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Referentenentwurf sieht nur eine Positivliste vor

24.05.1999  00:00 Uhr

-PolitikGovi-Verlag

GESUNDHEITSREFORM 2000

Referentenentwurf sieht nur
eine Positivliste vor

von Dieter Schütz, Bonn

Die rot-grüne Koalition hat sich in einem Verhandlungsmarathon zur Gesundheitsreform 2000 darauf geeinigt, daß es nur eine Positivliste für erstattungsfähige Arzneimittel geben wird. Anthroposophische und homöopathische Arzneimittel sollen in einem Anhang zur Positivliste aufgeführt werden. Hersteller von Phytopharmaka können nach Angaben der SPD selbst wählen, ob sie pflanzenheilkundliche Arzneien gemeinsam mit den chemischen Medikamenten oder lediglich im Anhang aufgelistet haben wollen.

Für Phytopharmaka auf der "normalen" Positivliste sollen die gleichen Kriterien bei der Wirksamkeitsprüfung gelten wie für chemische Medikamente. Für die Arzneimittel im Anhang werden voraussichtlich weniger strenge Maßstäbe gelten. Für die Aufstellung der Positivliste wird eine Kommission aus Vertretern der klassischen Medizin und der Alternativmedizin gebildet.

Vor allem die SPD hatte sich dafür eingesetzt, daß nur eine Positivliste gebildet wird. Im Arbeitsentwurf zur Gesundheitsreform hatte Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) noch eine Liste für die allgemeine Arzneimittelverordnung und eine weitere Liste für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen geplant.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Gudrun Schaich-Walch, zeigte sich zufrieden über die Ergebnisse der Verhandlungen mit dem grünen Koalitionspartner. "Wir werden eine vernünftige und gute Reform bekommen, die in allen Bereichen mehr Qualität bringt", betonte sie. Die SPD-Politikerin schloß allerdings nicht aus, daß im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens aus finanziellen Gründen Nachbesserungen an der Gesundheitsreform notwendig werden könnten, um die Beitragssatzstabilität der GKV zu gewährleisten.

Am 23. Juni soll das Kabinett den Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform beschließen. Kurz vor oder unmittelbar nach der Sommerpause wird der Entwurf nach dem derzeitigen Zeitplan in den Bundestag eingebracht. Zum Jahresbeginn 2000 soll die Gesundheitsreform dann in Kraft treten.

Die rot-grünen Gesundheitspolitiker einigten sich in ihren Gesprächen auf folgende Kernpunkte:

  • Die Verantwortung für die Überschreitung der Globalbudgets war vor allem innerhalb der Sozialdemokraten umstritten. Jetzt steht fest: Für die Aufstellung und die Finanzhoheit der Budgets sollen die einzelnen Krankenkassen zuständig sein. Der jeweilige Landes- oder Bundesverband der Kassen erhält jedoch ein Aufsichtsrecht mit entsprechenden Controllingmechanismen. Bei Überschreiten des Budgets erhält die Kasse zwei Jahre Zeit, das Minus auszugleichen. Nach Angaben von Schaich-Walch können Überschreitungen der Budgets auch innerhalb der jeweiligen Kassenart ausgeglichen werden.
  • Insgesamt bleibt es dabei, daß das Globalbudget jährlich nur so weit erhöht wird, wie die beitragspflichtigen Einkommen der Versicherten steigen.
  • Auf Druck der SPD werden die Kassenärztlichen Vereinigungen in die Vertragsgestaltung der integrativen Versorgung mit eingebunden. Ursprünglich sollten die KVen nur in die Rahmenplanung einbezogen werden. Jetzt sollen sie auch beim Abschluß der Versorgungsverträge als Vertragspartner der Krankenkassen auftreten. Im Konfliktfall wird eine Schiedsstelle angerufen. Wird dort keine Einigung erzielt, besitzt die KV jedoch kein Vetorecht.
  • Die Hausärzte sollen einen eigenen Honorartopf erhalten. Dafür hatte sich vor allem die SPD stark gemacht. Einigkeit herrscht jetzt auch darüber, daß die Krankenkassen im Rahmen von Modellversuchen einen Hausarztbonus an ihre Mitglieder weitergeben können. In diesem Punkt setzten sich die Grünen weitgehend durch. Die Höhe des Rabatts richtet sich nach den Einsparungen innerhalb eines Jahres.
  • Die Reha-Einrichtungen sollen zur ambulanten Versorgung zugelassen werden. Auch ist ein eigenes Budget für die Reha-Ausgaben vorgesehen.
  • Die Zuzahlungen für Rehabilitationsmaßnahmen werden im Westen von 25 DM auf 17 DM und im Osten von 20 DM auf 14 DM pro Tag gesenkt. Außerdem ist eine flexiblere Lösung für Kuren geplant: Statt drei Wochen können Reha-Kuren jetzt auch kürzer oder länger ausfallen.
  • Die Grünen mußten Abstriche bei den von ihnen geforderten Finanzierung von Selbsthilfegruppen durch die Krankenkassen machen. Diese Regelung ist nur noch als Kann-Bestimmung vorgesehen.

Krankenhausfinanzierung

Die monistische Krankenhausfinanzierung wird um zwei Jahre vorgezogen. Die SPD konnte in diesem Punkt in den Verhandlungen mit den Grünen wichtige Korrekturen durchsetzen. Zu den Krankenhäusern wurde folgender Zeitplan beschlossen:

  • Die Selbstverwaltung hat bis zum 31. Oktober 2000 Zeit, um über ein neues Vergütungssystem mit Fallpauschalen für die Krankenhäuser zu entscheiden. Wird die Frist überschritten, muß das Bundesgesundheitsministerium bis zum 31. Dezember 2000 selbst aktiv werden.
  • Im Jahr 2002 läuft das neue Preissystem als Probelauf neben der bisherigen Vergütungsregelung. Von 2003 an ist es grundsätzlich verbindlich für alle Krankenhäuser.
  • Kassen und Länder entwickeln im Jahr 2000 eine Krankenhausrahmenplanung. Im Konfliktfall hat das zuständige Land das letzte Wort.
  • Die Finanzierung von kurzfristigen Anlagegütern und kleinen Bauten geht mit dem neuen Preissystem vom Jahr 2003 an - und damit zwei Jahre früher als von Ministerin Fischer ursprünglich geplant - schrittweise auf die Kassen über. Zunächst erfolgt die Finanzierung der Pauschalinvestitionsanteile für das Jahr 2003 noch durch die Länder (zwei Milliarden DM). Der Anteil der Länder wird in den Folgejahren bis 2007 mit dem Übergang der Finanzierung auf die Kassen um jeweils 20 Prozent abgeschmolzen.
  • Vom Jahr 2008 an wird die vollständige Monistik erreicht. Dann werden die Kassen auch für Einzelinvestitionen aufkommen. Die Zusatzbelastung für die Kassen (1998: 4,5 Milliarden DM) wird abgefedert, indem die Länder dauerhaft versicherungsfremde GKV-Leistungen für Sterbegeld und Mutterschaftsgeld (1998: 2,76 Milliarden DM) übernehmen.
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