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Der Streit geht weiter

19.11.2001  00:00 Uhr
AUT IDEM

Der Streit geht weiter

PZ  In der Debatte um das Arznei-Sparpaket hat sich der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Florian Gerster (SPD) für die vorgesehene Neuregelung zur Verordnung von Wirkstoffen anstatt von Präparaten ausgesprochen. "Es wäre ein schwerer ordnungspolitischer Fehler, nicht an der geplanten Aut-idem-Regelung festzuhalten", sagte Gerster in einem Gespräch mit dpa.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will mit Aut idem 450 Millionen Mark pro Jahr sparen. Vor allem die Pharmaindustrie griff die Regelung zuletzt massiv an, weil dadurch der Verlust von 10.000 bis 20.000 Arbeitsplätzen drohe. "Diese Schätzung scheint mir weit übertrieben. Da werden Ängste geschürt", kritisierte Gerster. Es müsse auch an die Arbeitsplätze gedacht werden, die in anderen Wirtschafszweigen wegen der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen verloren gehen könnten.

Entgegenkommen könne man den Verbänden dadurch, dass die Ärzte dann auf die Verordnung eines Wirkstoffs verzichten können, wenn sie schon ein preisgünstiges Generikum verschreiben. "Hier könnte man den sehr scharfen Preiswettbewerb, der bei der Aut-idem-Regelung vorgesehen ist, etwas abschwächen." Aber: "Wenn eine Reform sinnvoll ist, darf man nicht ausschließlich darüber nachdenken, wie man ihre Wirkung beschneiden kann."

Die Kostensteuerung im Arzneimittelsektor sei "dringend geboten", sagte Gerster. Darauf wies er auch in einem Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hin. "Wenn das Vorhaben scheitert, hätte dies fatale Folgen für die Kostensteuerung im Gesundheitswesen." Die Aut-idem-Regelung dürfe nicht den Forderungen einzelner Interessengruppen zum Opfer fallen.

Behauptung widerlegt

Mit seinem Brief an Schröder widerlegt Gerster die Behauptung vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie und dem Generika-Verband, die Apotheker seien mit ihrer Forderung nach Aut idem isoliert. Als Reaktion auf die ABDA-Pressekonferenz am Montag in Berlin hatten die Pharmaverbände in einer Gegenveranstaltung behauptet, alle anderen Beteiligten im Gesundheitswesen hätten sich zu einer Allianz gegen Aut idem zusammengefunden.

BPI-Hauptgeschäftsführer wiederholte auf der Veranstaltung seine Behauptungen, dass Apotheker nicht in der Lage seien Unverträglichkeiten von Generika richtig einzuschätzen, wenn er weder die Krankengeschichte des Patienten noch die Diagnose kenne. Hier werde zu Gunsten rigider Einsparungen die Gesundheit des Patienten aufs Spiel gesetzt.

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lehnte jetzt Aut idem ab. Die Therapiefreiheit müsse weiter eindeutig beim Arzt bleiben und dürfe nicht an den Apotheker abgegeben werden. "Schließlich könnten viele Medikamente trotz Wirkstoffgleichheit bei verschiedenen Patienten verschiedene Wirkungen hervorrufen. Hier seien die Fachkenntnisse des behandelnden Arztes gefragt", erklärte die KBV.

Die KBV schlug stattdessen vor, dass die Kassen Kranken nur noch einen Festzuschuss zu Medikamenten in Höhe des unteren Preisdrittels der jeweiligen Arznei-Gruppe gewähren. "Möchte der Versicherte ein teureres Präparat nehmen, muss er den Rest-Anteil selbst finanzieren", verlangte die KBV. Top

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