Politik
Vichy unterzieht Parapharmazie
der Metaanalyse
Apotheker ja, Apotheke
nicht unbedingt? In Frankreich faßt der
Vertriebsweg Parapharmazie immer stärker Fuß.
Vertreter der Landesapothekerkammern und
-verbände aus Deutschland konnten sich in
Vichy/Frankreich ein Bild machen, was sich hinter
dieser Verkaufsschiene verbirgt, was sie
erfolgreich macht und ob sie auch für den
deutschen Markt ein Modell sein könnte. Die
Vichy Pharma Kosmetik hatte diese
Informationsveranstaltung initiiert.
Parapharmazien sind Geschäfte, die
bewußt vom guten Namen "Pharmazie"
leben, ohne aber Arzneimittel zu verkaufen.
"Para" steht für Randsortiment,
Zusatzprodukte: Parapharmazien führen etwa
pflegende und dekorative Kosmetik, Tees,
Diätetika, Nahrungsergänzungsmittel sowie
Babyprodukte. Dermopharmaka und Babyartikel
begründen hauptsächlich den Erfolg der
Parapharmazien, sie machen 50 Prozent des
Umsatzes aus. Aber: Das Zusatzsortiment in
Frankreichs Apotheken entspricht nicht dem
Paragraph 25 der deutschen
Apothekenbetriebsordnung. In Frankreich gibt es
im OTC-Bereich keine Unterteilung in
freiverkäufliche und apothekenpflichtige
Präparate, der Begriff
apothekenpflichtig" ist unbekannt.
Parapharmazien werden zwar von einem Apotheker
geführt, das übrige Personal ist jedoch
fachfremd. Die meisten Betriebe existieren als
"shop in the shop", das heißt, sie
haben ihren Platz innerhalb eines großen
Kaufhauses, ohne daß sie durch Wände vom
übrigen Kaufraum abgetrennt sind. Der Apotheker
hält sich im Hintergrund. Nur der Anschlag
"Unser Apotheker steht zu Ihrer
Verfügung" weist auf seine Anwesenheit hin.
Er berät nur, wenn der Kunde es will.
Der Vertriebskanal Parapharmazie boomt. 1992 ist
das Nebensortiment noch zu durchschnittlich 97
Prozent über die Apotheke abgesetzt worden, die
Parapharmazien waren nur zu drei Prozent
beteiligt. Nach Schätzungen lag er 1995 bereits
bei 25 bis 30 Prozent. Und das bei etwa 450
Parapharmazien, die es mittlerweile in Frankreich
gibt. Die restlichen 75 bis 80 Prozent des
Nebensortiments werden von 22 000 Apotheken
vertrieben. Dieser Vertriebsweg ist keine Idee
der Hersteller gewesen, sie wurden dazu
gedrängt. Beispiel Vichy: Die EU-Kommission in
Brüssel hat 1987 keinen Grund für
Apothekenexklusivität gesehen und hat Vichy per
Gerichtsbeschluß gezwungen, die
Großhandelskette Leclerk zu beliefern.
Allerdings unter der Voraussetzung, daß Leclerk
einen Apotheker einstellt.
Was macht den Erfolg aus? Der günstigere Preis
kann es nicht sein, der ist in Offizin und
Parapharmazie gleich. Sicherlich hat der
Zeitgeist eine derartige Angebotsplattform nach
oben gespült. In eine Parapharmazie stolpert der
Kunde beim Kaufhausbesuch förmlich hinein, und
beim CD- oder Kleiderkauf nimmt er dann noch
schnell die bei uns apothekenexklusive
Gesichtspflege mit. Hinzu kommt die meist
breitere Produktpalette, weil mehr Stellfläche
vorhanden ist. Außerdem hat sich der anwesende
Apotheker auf die vorhandenen Produkte
spezialisiert, in der Offizin läuft dieses
Sortiment nebenher. Und: Das Klientel ist jünger
als die durchschnittlichen Apothekenkunden.
Die Parapharmazien in Frankreich, so jedenfalls
die Meinung der anwesenden Vertreter der
deutschen Apothekerschaft, müssen für die
Apotheker in Deutschland Anlaß sein, in
deutschen Offizinen noch mehr auf die
Bedürfnisse des Verbrauchers einzugehen. Fazit
der Veranstaltung: Die Apotheke in Deutschland
darf nicht zum Drugstore mutieren. Parapharmazien
sind für Deutschland abzulehnen. Trotzdem muß
die Beratung bei Zusatzprodukten intensiviert
werden, ohne das Hauptsortiment, die
verschreibungspflichtigen Arzneimittel, zu
vernachlässigen. Der Apotheker muß in seiner
Offizin Gesundheit verkaufen und nicht Krankheit.
Dann könnte auch das Defizit behoben werden, das
die Apotheke momentan bezüglich jüngerer Kunden
hat.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Vichy
© 1996 GOVI-Verlag
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