Politik
Sofortprogramm
der GKV-Verbände
In die Beratungen des
2. GKV-Neuordnungsgesetzes gehen die Spitzenverbände der
gesetzlichen Krankenversicherung mit einem Gesetzentwurf,
der als Sofortprogramm zur "Mobilisierung von
Wirtschaftlichkeitsreserven im Gesundheitswesen"
firmiert. Die Krankenkassen haben die ihrer Meinung nach
reformbedürftigen Bereiche bei allen Leistungserbringern
aufgelistet und schlagen folgenden Maßnahmenkatalog vor.
Arzneimittel
o Erleichterte Bildung von Festbeträgen für
patentgeschützte Arzneimittel: Die Gesetzgebung belohnt
die "Me-too-Präparate" ohne therapeutischen
Fortschritt und macht zugleich Innovationen ökonomisch
unattraktiv.
o Absenkung der Apothekenzuschlagssätze der
Arzneimittelpreisverordnung von durchschnittlich 30 auf
20 Prozent und Kürzung der Großhandelsspanne um 3
Prozent.
o Zulassung von weiteren Vertriebswegen (Versandhandel,
Öffnung von Klinikapotheken für die ambulante
Versorgung). Diese Möglichkeiten sollten für
Therapeutika gelten, deren Herstellung besondere
apparative und räumliche Voraussetzungen erfordert
(Zytostatika, Rezepturen, Infusionstherapie), für
Arzneimittel, die unmittelbar in der Arztpraxis
anzuwenden sind und die eine ärztliche Beobachtung
notwendig machen (Impfstoffe, Antibiotika), und für
Arzneien zur Behandlung chronischer und
chronisch-degenerativer Krankheiten; Direktversand an
Patienten über eigens zugelassene Apotheken.
o Schaffung einer Positivliste: Das verordnungsfähige
Arzneimittelangebot ist zugunsten von Arzneien mit
nachgewiesenem therapeutischen Nutzen zu straffen.
o Einführung eines differenzierten Zuzahlungsmodells: Es
ist ein dreistufiges Zuzahlungsmodell einzuführen.
Unentbehrliche Arzneimittel wie Insuline oder Zytostatika
sind von der Zuzahlung zu befreien; für unumstrittene
Arzneien sollten die heutigen Zuzahlungssätze gelten;
für sonstige umstrittene Arzneimittel (wie
Hämorrhoiden- und Venenmittel) soll eine 50prozentige
Zuzahlung eingeführt werden.
o Generelle Verpflichtung zur Abgabe importierter
Arzneimittel.
o Differenzierte Anhebung des Krankenkassenrabattes von
fünf auf zehn Prozent (bei einem Umsatz über drei
Millionen DM 16 Prozent).
Ärzte
o Fortschreibung des Honorarbudgets für Ärzte unter
Berücksichtigung der Entwicklung beitragspflichtiger
Einnahmen der Rentner.
o Schnellere Neuregelung der Zulassungskriterien: Die
verschärfte Bedarfsplanung wird erst 1999 wirksam. Um
eine weitere Zunahme der Arztzahlen zu verhindern, ist
die Neuregelung bereits am 1. Januar 1998 in Kraft zu
setzen.
o Streichung der Gesundheitsuntersuchungen: Die 1989
"wider besseres Wissen" eingeführte
Gesundheitsuntersuchung nach S 25 SGB V (Herz-Kreislauf,
Nieren, Diabetes) ist ineffektiv, deshalb Streichung aus
dem Leistungskatalog.
o Differenzierte Verträge mit Ärzten: Krankenkassen
sind bislang nur legitimiert, mit den
zwangsmonopolisierten KVen Verträge zu schließen.
o Dialyseversorgung: Das Primat der Vertragsärzte
gefährdet Einrichtungen, die Heimdialyse vornehmen und
kostengünstiger sind. Nichtärztliche Dialyseleistungen
sind in der vertragsärztlichen Versorgung als Heilmittel
zu verhandeln und zu honorieren.
Zahnärzte
o Fortschreibung des Honorarbudgets wie bei Ärzten.
o Einbeziehung des Zahnarzthonorars bei Zahnersatz und
Kieferorthopädie in die Gesamtvergütung.
o Schärfere Degressionsgrenzen für zahnärztliche
Leistungen.
o Mehr Zahnprophylaxe in Gruppen statt Ausbau der
Individualprophylaxe.
o Schaffung differenzierter Verträge wie bei Ärzten.
Krankenhaus
o Fortführung der Budgetierung im Krankenhaus mit
Anbindung an die beitragspflichtigen Einnahmen der
Beschäftigten und Rentner.
o Klarstellung, daß die Instandhaltungskosten zu den von
den Ländern zu finanzierenden Investitionskosten
gehören.
o Vergütung ambulanter Operationen nur nach EBM.
o Integrierte Fallpauschalen für Akutbehandlungen und
Anschlußheilbehandlungen.
o Erweiterte Informationsrechte der Medizinischen
Dienste, um Fehlbelegungen aufzudecken.
o Streichung der Pflegepersonalregelung.
Wie die Reaktion der ABDA-Bundesvereinigung Deutscher
Apothekerverbände ausgefallen ist, lesen Sie auf unserer
Online-Nachrichtenseite.
PZ-Artikel von Rainer Vollmer, Bonn
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