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Optionen heißt das Zauberwort für die Kassen

14.10.1996  00:00 Uhr

-Politik

  Govi-Verlag

Optionen heißt das Zauberwort für die Kassen

  Die Politik will mit den geplanten Reformgesetzen für das Gesundheitswesen ihre Verantwortung für die Leistungsgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung abgeben. Die Selbstverwaltung soll nun alles richten. Dazu ist es möglich, daß Krankenkassen bei ihren Entscheidungen zwischen "Optionen" wählen können. So auch dabei, ob anstatt der bisherigen Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln eine Art Positivliste von den Kassen in Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft aufgestellt wird.

Nur eine Forderung stellt die Regierungskoalition auf: Der Beitragssatzanteil des Arbeitgebers darf nicht mehr steigen. Darum will die Regierung mit dem jetzt vorgelegten Entwurf des 1. GKV-Neuordnungsgesetzes auch festlegen, daß Krankenkassen bei einer Steigerung ihres Beitragssatzes auch sofort die Selbstbeteiligung des Versicherten anheben.

Beim zunehmenden Wettbewerb der Krankenkassen untereinander dürften einer solch "teuren" Krankenkasse die Versicherten weglaufen. Hinzu kommt die politische Forderung, administrative Knebelungen der Selbstverwaltung durch die Politik aufzulockern.

Im sogenannten politischen Raum, gestützt von einigen Ersatzkassen und von der Ärzteschaft, werden Gedankenflüge über bessere Alternativen angestellt. Das Zauberwort dazu heißt "Optionen". Die Krankenkassen sollen die Möglichkeit erhalten, statt gesetzlicher Regelungen andere Lösungen anzuwenden.

Auch Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer will keine politische Knebelung der Selbstverwaltung. Auch er würde die Optionen befürworten, wenn sie zur politischen Forderung erhoben werden. Seine Erklärung zum neuen Gesetzentwurf: Im laufenden Gesetzgebungsverfahren wird entschieden, welche Lösungen für Beitragssatzerhöhungen vorzusehen sind, die ausschließlich aufgrund von Verpflichtungen im Risikostrukturausgleich erforderlich sind.

Da bietet es sich an, den Krankenkassen "Optionen" an die Hand zu geben die den Charme haben, daß sie zustimmungsfrei sind und von der Opposition nicht ausgehebelt werden können. Um den Arbeitgeberbeitrag zu erhalten und dennoch flexible Gestaltungen für Krankenkassen zu erreichen, könnte folgende Option geschaffen werden: Eine Krankenkasse kann sich entscheiden, anstatt den Beitrag anzuheben und höhere Selbstbeteiligungen einzuführen, den Arbeitgeberbeitrag festzuschreiben. Dann würde der höhere Beitrag allein vom Versicherten getragen.

Als weitere Option wird diskutiert: Die Krankenkasse verändert die Selbstbeteiligung nach unten, setzt dafür verstärkt auf eine Art indikationsgesteuerte Arzneimittelverordnung der Ärzte. Sie würde dem "dreigeteilten Arzneimittelmarkt" oder einer Positivliste entsprechen und hätte ebenfalls die Zustimmung der Ärzteschaft.

PZ-Artikel von Rainer Vollmer, Bonn    

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