Politik
Sachverständigenrat
sieht noch Sparpotentiale
Der Sachverständigenrat
der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen hat
nach einjähriger Arbeit den ersten Teil seines
neuen Gutachtens abgeschlossen. Im Mittelpunkt
der Arbeit stehen mögliche Konsequenzen der
demographischen Entwicklung für das
Gesundheitswesen sowie
Wirtschaftlichkeitsreserven in der medizinischen
Versorgung.
Erneut bekräftigen die Sachverständigen ihre
frühere Kritik am Sachleistungsprinzip in der
gesetzlichen Krankenversicherung. Ein
funktionierendes Wettbewerbssystem im
Gesundheitswesen setze Transparenz bei Preisen
und Leistungen voraus. Fazit der Experten: Das
bisher praktizierte System habe
Wirtschaftlichkeitsreserven. Zugleich müssen die
Gutachter jedoch einräumen, daß in Ländern mit
Kostenerstattungsprinzip die Ausgabenentwicklung
nicht automatisch günstiger verläuft.
Überraschend stützt der Sachverständigenrat
die These, daß ohne eine staatliche oder
vergleichbare Vorgabe, etwa budgetierte
Gesamtvergütungen, eine kostengünstige
medizinische Versorgung kaum zu erreichen sei.
Das zeige gerade der weitgehend
privatwirtschaftlich organisierte Sektor der
Versorgung mit Medikamenten.
Erwartungsgemäß konstatiert das Gremium weitere
Sparmöglichkeiten bei der medizinischen
Versorgung. Einen Schwerpunkt bildet dabei der
diagnostisch-therapeutische Bereich. So seien
wesentliche Teile gegenwärtig vorgenommener
Röntgenuntersuchungen sowie präoperativer
Routineuntersuchungen überflüssig. In Frage
stellen die Wissenschaftler in ihrem Bericht an
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer auch den
größten Teil bisher vorgenommener Arthroskopien
und die Knochendichtemessung.
Im stationären Sektor lassen sich nach Ansicht
der Expertengruppe Sparpotentiale durch eine
autonome Investitionstätigkeit der
Krankenhäuser mobilisieren. Auch bei den
Betriebsausgaben sollten die Kliniken verstärkt
selbst entscheiden können. Entgegen bisherigen
Prognosen weniger dramatisch fallen nach Ansicht
der Wissenschaftler die Folgen der
demographischen Entwicklung für das
Gesundheitswesen aus. Die altersspezifischen
Ausgaben der medizinischen Versorgung für alte
Menschen würden überschätzt. Notwendig sei
eine langfristige, den anstehenden Veränderungen
im Altersaufbau der Patienten angepaßte
Gesundheits- und Sozialpolitik. Nur so ließen
sich gesellschaftspolitische Konflikte vermeiden.
PZ-Artikel von Jürgen Becker, Bonn
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