Politik
Optionen heißt das Zauberwort für die Kassen
Die Politik will mit den
geplanten Reformgesetzen für das Gesundheitswesen ihre
Verantwortung für die Leistungsgestaltung der
gesetzlichen Krankenversicherung abgeben. Die
Selbstverwaltung soll nun alles richten. Dazu ist es
möglich, daß Krankenkassen bei ihren Entscheidungen
zwischen "Optionen" wählen können. So auch
dabei, ob anstatt der bisherigen Selbstbeteiligung bei
Arzneimitteln eine Art Positivliste von den Kassen in
Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft aufgestellt wird.
Nur eine Forderung stellt die
Regierungskoalition auf: Der Beitragssatzanteil des
Arbeitgebers darf nicht mehr steigen. Darum will die
Regierung mit dem jetzt vorgelegten Entwurf des 1.
GKV-Neuordnungsgesetzes auch festlegen, daß
Krankenkassen bei einer Steigerung ihres Beitragssatzes
auch sofort die Selbstbeteiligung des Versicherten
anheben.
Beim zunehmenden Wettbewerb der Krankenkassen
untereinander dürften einer solch "teuren"
Krankenkasse die Versicherten weglaufen. Hinzu kommt die
politische Forderung, administrative Knebelungen der
Selbstverwaltung durch die Politik aufzulockern.
Im sogenannten politischen Raum, gestützt von einigen
Ersatzkassen und von der Ärzteschaft, werden
Gedankenflüge über bessere Alternativen angestellt. Das
Zauberwort dazu heißt "Optionen". Die
Krankenkassen sollen die Möglichkeit erhalten, statt
gesetzlicher Regelungen andere Lösungen anzuwenden.
Auch Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer will keine
politische Knebelung der Selbstverwaltung. Auch er würde
die Optionen befürworten, wenn sie zur politischen
Forderung erhoben werden. Seine Erklärung zum neuen
Gesetzentwurf: Im laufenden Gesetzgebungsverfahren wird
entschieden, welche Lösungen für
Beitragssatzerhöhungen vorzusehen sind, die
ausschließlich aufgrund von Verpflichtungen im
Risikostrukturausgleich erforderlich sind.
Da bietet es sich an, den Krankenkassen
"Optionen" an die Hand zu geben die den Charme
haben, daß sie zustimmungsfrei sind und von der
Opposition nicht ausgehebelt werden können. Um den
Arbeitgeberbeitrag zu erhalten und dennoch flexible
Gestaltungen für Krankenkassen zu erreichen, könnte
folgende Option geschaffen werden: Eine Krankenkasse kann
sich entscheiden, anstatt den Beitrag anzuheben und
höhere Selbstbeteiligungen einzuführen, den
Arbeitgeberbeitrag festzuschreiben. Dann würde der
höhere Beitrag allein vom Versicherten getragen.
Als weitere Option wird diskutiert: Die Krankenkasse
verändert die Selbstbeteiligung nach unten, setzt dafür
verstärkt auf eine Art indikationsgesteuerte
Arzneimittelverordnung der Ärzte. Sie würde dem
"dreigeteilten Arzneimittelmarkt" oder einer
Positivliste entsprechen und hätte ebenfalls die
Zustimmung der Ärzteschaft.
PZ-Artikel von Rainer Vollmer, Bonn
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