neuen Preisverordnung wird das Rosinenpicken ausgeschlossen. DocMorris will im kommenden Jahr den Umsatz gegenüber 2003 verdoppeln. Halten sie das für realistisch. Hat der Versandhandel unter den jetzt zumindest faireren Bedingungen überhaupt eine Chance?
Keller: Beim Versandhandel gibt es eine innerdeutsche und eine ausländische Perspektive. In Deutschland wird der Arzneimittelversand mit Sicherheit keine große Rolle spielen, der wird mit Einführung der neuen Arzneimittelpreisverordnung unattraktiv, da die Versandkosten den größten Teil der Handesspanne auffressen würden. Wir schätzen den Anteil des Versandhandels am Gesamtmarkt gering ein.
Anders ist möglicherweise der Versuch zu bewerten, Arzneimittel aus dem Ausland nach Deutschland zu versenden. Es wird sich zeigen, inwieweit die ausländischen Versender aus den neuen Rahmenbedingungen Vorteile gegenüber deutschen Apotheken ziehen können. Die Prognosen von DocMorris sind in erster Linie Werbung in eigener Sache. In jedem Fall werden wir die Entwicklung bezüglich Rabatten und Zuzahlungserhebung genau beobachten und auch auf eine mögliche Inländerdiskriminierung werden wir achten.
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