Politik
In einigen
Regionen ist die Regreßgefahr gebannt
Nicht nur Apotheker und
Patienten waren in den vergangenen Wochen über
künftige Leistungen im Gesundheitswesen zuweilen
verunsichert. Besonders die Ärzte fürchten
wegen einer Überschreitung des Budgets für
Arznei- und Heilmittel Regreßforderungen der
Krankenkassen.
Empfehlungen, nur noch solche
Medikamente zu verschreiben, die in ihrer Wirkung
unumstritten sind oder billigere Medikamente den
teureren vorzuziehen, kommen in manchen Regionen
zu spät, da nach Hochrechnungen die Budgets für
1996 in zehn Regionen bereits jetzt ausgeschöpft
sind. Die Kassenärzte befürchten daher, für
das, was sie verordnen, nun selbst bezahlen zu
müssen.
1995 erreichten die Gesamtausgaben zwar
nur 95 Prozent der summierten Budgets. Dennoch
fordern die Krankenkassen Rückzahlungen, weil es
keinen Ausgleich zwischen den Regionen gibt. Um
Regresse zu vermeiden, haben einige
Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) bereits
1995 mit den Krankenkassenverbänden über
Anpassungen verhandelt. Seit einigen Wochen gibt
es Verhandlungen zum aktuellen Budget. Einige
KVen versuchen dabei, auch für die vergangenen
Jahre Budgetanpassungen zu erreichen.
Regreßgefahr gebannt
Die KV Nordrhein hat bereits eine
Budgetanhebung um 3,5 Prozent für 1996
durchgesetzt. Auch für 1995 wird es dort keine
Regreßforderungen geben. In Westfalen-Lippe
wurde eine Erhöhung um 0,2 Prozent vereinbart.
Auch in Südbaden hat sich die Situation
entspannt. Für 1995 wurde eine Budgetanhebung
vereinbart, die leicht über den tatsächlichen
Ausgaben liegt. Für 1996 erklärten sich die
Krankenkassen dazu bereit, Behandlungskosten für
Krebskrankheiten und immunologische Erkrankungen
wie AIDS gesondert zu beurteilen.
Budgetüberschreitungen aus dem Jahr 1996 können
laut Vereinbarung durch Unterschreitungen im Jahr
1997 kompensiert werden. Auch in Bayern sind die
Verhandlungen bereits abgeschlossen. Ergebnisse
werden aber noch nicht bekanntgegeben, weil die
Unterschrift der Ersatzkassenverbände noch
fehlt. In den meisten Regionen laufen die
Verhandlungen zur Zeit auf Hochtouren. Dort, wo
sie bereits gescheitert sind, wird das Schiedsamt
eine Entscheidung treffen.
Einigkeit besteht zwischen den meisten
Ärzten und Krankenkassen aber darin, daß
künftig gespart werden muß. Deshalb haben
einige KVen gemeinsam mit den Verbänden der
Krankenkassen Erklärungen herausgegeben, die die
Patienten einerseits beruhigen, indem sie
versichern, daß weiterhin notwendige
Verordnungen von den Krankenkassen bezahlt
werden. Sie machen allerdings auch klar, daß an
einigen Stellen gespart werden muß. So lautet
eine Erklärung aus Hessen: "Ab sofort
können Medikamente, die im
Arzneiverordnungsreport '96 des
Wissenschaftlichen Instituts der
Ortskrankenkassen als umstritten wirksam
bezeichnet werden, nur im Notfall noch auf
Kassenrezept verordnet werden. Wer als Patient
diese Präparate dennoch wünscht, muß sie
selbst bezahlen. Eine Verordnung erfolgt nur noch
auf Privatrezept, das bei den Kassen nicht
rückerstattet werden wird." Eine ähnliche
Erklärung gibt es auch in Bremen. Ebenso plant
die KV Schleswig-Holstein eine Handzettel-Aktion
mit den Verbänden der Krankenkassen, die die
Patienten auf die geplanten Sparmaßnahmen
hinweisen soll.
PZ-Artikel von Monika Noll, Eschborn
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