Politik
Regierung
lehnt Cannabis aus der Apotheke ab
Die Koalition lehnt
den Verkauf von Haschisch und Marihuana in Apotheken
vehement ab. In einer aktuellen Stunde des Bundestages
erklärte der FDP-Abgeordnete Jürgen Koppelin, die
Absicht der schleswig-holsteinischen Landesregierung,
versuchsweise Cannabisprodukte in Apotheken verkaufen zu
lassen, laufe jeder vernünftigen Drogenpolitik zuwider.
Koppelin wörtlich: Wer will in Kampagnen noch
erklären, daß Drogenkonsum schädlich und ungesund ist,
wenn gleichzeitig in jeder Apotheke diese Drogen mit
staatlicher Genehmigung gekauft werden können?"
Die Parlamentarische Staatssekretärin im
Bundesgesundheitsministerium, Sabine Bergmann-Pohl (CDU),
stellte klar, daß die rot-grüne Kieler Koalition bisher
keinen Antrag für einen entsprechenden Modellversuch
beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) gestellt habe. Die Pressestelle
der Landesregierung habe wissen lassen, daß die Details
des Modellversuchs erst noch erarbeitet werden müßten.
Für die christdemokratische Gesundheitspolitikerin kommt
es einem "gesundheitspolitischen Husarenstück"
gleich, einen Modellversuch anzukündigen, ohne vorher
die rechtlichen und fachlichen Voraussetzungen
ausreichend geprüft zu haben. Ausdrücklich sei es dem
BfArM nach der Gesetzeslage untersagt, entsprechende
Genehmigungen zu erteilen, wenn dadurch der Mißbrauch
von Betäubungsmitteln gefördert werde. Bislang sei aber
nicht zu erkennen, wie die Kieler Landesregierung im
Rahmen des Modellversuchs dem Mißbrauch vorbeugen wolle.
In der Bundestagsdebatte verteidigte die
schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Heide Moser
den geplanten Modellversuch. Basis für das Projekt, das
wissenschaftlich begleitet werden solle, sei eine
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom März
1994. Darin habe das oberste deutsche Gericht die
Diskussion über die Gefahren von Cannabis als
"offen" bezeichnet und vom Gesetzgeber eine
Überprüfung gefordert, "ob eine Verminderung des
Cannabiskonsums eher durch die generalpräventive Wirkung
des Strafrechts oder aber durch die Freigabe von Cannabis
und eine davon erhoffte Trennung der Drogenmärkte
erreicht wird".
Genau diese Trennung der Märkte für weiche und harte
Drogen wolle die Landesregierung mit dem Modellversuch
erreichen. Die Erfahrungen mit Coffeeshops in den
Niederlanden hätten gezeigt, daß sich die Märkte für
harte und weiche Drogen erfolgreich trennen ließen und
zugleich der Cannabiskonsum nicht ansteige. Die Zahl der
Ersteinsteiger in harte Drogen sei in Holland sogar
gesunken. Mit dem Modellversuch wolle das Kieler Kabinett
eben gerade nicht einer "drogenpolitischen
Zügellosigkeit" Tür und Tor öffnen, sondern
vielmehr junge Menschen vor Sucht, Abhängigkeit und
Kriminalisierung bewahren.
PZ-Artikel von Hans-Bernhard Henkel, Bonn
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