Pharmazeutische Zeitung online

Wer zahlt Johanniskraut?

29.03.2004  00:00 Uhr

OTC-Erstattungsliste

Wer zahlt Johanniskraut?

von Daniel Rücker, Eschborn

Die Ausnahmeliste der weiterhin erstattungsfähigen OTC-Arzneimittel gilt ab dem 1. April. Mit der Liste wollte der gemeinsame Bundesausschuss Klarheit für Ärzte und Apotheker schaffen. Bei der Verordnung von Johanniskraut dürfte dies nicht gelungen sein.

Nach der Entscheidung des gemeinsamen Bundesausschusses dürfen Ärzte Johanniskraut-Präparate nur dann zu Lasten der GKV verordnen, wenn sie zur Behandlung mittelschwerer depressiver Episoden eingesetzt werden. Zudem muss es sich um einen hydroalkoholischen Extrakt in einer Dosierung von mindestens 300 mg pro Applikationsform handeln.

So weit, so eindeutig, doch hat der Bundesausschuss bei seiner Entscheidung anscheinend übersehen, dass in Deutschland lediglich ein Präparat für die Behandlung mittelschwerer Depressionen zugelassen ist. Alle anderen Präparate dürfen entweder nur für leichtere Krankheitsverläufe eingesetzt werden oder sie befinden sich noch in der Nachzulassung.

Für Ärzte und Apotheker drängt sich nun die Frage auf, ob die Ausnahmeliste ein Förderprogramm für einen Hersteller ist, oder andere Johanniskraut-Präparate auch bei mittelschweren Depressionen von den Krankenkassen erstattet werden.

Der gemeinsame Bundesausschuss ist bei der Beantwortung nicht sonderlich hilfreich. Auf mehrfache Anfrage per E-Mail erhielt die Pharmazeutische Zeitung immer wieder die Antwort, viele Johanniskraut-Präparate seien für mittelschwere Depressionen zugelassen, dürften deshalb auch zu Lasten der GKV verordnet werden.

Auch die vom Bundesausschuss eigens für Unklarheiten installierte Telefon-Hotline vertrat diese Position bis sie mit den Inhalten der Roten Liste konfrontiert wurde. Der Experte änderte daraufhin seine Argumentation, ohne vom Ergebnis abzurücken. Letztlich sei es doch egal, ob ein Präparat für depressive Verstimmungen, leichte oder mittelschwere Depressionen zugelassen sei. Wichtig sei allein, dass es überhaupt eine Zulassung habe und mindestens 300 mg Extrakt enthalte. Die Kassen würden sicher alles erstatten, was diese Kriterien erfüllt. Unsere Nachfrage, warum dann überhaupt eine Firma die Indikation mittelschwere Depressionen beantragt, wenn dies für die Verordnung egal ist, blieb unbeantwortet.

Klare Auskunft? Fehlanzeige!

Die Krankenkassen waren bis zum Dienstag zu keiner klaren Stellungnahme bereit. Beim für Arzneimittelfragen zuständigen BKK-Bundesverband war die offensichtlich einzige dafür kompetente Mitarbeiterin außer Haus. Der AOK-Bundesverband verwies direkt auf die aushäusige BKK-Kollegin.

Für Ärzte, Apotheker und natürlich die Hersteller kann das Ergebnis der PZ-Recherche nicht zufriedenstellend sein. Ärzte müssen damit rechnen, dass die Kassen ein verordnetes Johanniskraut-Präparat nicht erstatten und die Position beziehen, es handele sich um Off-label-use. Fragt der Arzt beim Apotheker um Rat kann der ihm heute nur ein Produkt mit absoluter Sicherheit empfehlen: Und für die Hersteller pflanzlicher Arzneimittel geht es um erhebliche Umsätze.

Unter starken Druck könnte auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geraten, sollten die Kassen auf eine restriktive Auslegung der Ausnahmeliste drängen. Einige Johanniskraut-Präparate befinden sich noch in der Nachzulassung. Jeden Tag, den sich die Entscheidung verzögert, bedeutet für die Unternehmen womöglich entgangener Umsatz. In der ohnehin eher prozessfreudigen Branche wären Regressforderungen sicher keine Überraschung. Es gibt also viele Gründe für den gemeinsamen Bundesausschuss, das Problem möglichst zügig zu lösen. Top

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