Der Konflikt eskaliert |
12.03.2001 00:00 Uhr |
FESTBETRÄGE
Trotz Bedenken des Bundeskartellamtes wollen die Krankenkassen zum 15. Mai die Festpreise für Medikamente senken. Die Senkung um bis zu 55 Prozent soll Einsparungen von 1 Milliarde Mark bringen.
"Das ist eine Verzweiflungstat." Damit meint der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) die Festlegung von neuen Festbeträgen durch die Spitzenverbände der Krankenkassen. Um etwa 1,2 Milliarden DM wurden bereits bestehende Festbeträge für Arzneimittel heruntergesetzt. Und das geschah, obwohl Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und die vier Pharmaverbände ein Kompromisspapier ausgehandelt hatten, das den Kassenverbänden vorlag.
Der Streit um den "Schwarzen Peter" dürfte jetzt eskalieren. Die Kassenverbände behaupten: Wir haben unsere Entscheidung für die Festbeträge bis auf den 12. März verschoben, um der Ministerin Gelegenheit zu geben, eine rechtssichere Form der Festsetzungsregelungen vorzulegen. Das ist nicht geschehen. Also waren wir gezwungen, so zu handeln.
Dagegen wird diese Entscheidung der Krankenkassenverbände als Affront des politischen Berlins gesehen. Denn tatsächlich soll den Kassen ein Kompromisspapier vorgelegen haben, das ihnen eine Stunde vor ihrer Sitzung von Staatssekretär Claus Theo Schröder übermittelt worden sei. Dieses Papier stammt aus einem Eckpunkte-Kompromissvorschlag der vier großen Pharmaverbände. Es hätte eine jährliche Einsparung bei den Festbeträgen von etwa 500 Millionen DM gebracht.
Intensiv hatten das Ministerium und Vertreter der Pharmaindustrie am Morgen vor der Entscheidung der Kassen um das Eckpunktepapier gerungen. Es sieht vor:
Das wiederum wollten die Kassenverbände nicht, ihnen war die Einsparsumme zu wenig.
Dafür haben sie nicht nur das Gesundheitsministerium und seine Ministerin desavouiert. Der Deutsche Generikaverband hat bereits das Bundeskartellamt informiert, das eine Untersagungsverfügung vorbereitet. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller sieht eine Gefährdung der Bevölkerung bei der Versorgung mit Arzneimitteln. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die betroffenen Pharmaunternehmen ihre Arzneimittelpreise nicht absenken und damit eine Selbstbeteiligung der Patienten in Kauf nehmen.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt will noch einmal versuchen, eine Einigung von Krankenkassen und Pharmaindustrie und Politik herbeizuführen. Sie wird sofort ein neues Kompromisspapier erarbeiten und in einer "virtuellen Runde" ohne Erfolgszwang besprechen.
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